Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

glatt.
    Onkel Gerd ruft: »Na, sieh mal einer an. Genau rechtzeitig zum Feierabendbier!«
    Onkel Andy blafft zurück: »Ja, du weißt doch, Gerd, ich komme immer rechtzeitig!« Die Männer lachen laut, obwohl Jannis nicht versteht, was daran jetzt so lustig war.
    Tante Monika zeigt hinter sich den Weg hinab: »Sagt mal, kann es sein, dass wir auf dem Hinweg den Friedhelm gesehen haben? Es sah aus, als ob er mit einem großen Rechen das Laub aus den Wäldern der Umgebung rausharkt.«
    Onkel Uwe bückt sich zu den Bierkästen und reicht den Neuankömmlingen jeweils eine Flasche. »Rein in den Kopf mit dem guten Saft. Es war für uns alle ein harter Tag.« Er hält die Flaschen unruhig, sodass sie vor Andy, Gerd und Monika hin- und herhuschen, als spiele Onkel Uwe ein »Schnapp sie dir!«-Spiel. Währenddessen schaut er mit kleinen roten Augen zu Jannis, seinem Papa und dem Kai unter den Bauleuchten, als sei er irgendwie böse auf sie.
    Merke ➙ Der Egoismus der fleißigen Menschen besteht darin, gnadenlos mit der Arbeit fortzufahren, obwohl sie wissen, dass ihre Betriebsamkeit bei der Mehrheit der Anwesenden unnötig belastende Schuldgefühle erzeugt.
    Um 22 Uhr sind Jannis, der Papa und der Kai endgültig fertig. Alles in allem haben sie seit heute Morgen ganze fünfzehn Stunden gearbeitet. Tante Carina und ihre Freundin Silke spülen hinter dem hell erleuchteten Küchenfenster Geschirr und Gläser. Alle anderen sitzen in der Garage um den Klapptisch herum auf den Bierbänken, lachen, feiern und genießen das Leben.
    »Diese Fachleute«, lallt Onkel Uwe, hebt seine Arme und lässt sie nach vorne schnellen, sodass die Zeigefinger jeweils auf Jannis’ Papa und den Kai fallen, die sich erschöpft auf den Tisch zubewegen, »ich sag dir, Andy, diese Fachleute lassen einen überhaupt nicht ran.« Onkel Uwe klappt die Arme wieder ein, fuchtelt damit über dem Kopf herum und tut so, als hätte Jannis’ Papa heute gesagt: »Nein, lasst, lasst, wir machen das schon! Wir wissen, wie das gemacht werden muss.« Beim Wort »muss« fliegen Onkel Uwe ein paar Bröckchen aus dem Gesicht, und er fällt rückwärts von der Bierbank. Jannis, sein Papa und der Kai setzen sich hin, in der Hoffnung, noch etwas zu essen und zu trinken zu kriegen. Doch auf dem Tisch liegt lediglich das letzte trockene Brötchen. Es hat ein Loch, da eine Katze sich ein Stück herausgebissen hat. Das Bier in den Kästen ist ebenfalls alle. In einer 1,5-Liter-Einwegflasche steht ein schaler Rest Cola-Orange. Vom dunklen Boden hinter der Bank streckt sich ein letztes Mal Onkel Uwes Hand in die Luft. »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben«, jault er.
    Hinterm Küchenfenster erscheint Onkel Gerd genau hinter Tante Carina und Silke an der Spüle. Er hat sich angeschlichen und irgendwoher noch ein zweites Handy besorgt. Die Frauen zucken zusammen, als die Glucksgeräusche anspringen und Onkel Gerd zwischen den Frauen – mit flatternden Brauen und weit aufgerissenen Augen – aus zwei Telefonen gleichzeitig säuft.
    •Die Baustelle
    Alkoholpegel: ★ ★ ★
    Drama: ★
    Erotik: ★
    Spaß: ★ ★ ★
    Was man erwartet
    Sex. Onkel Gerd hofft, die scharfe Silke mit seiner ebenso witzigen wie verwegenen Biertrink-App erst auf seine Seite und dann in den Stall neben dem frisch gepflasterten Paddock ziehen zu können.
    Was tatsächlich passiert
    Suche. Nachdem Opa Friedhelm selbst um 23 Uhr nicht wieder aufgetaucht ist und Oma Karin besorgt von daheim anruft, wo er denn bleibe, bricht die ganze Gesellschaft auf, um die Laubwälder der Umgebung nach dem fanatisch harkenden Pensionär zu durchsuchen. Onkel Gerds taghelle Taschenlampen-App spielt bei dem Suchtrupp eine führende Rolle.
    Was man tun sollte
    Die Baustelle nur aufsuchen, wenn man ein Fachmann, eine Frau oder ein Neunjähriger ist.
    Typischer Song
    »The Lazy Song« von Bruno Mars
    Typisches Getränk
    Virtuelles Bier im Smartphone

Die Klassenfahrt
    Die Klassenfahrt ist das Fest der großen Gefühle. Eine Feier der Liebe und des Exzesses. Ein Versteckspiel vor dem Lehrer und ein Schlüsselwegpunkt des Lebens. Ungünstig ist nur, dass man grundsätzlich so missverstanden wird …
    »Was hast du denn da? Zeig mal her!«
    Justus hat Glück. Gerade noch rechtzeitig kann er das Blatt wegreißen, bevor die Hände, die über die Sitzlehne angeschossen kommen, es ergreifen können. Bekäme Manuel den Liebesbrief an Julia zu fassen, den Justus seit Tagen formuliert, er würde ihn laut im ganzen Bus