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TS 82: Geheimagentin der Erde

TS 82: Geheimagentin der Erde

Titel: TS 82: Geheimagentin der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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ab.
    Machte der sich da ein Winternest? Saikmar hatte keine andere Erklärung für das seltsame Benehmen des Tieres. Aber man hatte noch nie gehört, daß dergleichen bei einem Parradil vorkam.
    Das Tier schob seine Beute mit der Schnauze über den Boden der Höhle, und dabei fand es die Nahrungsmittel, die Saikmar fallen gelassen hatte. Mit der Zunge schnappte es sie auf und leckte den Felsboden trocken. Mit seinen steifen Fingern holte Saikmar mehr davon aus seiner Tasche und hielt es dem Tier hin. Das Parradil betrachtete die Gabe prüfend, dann öffnete es das Maul. Saikmar drehte die Hand herum und schüttete seine Mitbringsel in den roten Rachen.
    Das Parradil kaute und schluckte. Und einen Moment später spreizte es die Schwingen, hob sich in die Luft und rauschte nach Süden davon.
    Saikmar starrte ihm verblüfft nach. Und plötzlich mußte er lachen. Er lachte, bis ihm die Rippen ächzten und die eisige Luft ihm in die Lungen schnitt.
    Am nächsten Tag um die gleiche Zeit war er wieder da. Das Parradil hatte inzwischen die halbe Höhle vollgeschleppt. Lauter warmes Zeug: gestohlene Kleider von Menschen, Wolle, Flachsfasern, trockenes Gras, und sogar ein ganzes kleines Waldtier, das schon ausgenommen und vorbehandelt war, um aus seiner Haut Leder zu machen. Das Parradil war auch da und betrachtete seinen Gast neugierig, aber das Tier nahm kein Futter an, es schien auszudrücken, daß es heute schon gut gegessen habe. Und um das auszudrücken, öffnete es den Rachen und blies Saikmar einen betäubenden Geruch ins Gesicht, der unmißverständlich verriet, daß es irgendwo Fleisch erbeutet hatte.
    Sie standen noch eine ganze Weile einfach so da. Auf dem Heimweg aß Saikmar diesmal seine Mitbringsel selber auf. Das Parradil hatte sie ja abgelehnt – und er konnte sie verteufelt gut gebrauchen.
    Von da an kam er jeden Tag, bis sie anfingen, die Schneemauer um das Heiligtum zu bauen. Eines Tages wußte er, daß das nun sein letzter Besuch sein mußte. Gleich morgens hatte ein Sturm eingesetzt, der auch nachmittags noch nicht nachgelassen hatte, und Saikmar wußte nicht, ob er die Höhle überhaupt noch erreichen konnte, die Tage wurden schon kurz. Trotzdem machte er den Versuch, um seinem Freund für den Winter alles Gute zu wünschen.
    Das Parradil schien ihn schon erwartet zu haben. Es grunzte und schob auf einer Seite die Decken und Lumpen von seinem Lager.
    Und was darunter zum Vorschein kam, das war ein Menschenwesen.

 
8.
     
    Maddalena entdeckte erst später, wie lange sie bei dieser ganzen Katastrophe tatsächlich bewußtlos gelegen hatte. Als sie sich in einer riesigen Schneewehe wiederfand und sich wunderte, daß sie noch lebte, wußte sie überhaupt keine Einzelheiten mehr. Später kehrten einige Bilder wieder, und sie konnte sich ungefähr zusammenreimen, was sich abgespielt haben mußte.
    Sie sah Bilder vor sich wie Blitzlichtaufnahmen: Gus Langenschmidt arbeitet verzweifelt an den Steuergeräten – ein zweiter Krach wie von einem Zusammenstoß. Sie blickt sich um und sieht mit Entsetzen ein Loch in der Kabine, und sie erkennt, wie glühende Metallfetzen davonfliegen.
    Gus Langenschmidt brüllt ihr Befehle zu, sie führt sie aus wie eine Maschine, der Flugwind jault so stark, daß man nichts mehr verstehen kann. Sie ist davon überzeugt, daß sie in den Tod rasen, es kommt ihr vor, als seien die Sterne unten und die Winterlandschaft oben. Kommandos von Langenschmidt – sie springt ins Leere. Sie schaltet automatisch den Höhenregler ein, der ihre Antriebsdüsen regelt. Sie weiß, daß der Antrieb kurz über dem Boden aussetzen soll – sie stürzt in eine Schneewehe und ist unverletzt.
    Es ist dunkel. Eine Stunde liegt sie regungslos da, bis sie merkt, daß ihre Glieder trotz des Raumanzuges erstarren. Sie versucht, sich auf ihre Lage einzustellen. Aber sie weiß nur, daß sie allein ist, allein auf einem fremden Planeten, ohne Hilfsmittel, ohne Gepäck. Sie besitzt nichts außer dem, was sie am Leibe trägt. Und ihren Verstand.
    Was aus Langenschmidt geworden ist, weiß sie nicht. Sie kann sich nicht einmal erinnern, das Landungsfahrzeug noch einmal gesehen zu haben, als sie durch die Luft niedertaumelte. Vermutlich ist er irgendwo abgestürzt, vielleicht aber konnte er noch rechtzeitig abspringen. Wenn er unmittelbar nach ihr das Fahrzeug verlassen hat, muß er bei der Geschwindigkeit schon Hunderte von Meilen weiter zum Boden gekommen sein.
     
    *
     
    Sie kroch durch den Schnee und fand

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