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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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(sein »einziger guter Freund«) in London bei seiner todkranken Tante, die Zwillinge noch nicht von der Schule verwiesen, Ripon ständig auf Achse und mit den Vorbereitungen seiner Mesalliance beschäftigt, das Majestic wie eh und je bevölkert von einem spärlichen Trüppchen von Gästen aus dem vergangenen Jahrhundert, der Einbruch des tristen irischen Winters … War es da ein Wunder, dass eine gnadenlose Niedergeschlagenheit ihn wie eine Bärenfalle eisern im Griff gehabt hatte?
    Edward war immer tiefer in die Wanne gesunken; das Wasser stand ihm jetzt bis zum Kinn, und auf der reglosen Wasserfläche spiegelte sich sein hageres Antlitz.
    Ein junger Mensch, dem er buchstäblich wieder auf die Beine half. Das hatte seine Lebensgeister wieder geweckt. (»Kann ich mir vorstellen«, sagte der Major sarkastisch.) Und natürlich sei es Sarah gewesen, redete Edward weiter und merkte gar nicht, wie der Major bei jeder Erwähnung des Namens zusammenzuckte, die die Initiative ergriffen und ihm Avancen gemacht habe. Nicht dass er ihr deswegen Vorwürfe mache. Er wisse genau wie jeder andere, dass es die Aufgabe des Mannes sei, sich ehrenhaft zu verhalten, weil Frauen nun einmal schwach seien; aber nichtsdestoweniger …
    Edward verstummte, und es folgte eine lange Pause. Unter der reglosen Wasseroberfläche war sein Körper vage zu erahnen: die behaarte Brust, die massigen weißen Gliedmaßen … Von den unteren Regionen, jenem dunkleren Bereich, der entfernt an eine untergetauchte Seerose erinnerte, wandte der Major den Blick angewidert ab. »Wie um alles in der Welt konnte eine junge Frau sich
dafür
interessieren?«, fragte er sich düster.
    Schließlich räusperte sich der Major. Er wollte über den Ball reden. Vielleicht konnte man, indem man darüber sprach, der Erinnerung den Stachel nehmen. Aber noch hatte Edward kein Wort über dieses Thema verloren. Den ganzen Morgen hatten die alten Damen geschnattert wie ein Schwarm Papageien, die Vorfälle mit jeder Menschenseele diskutiert, die in Hörweite kam, ganz gleich ob Dienstbote oder Gast. Nur in Edwards Gegenwart hatten sie ihre Zungen im Zaum gehalten. Obwohl er nach außen hin ruhig wirkte, lag etwas in seiner Miene, ein lauernder Schmerz oder Groll … was immer es war, es hatte die alten Damen verstummen lassen, so wie es jetzt seinen »einzigen guten Freund«, den Major, verstummen ließ.
    »Ich war derjenige, der den Schlussstrich gezogen hat«, wiederholte Edward. »Das immerhin ist ein Grund zur Dankbarkeit.«
    Aber der Major wusste, dass er nicht die Wahrheit sagte. Außerdem schien ihm Edwards gekränkter Stolz im Vergleich zu seinem eigenen, vollständigen Verlust kaum der Rede wert.
    »Wissen Sie, manchmal …«, hob Edward an; seine Lippen bewegten sich nur ein oder zwei Millimeter über der Wasseroberfläche und sandten winzige Wellen abwärts in Richtung der Knie.
    »Manchmal was?«
    Edward sah müde hinauf zum Major und senkte dann wieder den Blick.
    »Manchmal habe ich sogar vergessen, dass sie katholisch war.« Und er schüttelte den Kopf, vielleicht bei dem Gedanken daran, wie knapp er dem Verderben entronnen war.
    Und so kehrte im Majestic wieder alles zu seinem alten Trott zurück. Die blitzenden Bodenfliesen wurden matt. Sofas, blankgestriegelt wie Preisbullen, verloren ihren Glanz. Geputzte Zimmer mussten dringend neu geputzt werden, diejenigen, die man abgeschlossen hatte, wurden wieder geöffnet, und noch immer hatte keiner den Mut oder die Kraft, die Weihnachtsdekoration abzunehmen (außerdem war es ja nun gar nicht mehr lange hin, bis wieder Weihnachten war). Zwei oder drei Würfe von rasch heranwachsenden Kätzchen hatten die Katzenpopulation mehr als wiederhergestellt, obwohl im Augenblick keine entsprechende Abnahme der Zahl an Ratten festzustellen war. Mrs. Rappaports rotgestreiftes Kätzchen (in einer mondlosen Nacht geschwängert von weißgott welch grässlichem Untier) sorgte für eine Überraschung (alle hatten angenommen, es sei ein Kater), indem es nicht weniger als ein halbes Dutzend dieser Katzenbabys beisteuerte … niedliche kleine Geschöpfe, zugegeben, die man einfach liebhaben musste, wenn sie blind und maunzend über den Teppich tapsten. Aber die begeisterten Ausrufe verstummten, als die Kätzchen schließlich die Augen öffneten und sechs giftig grüne Augenpaare bösartig in die neue Welt starrten, in der sie sich so unvermittelt wiederfanden.
    Die reich beladenen Festtafeln der Ballnacht waren nur noch eine

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