Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
gezielte Druck gewesen, den seine Finger ausübten. »Nicht, ehe es nicht unbedingt sein muss. Wir wissen nicht, wie gut sie Geheimnisse für sich behalten können.«
Addie nickte. Es fühlte sich nicht richtig an, ein so großes Geheimnis vor den anderen zu verbergen. Aber vielleicht war es das Beste, es eine Weile für uns zu behalten. Bei elf Kindern würde vielleicht einem etwas herausrutschen.
Bridget – Bridget bestimmt. Würde sie überhaupt mit uns kommen, wenn es so weit war? Bridget mit den harten grauen Augen und der scharfen Zunge und den stets verschränkten Armen. So wütend, aber so überzeugt, dass sie gerettet werden würde. Dass sie geheilt werden würde. Wer versteckte sich noch in ihrem Körper? Wenn es Zeit für uns war zu fliehen, würde diese rezessive Seele dann stark genug sein, zu übernehmen? Würde sie es wollen?
»Na dann gute Nacht, nehme ich an«, sagte Addie und schloss unsere Hand um den Chip. Das rote Glühen strömte zwischen unseren Fingern hindurch, entflammte unsere Hand von innen. »Wir sehen uns mo…«
Ryan hörte auf, mit seinem Chip zu spielen, und sah vom Tisch auf. »Danke, Addie«, sagte er. Er hatte eine Art, die Menschen anzusehen, als wären sie alles, was zählte, als wären sie von Belang. Ich hatte es schon Dutzende Male erlebt, und ich hatte den Eindruck, dass Addie in diesem Augenblick ein wenig davon spürte. Sie verstummte jedenfalls und blieb sitzen. »Danke, dass du nach Lissa gesehen hast, als ihr beide eingeschlossen wart. Wenn du das nicht getan hättest, hätten wir nie von der Operation erfahren.«
Addie senkte den Blick, sie fingerte am Saum unseres Nachthemds. »Das war nicht nur ich. Es war auch Eva.«
‹Das warst hauptsächlich du›, sagte ich.
»Ich weiß«, erwiderte Ryan. »Aber das bedeutet, dass du es ebenfalls warst.« Er lächelte und sein Lächeln war ein wenig traurig. »Also danke. Und entschuldige. Wegen vorhin.«
Wir kneteten die Hände in unserem Schoß. Addie rutschte auf dem Stuhl hin und her.
»Wir werden sie retten«, sagte sie schließlich. »Wir werden alle retten. Und wir kommen hier raus.«
Am nächsten Morgen standen wir auf, ehe die Krankenschwester kam, um uns zu wecken. Die schlafende Kitty hatte sich nicht gerührt, als wir in der Nacht aus dem Bett und wieder hinein geschlüpft waren, und sie wachte auch jetzt nicht auf. Addie tat nicht viel, sie setzte sich nur auf die Bettkante. Ein paar Tage zuvor waren wir um diese Zeit herum ebenfalls wach gewesen. Wir waren zum Fenster gegangen und hatten beobachtet, wie das Sonnenlicht sich allmählich ins Zimmer stahl. Dort, an das Glas gepresst, spürten wir die Hitze, die durch das Fenster drang, ehe sie von der Klimaanlage der Klinik hinweggefegt wurde. Wir hatten ein wenig von der Welt jenseits des Krankenhauses sehen können.
Aber nun war das Fenster mit Holzbrettern verrammelt, die an die Klinikwände genagelt worden waren. Nicht ein Lichtstrahl gelangte nach drinnen.
Doch das würde schon am nächsten Morgen keine Rolle mehr spielen.
Wir würden die Klinik noch am selben Abend verlassen.
Jackson hatte uns erzählt, dass er Mr Conivent heute ein weiteres Päckchen bringen würde. Er würde sich eine Ausrede einfallen lassen, warum er es später am Tag lieferte anstatt vormittags, und uns dann einen Schraubenzieher zustecken. Wir würden immer noch einen Weg finden müssen, ihn zu verstecken, bis wir in unser Zimmer zurückkehrten, aber zumindest würden wir ihn nicht den ganzen Tag über bei uns tragen müssen. Es würde auch so schon schwierig genug werden, weil unsere Kleidung keinerlei Taschen hatte. Wir konnten ihn vielleicht irgendwo im Studierzimmer verstecken, während wir dort waren, aber wenn wir duschten, uns die Zähne putzten oder uns bettfertig machten, geschah das alles in einer Umkleide zusammen mit den anderen Mädchen und der wachhabenden Schwester vor der Tür.
Trotzdem würden wir es hinbekommen. Das mussten wir.
Die Komission war heute wieder da, aber sie beobachteten uns nicht mehr auf dieselbe Weise wie bisher. Ich nehme an, wir rechtfertigten nur einen Tag intensiver Beobachtung. Nach einer gewissen Zeit im Zoo wird es einem eben langweilig. Jetzt kamen wir im Flur an ihnen vorbei oder erhaschten Blicke auf sie in den Untersuchungsräumen. Meistens war Mr Conivent dabei, manchmal auch noch Dr. Wendle. Sie schienen den Mitgliedern der Komission die Apparate zu zeigen, die sie in der Klinik benutzten. Einmal sahen wir einen der Männer
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