Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
Franz’ Büro links liegen gelassen«, erklärte er, »und stattdessen mit dem Hausbesitzer gesprochen. Anschließend waren sie ziemlich lange auf der Post. Ich denke, Franz hat das Zeug per Brief an sich selbst geschickt. Deshalb konnten wir’s nicht finden. Und sie dürften es jetzt haben.«
15
Neagley steckte den USB -Stick seitlich an einem ihrer Notebooks ein. Reacher sah auf den Bildschirm. Eine Sekunde lang passierte nichts, dann erschien ein Icon. Es glich einem vereinfachten Bild des Speichermediums, das sie eben eingesteckt hatte. Bezeichnet war es mit No Name . Neagley ließ ihren Zeigefinger über das Touchpad gleiten und tippte dann zweimal darauf.
Das Icon wurde bildschirmgroß und verwandelte sich in eine Passwortanforderung.
»Verdammt«, sagte sie.
»Unvermeidlich«, sagte er.
»Ideen?«
In seiner Dienstzeit hatte Reacher häufig Computer-Passwörter geknackt. Dazu musste man sich in die Besitzer hi neinversetzen und wie sie denken. Sie sein . Wirklich paranoide Menschen benutzten lange Kombinationen aus großen und kleinen Buchstaben und Zahlen. Solche Passwörter ließen sich praktisch nicht knacken. Aber Franz war nie paranoid, sondern ein lässiger Typ gewesen, der Sicherheitsmaßnahmen ernst nahm, jedoch zugleich über sie lächelte. Und er war ein Freund von Wörtern, nicht von Zahlen. Voller Gefühle und Loyalitäten. Mit mäßig anspruchsvollem Geschmack. Und einem Gedächtnis wie ein Elefant.
Reacher sagte: »Angela, Charlie, Miles Davis, Dodgers, Koufax. Panama, Pfeiffer, MASH , Brooklyn, Heidi oder Jennifer.«
Neagley schrieb sich das alles auf einer neuen Seite in ihrem Notizbuch mit Spiralbindung auf.
»Wie kommst du auf die?«, fragte sie.
»Angela und Charlie liegen auf der Hand. Seine Familie.«
»Zu offensichtlich.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Miles Davis war sein Lieblingsmusiker, Sandy Koufax sein Lieblingsspieler, und die Dodgers waren sein Lieblingsteam.«
»Alles möglich. Wieso Panama?«
»Dort war er Ende 1989 eingesetzt. Ich glaube, dass Panama ihm die größte berufliche Befriedigung verschafft und er das bestimmt nie vergessen hat.«
»Pfeiffer wie Michelle Pfeiffer?«
»Seine Lieblingsschauspielerin.«
»Angela sieht ihr ein bisschen ähnlich, nicht?«
»Da hast du’s.«
» MASH ?«
»Sein absoluter Lieblingsfilm«, sagte Reacher.
»Vor über zehn Jahren, als du ihn gekannt hast«, meinte Neagley. »Seither hat’s eine Menge guter Filme gegeben.«
»Passwörter kommen aus dem Unterbewusstsein.«
»Es wäre zu kurz. Heutzutage müssen Passwörter im Allgemeinen mehr als sechs Buchstaben haben.«
»Okay, dann streichen wir MASH. «
»Brooklyn?«
»Sein Geburtsort.«
»Das wusste ich nicht.«
»Das wissen nur wenige Leute. Er ist schon als Kind mit seinen Eltern nach Westen gezogen. Deshalb wäre das ein gutes Passwort.«
»Heidi?«
»Seine erste richtige Freundin. Anscheinend eine verdammt heiße Nummer. Toll im Bett. Er war ganz verrückt nach ihr.«
»Das wusste ich alles nicht. Ich war anscheinend ausgeschlossen, wenn ihr Jungs euch unterhalten habt.«
»Offenbar«, sagte Reacher. »Karla Dixon übrigens auch. Wir wollten nicht sentimental wirken.«
»Ich streiche Heidi von der Liste. Sie hat nur fünf Buchstaben, und er war jetzt ganz auf Angela fixiert. Ihm wär’s nicht richtig vorgekommen, den Namen einer alten Freundin als Passwort zu benutzen, selbst wenn sie noch so heiß und toll war. Aus demselben Grund streiche ich Michelle Pfeiffer. Und wer war Jennifer? Seine zweite Freundin? War sie auch heiß?«
»Jennifer war sein Hund«, sagte Reacher. »In seiner Kindheit und Jugend. Ein kleiner schwarzer Köter. Ist achtzehn Jahre alt geworden. Er war total fertig, als sie gestorben ist.«
»Also möglich. Aber das sind sechs. Wir haben nur drei Versuche.«
»Nein, wir haben zwölf«, sagte Reacher. »Vier Umschläge, vier USB -Sticks. Fangen wir mit dem frühesten Poststempel an, können wir’s uns leisten, die ersten drei zu verbrennen. Die darauf gespeicherten Informationen sind ohnehin alt.«
Neagley legte die USB -Sticks in streng zeitlicher Reihenfolge auf dem Hotelschreibti sch nebeneinander. »Weißt du bestimmt, dass er sein Passwort nicht täglich geändert hat?«
»Franz?«, sagte Reacher. »Doch nicht im Ernst! Ein Mensch wie Franz wählt ein Wort, das ihm etwas bedeutet, und bleibt ewig dabei.«
Neagley steckte den ältesten USB -Stick ein und wartete, bis das Icon auf dem Bildschirm erschien. Sie
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