Trust Me - Blutiges Grauen
Jalousien. Bis auf ihren Wagen war der Parkplatz leer. Sie hatte die Türen abgeschlossen. Der Revolver lag in greifbarer Nähe auf dem Bücherregal, trotzdem fühlte sie sich unbehaglich. Allein die Tatsache, dass ein völlig Fremder – ein Mann, der offensichtlich in Kontakt zu Oliver Burke stand –, versucht hatte, sie in sein Auto zu locken … Er musste ihr gefolgt sein. Woher hätte er sonst wissen sollen, dass sie sich in diesem Lokal aufhielt?
Lauerte er da draußen?
Sie glaubte es nicht, aber sicher konnte sie auch nicht sein. Davids Frau hatte angerufen und sie abgelenkt. In diesen wenigen Minuten hätte er durch die Vordertür gehen können, ohne von ihr bemerkt zu werden.
Läuft da etwas zwischen Ihnen und meinem Mann?
Skye war so überrumpelt gewesen, dass ihr keine Antwort eingefallen war. Schließlich hatte sie bemerkt:
Ihr Mann? Ich dachte, Sie sind geschieden.
Wir versuchen, unsere Beziehung zu retten. Wir können es nicht gebrauchen, dass Sie sich einmischen und alles wieder zerstören. Wir müssen für ein Kind sorgen!
Warum war sie nur ans Telefon gegangen? Skye wollte überhaupt nichts zerstören! Und am allerwenigsten wollte sie Davids Sohn wehtun.
Das Telefon klingelte erneut. Skye blickte sich um. Diesmal ging sie nicht hinüber, um das Display zu überprüfen. Sie wollte mit niemandem reden. Heute schien ihr die ganze Welt feindlich gesinnt.
Verdammter Oliver Burke! Zur Hölle mit dir!
Ohne ihn würde ihr Leben jetzt völlig anders verlaufen. Vor jener Nacht war sie eine glückliche, selbstsichere und sorglose junge Frau gewesen. Sie hatte sich vor niemandem gefürchtet. Doch Burke hatte ihr nicht nur diese Narbe im Gesicht zugefügt.
Sie strich mit dem Finger über die leichte Unebenheit über ihrem Jochbein. Wenn Burke sie nicht überfallen hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich verheiratet, hätte eine Familie gegründet …
Ihr Handy klingelte in der Handtasche. Offensichtlich wollte der Anrufer sie persönlich sprechen. Aber sie brachte es nicht fertig, sich vom Fenster zu entfernen.
Als das Handy verstummte, begann das Bürotelefon erneut zu klingeln.
“Leg schon auf!”, knurrte sie. Ausgelaugt und müde wie nie schleppte sie sich schließlich unter großem Kraftaufwand zur Couch und legte sich hin. Über ihr hingen die Porträts der Mörder, die sie jeden Tag vor Augen hatte. “Warum tut ihr das, was ihr tut?”, sagte sie mit Blick auf die Fotos, ohne das unaufhörliche Klingeln zu beachten.
Mangel an Einfühlungsvermögen, an Mitgefühl? So erklärten es jedenfalls die Profis. Skye nahm an, dass noch mehr dazu gehörte. Aber niemand konnte genau sagen, was es war. Sie wusste nur, dass Burke ihr Leben unwiderruflich verändert hatte.
Schließlich gab der Anrufer auf, und sie schloss die Augen. Der warme Mantel, in den sie sich kuschelte, fühlte sich wie ein schützender Kokon an. Wenn sie wenigstens nur ein paar Stunden schlafen könnte …
Aber nicht einmal zwanzig Minuten später hörte sie jemanden an der Tür.
Jemanden, der versuchte, hereinzukommen.
Bei
The Last Stand
war alles dunkel. Das beunruhigte David, denn Skyes Volvo stand auf dem Parkplatz. Wenn sie nicht hier war, wo war sie dann? Sie ging nicht ans Bürotelefon oder an ihr Handy, und zu Hause nahm sie auch nicht ab. Dabei hatten Sheridan und Jasmine ihm versichert, dass sie zum Delta-Haus gefahren war, um sich hinzulegen.
David stand im grellen Licht eines Scheinwerfers, der durch Bewegungsmelder aktiviert worden war, und hämmerte unaufhörlich mit den Fäusten gegen die Tür. Er hoffte, Skye aus dem Inneren ihres Heiligtums herauszulocken, aus dem Pausenraum, einem Konferenzraum oder der Küche. Nachdem sie Anfang der Woche diesen Drohanruf erhalten hatte, gefiel es ihm gar nicht, dass er sie nicht erreichen konnte. Doch auf sein Klopfen reagierte niemand.
“Skye! Ich bin’s, David!”, rief er. “Bist du da?”
Schweigen.
“Skye?”
Sie war nicht hier. Aber weit konnte sie nicht sein. Es war noch gar nicht so lange her, dass Lynnette sie im Büro angerufen hatte.
Sein Puls raste, als er sich umdrehte und auf die belebte Straße blickte. Sie würde nicht irgendwohin gelaufen sein. Sie wusste doch, dass so etwas nicht ratsam war. Oder vielleicht auch nicht. Jetzt, wo sie mit einem Revolver umgehen konnte, fühlte sie sich stark.
Er sah zu dem Fast-Food-Lokal auf der anderen Straßenseite hinüber. Es war niemand dort. Bis auf das Drive-in hatten sie schon alles geschlossen.
David
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