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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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Dr. Lyanne aber nicht aus den Augen, während diese nach einem Wust aus Kabeln griff, die hinter ihr lagen. Sie waren am einen Ende mit einer weiteren grauen Maschine verbunden – größer als die erste – und am anderen mit etwas, das wie eine Schädeldecke aussah.
    »Ging es um Hally?«, fragte ich und schauderte. Dass ich die Kontrolle hatte, gehörte nicht zum Plan, und ich hatte nicht vorgehabt, sie zu übernehmen. Ich hatte warten wollen, bis Addie die Frage stellte. Aber sie hatte zu lange gebraucht und ich musste es unbedingt wissen. »Ist Hally in Sicherheit?« Dann, weil das dumm gewesen war – es war die dümmste aller möglichen Fragen, denn natürlich war Hally nicht in Sicherheit –, fragte ich: »Sie haben es noch nicht gemacht? Sie haben … sie haben sie noch nicht operiert?«
    Dr. Lyannes Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Vollkommen ausdruckslos und blass und kalt. Sie war so gelassen und das ärgerte mich maßlos. Wie konnte sie bloß so gelassen sein?
    »Nein«, sagte Dr. Lyanne. Süße, eisige Erleichterung ließ uns schwach werden.
    Ich spürte, wie mir die Kontrolle entglitt, und ich ließ es zu, aber da sagte Addie: ‹Nicht, Eva. Kämpf dagegen an. Kämpf dagegen an. Rede mit ihr. Du kannst es besser als ich. Das weiß ich.›
    ‹Aber …›, sagte ich.
    ‹Das kannst du wirklich, Eva.›
    »Wo ist sie?«, fragte ich und drängte die Schwäche zurück. Dr. Lyanne hatte begonnen, uns anzustarren, und ich musste schlucken, Atem holen, mich in unserem gemeinsamen Körper orientieren, ehe ich erneut sprechen konnte. »Wo wird sie festgehalten? Im Keller? Bei Jaime? Für wann ist die Operation angesetzt?«
    »Das geht dich überhaupt nichts an«, sagte Dr. Lyanne.
    »Warum nicht?« Unsere Stimme bebte. Dr. Lyanne hatte eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit in der Hand. Sie umklammerte sie so fest, dass ihre Knöchel weiß schimmerten. »Falls es auch nur im Entferntesten so läuft wie bei Jaime, wird eine meiner Freundinnen sterben und die andere ihren Verstand verlieren – ich habe ein Recht zu wissen, wann.«
    »Sehr wahrscheinlich wird es nicht so laufen«, flüsterte sie. Die Plastikflasche zerknautschte, so fest umklammerte Dr. Lyanne sie. »Jaime hatte Glück.«
    Etwas Eisiges durchfuhr mich. Vom Kopf bis zu den Füßen. Von Fingerspitze zu Fingerspitze. »Was meinen Sie damit?«
    Sie sagte nichts, sah uns nicht an, schien nicht einmal mehr zu atmen. Sie war reglos wie ein Stein, wie ein Kristall.
    »Dr. Lyanne …«
    »Alle anderen Kinder, die sie operiert haben«, sagte sie, »sie haben den Tisch nie verlassen. Jaime … Jaime ist der Einzige, der überlebt hat.«
    Mechanisch begann sie die Flasche in ihren Händen aufzuschrauben. Sie zitterten und Dr. Lyanne fummelte am Deckel herum.
    Ich stieß die Flasche aus ihren Händen.
    Sie klatschte auf den Fliesenboden, die durchsichtige Flüssigkeit spritzte in hohem Bogen heraus, als sie kreiselnd in eine Ecke schlitterte. Der scharfe Geruch von Alkohol durchdrang die Luft, beißend und penetrant.
    »Helfen Sie uns«, sagte ich, und es war nicht länger eine Bitte.
    Dr. Lyanne verharrte regungslos, den Blick noch immer auf ihre Hände gerichtet. Ich versuchte mich an die Frau aus dem Keller zu erinnern, die in Jaimes Zimmer gesessen hatte, an den Ausdruck auf ihrem Gesicht, als er in ihren Armen lag, daran, wie sie ihn gehalten hatte.
    »Sie könnten Jaime hier rausschaffen«, sagte ich und holte tief Luft, als sie nichts erwiderte. »Es gibt da ein paar Leute … Leute, die uns hier wegbringen würden. Sie würden ihn auch mitnehmen. Er wäre in Sicherheit.« Es war das Einzige, was mir einfiel – das einzige ungeheure, schockierende Etwas, das mir zu sagen einfiel, damit sie uns ansah, uns wahrnahm.
    Es funktionierte. Dr. Lyannes Kopf schoss hoch, ihr Mund öffnete sich leicht, ihre Wangen bekamen etwas Farbe. Der Wechsel ihrer Miene war merkwürdig zu beobachten – es stand keine Verwirrung darin, sondern Angst.
    Und als sie sprach, klang es, als sei sie aus einem tiefen Schlaf erwacht. »Du hast mit Peter gesprochen?«
    Uns schwindelte. »Sie kennen Peter.«
    Wir konnten beinah sehen, wie Dr. Lyanne zerbrach, Stück für Stück. Als wir das Zimmer betreten hatten, war es uns zu klein vorgekommen. Wir hatten das Gefühl gehabt, Dr. Lyanne und wir nähmen zu viel Raum ein. Jetzt schien die Frau überhaupt keinen Raum mehr zu beanspruchen. Sie war so substanzlos wie ein Fantasiegebilde. Durchscheinend.
    »Er ist mein Bruder«,

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