Überfällig
Unbefugten wäre es jetzt nicht mehr ratsam gewesen, den Vorführraum zu betreten. Außerdem wäre er gar nicht bis hierher gekommen, schließlich waren wir in den Tiefbunkern eines gewaltigen Betonklotzes mit tausendfältigen Abwehranlagen. Was der menschliche Geist an Ortungs- und Vernichtungsmitteln jemals ersonnen hatte, war in den engen, fensterlosen Gängen montiert worden. Das GWA-Hauptquartier wurde immer mehr zur Festung, je mehr wir unsere Erkenntnisse schützen mußten.
Als wir nach oben fuhren, gab Reling bereite über das Handgelenk-Funksprechgerät einige Anweisungen durch, die zweifellos TS-19 und mich betrafen. Es schien wieder einmal alles bis ins letzte Detail vorbereitet zu sein.
*
Der Arbeitsraum mit dem gewaltigen Schalt-Schreibtisch und den unzähligen Kommando- und Verbindungsgeräten war uns schon ein Begriff geworden. Vor einer Minute hatte mich der Alte zum Chef des GWA-Raumkorps, Sektion Mond, ernannt.
Das war also der Sinn der Übung gewesen, die ich im Camp Höllentor hatte absolvieren müssen.
TS-19 gratulierte mit einem stummen Wink. Es genügte völlig für einen Mann von seiner Art.
Dann wurden die speziellen Anweisungen und Befehle gegeben, die nur für uns und zwei andere Leute bestimmt waren, die sich schon seit einer Woche auf der Rückseite des Mondes aufhielten.
Ich möchte die Anweisungen an dieser Stelle übergehen. Es wäre zu weitschweifig und umfassend, jede Einzelheit zu erwähnen. Der Alte sagte kein Wort zuviel, und doch benötigte er bald zwei Stunden. Das, was er als abschließende Ergänzung zum Einsatzbefehl ansah, genügte vollkommen, um einem normalen Menschen den letzten Rest der Fassung zu rauben.
»Sie heißen von heute an Jesket Tabun, Doktor der Ingenieurwissenschaften, Fachgebiet stationäre und bewegliche Kraftstationen auf atomarer Basis. Klar?«
»Jawohl, Sir«, sagte ich deprimiert.
Deshalb hatte man mich so hart ausbilden lassen. Ich hatte Endergebnisse über das fast vollendete Projekt eines Atomkraftwerkes erhalten, das wenigstens ein Jahr lang als Versuchsstation laufen sollte. Es war die erste Anlage der Welt, die auf der Basis einer hochaktiven Kernverschmelzungs-Katalyse lief. Sie war auf kostspielige Kernspaltstoffe nicht mehr angewiesen, sondern arbeitete vorläufig noch mit Deuterium, dem schweren Wasserstoff. Großversuche mit dem künstlich gewinnbaren radioaktiven Isotop des Wasserstoffs, dem Tritium, waren bereits angelaufen.
Als Katalysator diente das inzwischen weiterentwickelte Element 120, dem man die Bezeichnung ›Holwynium‹ gegeben hatte. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie wir vor etwa einem Jahr fieberhaft nach dem Verwendungszweck des Transurans gesucht hatten. Erst jetzt war es soweit, daß man es im Großversuch praktisch erproben konnte.
»Ihre Kenntnisse über unsere geheimsten Neuentwicklungen werden Sie in ausreichender Form befähigen, Experten die richtigen Antworten zu geben. Sie waren als Chefingenieur in der geheimen Versuchsanstalt von Blue-Springs, Colorado, beschäftigt. Unkorrekte Manipulationen führten zu Ihrer Verurteilung. Sie haben zwanzig Jahre Zwangsarbeit in den Mond-Uranminen erhalten. Sämtliche Unterlagen sind vorbereitet. In Luna-Port sind Sie bereits als Sträfling-Neuzugang avisiert. Sämtliche Vorbereitungen wurden getroffen. Es klappt alles reibungslos. Ich habe für eine Kurierrakete gesorgt, die nur zwei Mann als Besatzungsmitglieder hat. Die Leute sind natürlich ahnungslos, da wir auf deren Aussagen angewiesen sind. TS-19 fungiert als
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