Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
gesunken.«
»Weil Sie unseren Ratschlägen nicht folgen.«
»O nein«, widersprach Tate und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, weil ich sie zu sehr befolgt habe.«
Eddy stand auf. »Was willst du damit sagen, Tate?«
»Nichts, verdammt noch mal. Ich stelle ganz klar fest, daß ich niemanden brauche, der meine Hemden und Anzüge aussucht oder mir einen Friseur besorgt. Ich will niemanden, der meine Ansichten mäßigt. Die Leute, die für mich stimmen wollen, weil ich bisher meine Meinung vertreten habe, würden glauben, daß ich verrückt geworden bin. Oder noch schlimmer, daß ich sie verraten habe.«
»Du übertreibst«, warf Jack ein.
Tate sah seinen Bruder scharf an. »Deine Haare schneiden sie ja auch nicht. Und du solltest wirklich besser wissen, wie wichtig es für mich ist, ich selbst zu sein. Glaubt ihr im Ernst, daß es für die Männer bei GM von Bedeutung ist, welche Farbe mein Hemd hat? Nein, zum Teufel noch mal! Sie wollen wissen, ob sie in den nächsten paar Jahren Arbeit haben oder nicht. Ich bin ich, und wenn ihr mich verändert, werden sie mich nicht wiedererkennen.«
»Wir wollen Sie doch nicht verändern«, sagte Dirk gedehnt. »Wir wollen Sie nur verbessern.« Er klopfte Tate auf die Schulter.
Tate schüttelte seine Hand ab. »Meine Herren, ich möchte
bitte mit meiner Familie allein sprechen.« Dirk warf Eddi einen vielsagenden Blick zu, dann gingen die beiden Berater hinaus.
»Carole, würdest du mir bitte eine Tasse Kaffee bringen?«
»Natürlich.« Sie stand auf, und Tate ließ sich in einen Sessel fallen. Sie brachte ihm den Kaffee und setzte sich auf die gepolsterte Lehne seines Sessels. Tate nahm den Kaffee in die eine Hand und legte die andere beiläufig auf ihr Knie.
Dann sagte er, zu Eddy gewandt: »Ich habe es auf deine Art versucht, Eddy, und die beiden gegen meine eigentliche Überzeugung engagiert. Aber ich kann sie nicht leiden. Sie begreifen nicht, worum es mir geht.«
»Also, was schlägst du vor? Sollen wir sie in ihre Schranken verweisen und ihnen genau sagen, was wir von ihnen erwarten?«
Tate sah alle im Zimmer an und sagte dann: »Das reicht nicht. Sie sollen verschwinden.«
»Du willst sie feuern?« kreischte Jack. »Das können wir nicht tun. Eine Firma wie Wakely und Foster kann man nicht einfach abschütteln. Sie würden nie wieder für uns arbeiten.«
»Das betrachte ich nicht als großen Verlust.«
»Tate, bitte denk noch mal gründlich darüber nach«, bat Eddy.
»Das habe ich bereits getan. Ich kann sie nicht ausstehen, und es ist mir zuwider, wenn man mir Vorschriften macht. Und, zum Teufel noch mal, am schlimmsten ist es, wenn man mich zwingt, Dinge zu sagen, die ich nicht ehrlich meine.«
»Aber du hast doch selbst entschieden, daß...«
»Ja, das habe ich«, unterbrach Tate seinen Bruder. »Aber ich hab’ meine Meinung geändert.«
»Einfach so?« fragte Eddy. »Ein paar Wochen vor der Wahl willst du in vollem Galopp die Pferde wechseln?«
»Nein, verdammt noch mal, das haben die versucht. Wenn ich mich von denen in eine Form bringen lasse, die niemand mehr wiedererkennt, wäre ich auch nicht besser als Dekker. Glitschiger als Kuhscheiße. Doppelgesichtig.« Eine Wand des eisigen Widerstandes von Eddy und Jack stand ihm gegenüber.
Tate sah seinen Vater an. »Soll ich schweigen und einfach ihren Rat befolgen?«
»Wenn du das Gefühl hast, daß du dadurch unglaubwürdig wirst, dann nicht.«
»Genau so ist es. Ich würde lieber die Wahl verlieren, als gewinnen und wissen, daß ich in jeder Beziehung Kompromisse eingehen mußte. Tut mir leid, wenn keiner von euch mir zustimmt. Was ist mit dir, Carole?«
Sie hatte sich bisher aus allem herausgehalten und gewartet, daß Tate sie nach ihrer Meinung fragte. Sie hob den Kopf und sah ihn mit ihrem neu entstandenen Gefühl von Nähe und dem wortlosen Blick der Verständigung zwischen Liebenden an. »Ich bin mit allem einverstanden, was du entscheidest, Tate. Ich werde bis zum Schluß hinter dir stehen.«
»Ach ja? Seit wann?« versetzte Jack zornig. »Da du gerade von Kompromissen sprichst. Ich würde sagen, daß du wieder mit ihr schläfst, ist der größte Kompromiß, den du je eingegangen bist, kleiner Bruder.«
»Das reicht, Jack«, bellte Nelson.
»Dad, du weißt genauso gut wie ich, daß –«
»Genug! Wenn du deine eigene Frau im Griff hast, kannst du Tate kritisieren.«
Jack funkelte erst seinen Vater, dann seinen Bruder finster an, zog die Schultern hoch und stürmte hinaus.
Eddy
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