Troubles (German Edition)
sich nehmen konnten – und nichts anderes hatte er vor. Aber im Ballsaal war kein Mensch.
Mr. O’Flaherty ging gemessenen Schritts bis zur Mitte der Tanzfläche, das Gesicht nach wie vor betont ausdruckslos; die Augen, die hinter seinem Rücken über die Tellerstapel schielten, sprangen dagegen vor Überraschung und Staunen schon fast aus ihren Höhlen. Ah, jetzt musste er doch zu den Füßen hinuntersehen, denn unter seinen Schritten knirschten Glasscherben; tatsächlich war der Saal übersät mit Glasscherben, welken Blumen, Zigarrenstummeln und weiß der Himmel was sonst noch! »Was für ein Gesindel«, dachte er. »Hat man so etwas je gesehen?«
»Sagt Christy, er soll mit dem Braten aufhören, bis wir wissen, wie viel wir brauchen … und dann bringt die Schüsseln herauf; Toast, Tee und Kaffee, alles was er bisher fertig hat.«
Er warf einen vorsichtigen Blick hinaus auf die Terrasse, die ebenfalls mit Glasscherben übersät war. Was war denn hier los? fragte er sich. Hat es eine Schlacht gegeben oder so etwas? Mittlerweile war die Sonne aufgegangen. Ein schöner Tag kündigte sich an. Der Duft der freien Natur im Frühling … er tat einen tiefen, zufriedenen Atemzug, doch dann erinnerte er sich seiner Pflichten und ging mit einem bedauernden Kopfschütteln wieder nach drinnen, um seine Gehilfen am Buffet zu dirigieren und ihnen zu sagen, wo sie Aufstellung nehmen sollten.
Um sieben Uhr hatte sich noch immer kein Frühstücksgast eingefunden. Die ersten Schüsseln mussten, auch wenn man sie eine Zeitlang über heißem Wasser warmhalten konnte, abserviert und neu beschickt werden, obwohl es eine Schande war, das gute Essen zu vergeuden.
»Halt dich gerade, Paddy, und hör auf herumzuzappeln, sonst kriegst du eins hinter die Ohren.«
Von den dreien durfte nur er sich bewegen. Aber es war wirklich hart für sie, so tatenlos herumzustehen.
Plötzlich stolzierte ein Pfauenweibchen mit nervösen Schritten durch die Glastür, auf der Suche nach der langgeschweiften, blaugrünen Pracht ihres Gefährten. Sie pickte ein wenig zwischen den Glasscherben, beobachtet von den drei schweigenden Männern in weißen Mützen und Schürzen. Schließlich riss Mr. O’Flaherty eine Ecke von einer Scheibe Buttertoast ab, bückte sich mit einem Seufzer und hielt sie ihr auf der Handfläche seiner pummeligen Hand hin. Sie nahm das Stück Brot und fraß es ängstlich, und eine sanfte Brise fuhr ihr in die braunen Brustfedern dazu. Dann eilte sie besorgt zurück auf die Terrasse, um ihre Suche fortzusetzen. Sie war Mr. O’Flahertys einzige Kundin an diesem Morgen.
Es war schon fast Mittag, als der Major erwachte. Das Zimmermädchen zog die Vorhänge auf und ließ eine Flut von goldenen Sonnenstrahlen ins Zimmer, und die Zwillinge lagen noch immer mit ihm im Bett und kriegten sich gar nicht mehr ein vor Kichern. Einen Augenblick lang starrten er und das Zimmermädchen sie in wortlosem Entsetzen an; dann schubste er die Mädchen blitzschnell aus dem Bett und schickte sie so lässig wie möglich auf den Weg, indem er ihnen einen schwungvollen Klaps auf das dralle Hinterteil versetzte. Doch ein verstohlener Blick auf das Zimmermädchen reichte aus, um ihm klarzumachen, dass diese übermütige Geste die Lage allenfalls noch schlimmer gemacht hatte.
Edward war reumütig. Er habe sich töricht benommen und verdiene die Verachtung des Majors. Er sei schwach gewesen und wisse das auch. Er sei gestrauchelt, aber er sei, welch ein Wunder, nicht gefallen.
Der Major glaubte, Edward spreche von seiner körperlichen Beziehung zu Sarah, und war einen Augenblick lang erleichtert. Doch nein, Edward meinte Fallen in dem Sinne, in dem Ripon gefallen war: mit anderen Worten, wie Wachs in den Händen einer katholischen Dame zu werden, ein Sklave Roms. Das sei ein schlüpfriger Pfad, der zur Ehe führe, und am Ende werde einem der Glaube mit Stumpf und Stiel ausgerissen.
»Machen Sie sich nicht lächerlich, Edward«, seufzte der Major, obwohl er sich im Grunde nichts sehnlicher wünschte als das. »Diese Vorstellung von der katholischen Kirche ist kindisch, und wenn Sie mich fragen, ist Ihre eigene großartige Frömmigkeit nichts weiter als ein diffuser Aberglaube, der Sie sonntags in die Kirche treibt.«
»Sie haben keinen Begriff davon, wie das Leben in Irland aussieht.«
»O doch, das habe ich. Sie vergessen, dass ich schon seit einer ganzen Weile hier lebe.«
Edwards Miene verdüsterte sich, aber er war zu gepeinigt, um seinen Standpunkt
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