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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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unglückliche Engländerin (arme Angela; denn gewiss waren ihre Gedanken immer wieder wie kleine verirrte Hunde zu Orten wie Epsom und Mayfair, nach Oxford und Cowes zurückgekehrt) für immer in irischer Erde gefangenhielt. Er ging weiter, tauchte ein in den tiefblauen Schatten des Kirchturms, ebenso schmucklos wie die Grabsteine auf dem Friedhof und aus dem gleichen grauen, granitartigen Stein errichtet, der (wie Edward ihm einmal erzählt hatte) etwa zehn Meilen entfernt an der Küste gebrochen wurde. Die katholische Kirche war übrigens auch aus diesem Stein gebaut.
    Der Major drückte sich in eine Bank ganz hinten in der Kirche und versank, eingelullt vom sanften Klang der Orgelpfeifen und dem Rumpeln und Knarren der Pedale, in einen angenehmen, wirren Tagtraum von einem Wanderurlaub, den er vor dem Krieg unternommen hatte. Er erinnerte sich, wie er an einem sonnigen Tag wie diesem auf einem Hügel gelegen hatte, das lange Gras glattgestriegelt vom Wind. Es war sehr friedlich hier.
    Als er den Blick hob, sah er endlich Edward. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und wie versteinert, aber er musste noch vor Kurzem geweint haben, denn sein sonst stets gesträubter Schnurrbart war ganz durchweicht und hing schlaff zum Kinn hinunter; ein einzelner Wassertropfen fing im Vorbeigehen einen Sonnenstrahl und glitzerte wie Diamant. Edward kam in Begleitung von zwei schlanken Mädchen mit identischen schwarzen Kleidern und schwarzen Schleiern, die den Glanz ihrer blonden Locken kaum verdüsterten. Hochgewachsen und aufrecht standen sie zu beiden Seiten ihres Vaters, die hübschen Gesichter traurig und gefasst, dann schritten sie gemeinsam mit Edward in Richtung Altar; er hatte die Arme um ihre Schultern gelegt und zog ein wenig die Füße nach, fast wie ein Preisboxer, dem man aus dem Ring hilft. Am Ende des Ganges manövrierten sie ihn geschickt in die vorderste Bank, neigten ihn sogar ein wenig vor zum Gebet, dann knieten sie selbst nieder und senkten die schimmernden Häupter.
    Der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Der Pfarrer sprach nun von Angela, und es bereitete ihm sichtlich nicht nur Schwierigkeiten, die guten Seiten der Toten aufzuzählen, er wusste eigentlich gar nichts über sie zu sagen. Ein blutroter Sonnenstrahl kroch von dem staubigen Kniekissen zu der blitzblanken Schuhspitze des Majors. Die aufopferungsvolle Schwester dieser beiden wunderbaren Mädchen, sagte der Pfarrer, (und … und dieses stattlichen jungen Mannes, setzte er nach kurzem Zögern noch hinzu). Die Gedanken des Majors schweiften zu dem windigen Berghang mit dem Duft von Klee und wildem Thymian. Eine vorbildliche Christin, sanftmütig, standhaft und voller Nächstenliebe, die der Herr in Seiner unergründlichen Weisheit …
    »Ah«, dachte der Major, »unergründliche Weisheit …« Grau im Gesicht hatte der Mann auf dem leuchtendrot gesprenkelten Pflaster gelegen und seine goldene Taschenuhr umklammert. Lebwohl, Angela. Er seufzte und versuchte, wieder auf den windigen Berghang zu entfliehen. Doch er schlief ein, bevor er dorthin gelangte. Das Poltern seines Gesangbuchs, das zugeklappt und zwischen seinen Knien zu Boden gefallen war, weckte ihn fast sofort wieder auf. Der Pfarrer sagte: »Wenn die Pflicht sie rief, folgte sie mit Standhaftigkeit und Demut …«
    Noch am Tag der Beerdigung reiste der Major wieder aus Kilnalough ab. Kurz nachdem er mit den anderen Trauergästen ins Majestic zurückgekehrt war, erreichte ihn die Nachricht, der Zustand seiner alten Tante in London (die schon seit einiger Zeit kränkelte) habe sich stark verschlechtert. Ihr Arzt halte es für angebracht, den Major zu rufen, ihren einzigen noch lebenden Verwandten. Er suchte nach Edward, der in einer Art gramvoller Trance durch das Hotel wanderte, und mühte sich, den Damen aus dem Weg zu gehen, die unvermittelt aus den Schatten auftauchten, um ihm ihr Beileid auszusprechen. Edward drückte ihm den Arm und beteuerte, er habe größtes Verständnis – was vermutlich genau das Gegenteil hieß, nämlich dass er die sterbenskranke Tante des Majors für eine höfliche Ausrede hielt. Aber daran konnte der Major nichts ändern; wenn er weiter ins Detail gegangen wäre, hätte er alles nur noch schlimmer gemacht. Da er den Nachmittagszug verpasst hatte, sollte Murphy ihn mit der Pferdekutsche nach Valebridge fahren, von wo er einen späteren Zug nehmen konnte, der ihn mit etwas Glück noch rechtzeitig nach Kingstown zur Fähre brachte.
    Edward hob sein Löwenhaupt und mühte

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