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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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als gegeben hin und bemühte sich, mit Hilfe seiner Geisteskraft Veränderungen zum Besseren zu bewirken.
    Turil ließ die Leere, die ihn nun umgab, eine Weile auf sich einwirken. »Gibt es was Neues von den Kitar?«, fragte er die GELFAR.
    »Sie sind verschwunden«, meinte die KI lapidar.
    »Verschwunden?!«
    »Ja. Vor wenigen Minuten kam Bewegung in die lose Formation, die sie innehatten. Die Schiffseinheit über Vilocla schloss zum Hauptverband auf; dann visierten die Kitar mit den Spitzen der Krähenfüße unterschiedliche Objekte in unmittelbarer Umgebung an, unter anderem auch mich. Sie wirkten unentschlossen, als hätten sie nicht gefunden, wonach sie suchten. Die Schiffe verbanden sich zu einer Art Kettengeflecht und verschwanden aus meiner Wahrnehmung.«
    Nach dem heutigen Tag ergab sich eine weitere Unwägbarkeit im Verhalten der Kitar. Hatte man sich bislang zumindest auf eine Konstante verlassen können - dass sie niemals zögerten und die von ihnen besuchten Planetensysteme ohne Erbarmen vernichteten -, so zeihten sie nun die selbsternannten Experten einmal mehr der Ahnungslosigkeit. Es gab kein erkennbares Muster, die Beweggründe der Kitar blieben rätselhaft.
    Doch das sollte nicht sein Problem sein. Das Verschwinden
der unheimlichen Wesen schuf für ihn eine unerwartete Möglichkeit, sich seines Gastes Pramain zu entledigen und seine Arbeit auf Domiendram auftragsgemäß zu beenden. Ihm reichte die Zusage eines einzigen Hofschranzen - und ein solcher würde sich nun, da er ausreichend Zeit hatte, sicherlich finden und bestechen lassen -, um den Ritualmord an Pramain durchzuführen.
    »Kurs Domiendram«, befahl er der GELFAR.
    »Negativ«, entgegnete das Schiffsgehirn.
    »Wie bitte?!«
    »Wir sind nicht mehr erwünscht. Man droht uns mit Waffengewalt, sollten wir uns dem System neuerlich nähern.«
    Eine leere Drohung, gewiss. Die GELFAR konnte es mit der bekanntermaßen schwachen Verteidigungsflotte der Domiendramer aufnehmen. Doch Turil durfte es niemals zu einem offenen Konflikt kommen lassen. Totengräber blieben stets unverbindlich; sie scheuten Gewalt und setzten ihre Waffen nur zur Verteidigung ein. So lautete eines der Dogmen seines Volkes.
    »Gibt es eine Begründung, warum man uns nicht mehr sehen will?«
    »Man meint, dass unser Auftrag mit dem Verschwinden von Pramain dem Götzlichen erledigt sei. Ein neuer Fortpflanzungszyklus hätte begonnen, und man legt auf unsere Anwesenheit keinen Wert mehr. Wir sind herzlich eingeladen, das Todeszeremoniell für den kommenden Herrscher zu gestalten, und zwar in etwa sechs Jahren; hier und jetzt gebe es nichts mehr, das wir für die Domiendramer tun könnten.«
    »Sie schieben uns also die Schwarze Karte zu.« Turil aktivierte ein aggressionshemmendes Medikament. Es zischte in seine Blutbahn und brachte ihm augenblicklich jene Ruhe,
der er als Totengräber verpflichtet war. »Wir haben Pramain endgültig am Hals.«
    »So ist es. Wie ich anhand deiner Biowerte feststellen muss, ärgerst du dich. Ich werde Licht und Schatten …«
    »Das ist nicht notwendig«, unterbrach Turil.
    Das Zerebral der GELFAR ließ es dabei bewenden. Ausnahmsweise beharrte es nicht auf seinem Standpunkt.
    Turil fragte sich einmal mehr, wo das Gehirn des Schiffs eigentlich saß. Nur ein geringer Teil der Schiffssphäre war permanent ausgeprägt; das Reflektorium, der Aufenthaltsraum des Steuergehirns und die Halle der Erinnerungen gehörten ebenso dazu wie ein Großteil seiner Privaträumlichkeiten. Turil hatte diese Teile der GELFAR im Laufe der Jahre penibel untersucht und keinerlei Hinweise auf das Zerebral entdeckt. Vielleicht verhielt es sich wie ein Vagabund und wanderte von einem willkürlich erschaffenen Bereich zum anderen, eingefasst in einen käferartigen Robotkörper, der es durch das Schiff trug? Der Totengräber war der Meinung, zwei-oder dreimal in der Ferne ein derartiges, überdimensioniertes Krabbelwesen gesehen zu haben; umgeben von einer gelb leuchtenden, abstoßend wirkenden Aura.
    »Wie geht es dem Götzlichen?«, fragte er und verdrängte den Gedanken an eines der großen Rätsel seines Schiffes.
    »Die Med-Abteilung wird ihre Arbeit während der nächsten Minuten abschließen. Physisch gilt er bereits als wiederhergestellt, seine Psyche bedarf allerdings weiterer Hilfestellung.«
    Natürlich; Licht und Schatten würden sich um den entthronten Herrscher kümmern - und ihn in ihrem Sinne formen. Immer wieder brachte die Schiffssphäre ihre beiden externen

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