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Übersetzt du noch oder verstehst du schon?

Übersetzt du noch oder verstehst du schon?

Titel: Übersetzt du noch oder verstehst du schon? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd M. Samland
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HAPPENZ
    ODER: VERSICHERUNGEN IM WANDEL

    Von Zigaretten zu Versicherungen ist der Weg manchmal gar nicht so weit, denn aus der Zürich-Versicherungs-Gesellschaft AG wird nach der Fusion mit der Finanzdivision der British American Tobacco 1989 die „Zurich Financial Service AG“ (Zurich ohne Umlaut). Also ein Schweizer Unternehmen mit einem englischen Namen. Dazu passt natürlich auch ein englischerClaim – offensichtlich auch, wenn er sich an deutsches (wie auch Schweizer) Publikum wendet: „Because change happenz“ . Das orthografisch falsche „z“ am Ende des letzten Wortes wird in Werbeerzeugnissen von ZURICH bei genauem Hinsehen in einer anderen (leicht geschwungenen) Schrift dargestellt, die an den ersten Buchstaben des ZURICH-Logos erinnert.
    Doch auf diese Verbindung ist keiner der über eintausend Probanden, die dazu befragt wurden, von sich aus gestoßen, obwohl der originale Schriftzug vorgelegt wurde. Insgesamt konnten ihn auch nur zehn Prozent dieser Befragten in etwa übersetzen. Andere versuchten es z. B. mit:
Weil Chancen glücklich machen
Weil man etwas wechseln kann
    Tatsächlich will der Spruch in Anlehnung an die in der englischen Sprache bekannte Redewendung „shit happens“ – „Mist passiert (schon mal)“ – sagen, dass immer etwas Unerwartetes passieren kann (… und es deshalb gut wäre, dagegen versichert zu sein.) Die naheliegendste, direkteste Übersetzung sollte demnach heißen:
Weil sich etwas ändern kann
    Aber das wussten nicht einmal die Repräsentanten der Zurich-Versicherung in Köln, als sie im Frühjahr 2010 von der Stern-TV-Redaktion (RTL) vor laufender Kamera danach gefragt wurden.
    Den englischen Spruch in der unüblichen Schreibweise hat sich die Versicherung sogar als EU-Marke international schützen lassen und versieht ihn dazu auch jeweils mit dem „®“ für „registrierte Marke“. Das macht man gemeinhin, umzu verhindern, dass jemand derartiges geistiges Eigentum kopiert. Aber mal ehrlich, wer würde diesen Spruch schon kopieren wollen?
    ♦ ♦ ♦
    WHERE MONEY LIVES
    ODER: BANKWERBUNG VOR DER BANKENKRISE

    Die Bank, über die hier berichtet wird, gibt es in dieser Form gar nicht mehr. Dennoch sind die Ergebnisse des Claimtests aus dem Jahr 2003 teilweise so skurril, dass sie hier Erwähnung verdienen, zumal sie symptomatisch für die Wirkung von scheinbar einfachem Englisch sind. Es geht um die CITIBANK, deren deutscher Ableger inzwischen an die französische Genossenschaftsbank CRÉDIT MUTUEL verkauft und in TARGO BANK umbenannt wurde. Ursprünglich handelt es sich bei dem Unternehmen übrigens um ein urdeutsches Unternehmen, das bereits 1926 als KUNDENKREDITBANK (KKB) im ostpreußischen Königsberg gegründet wurde.
    Bei der Frage nach der möglichen deutschen Bedeutung des Claims „Where Money Lives“ machte es einen großen Unterschied, ob diese drei Wörter vorgelesen oder schriftlich präsentiert wurden. Bei der vorgelesenen Variante kam es zu den kurioseren Übersetzungen wie:
Wo Manni lebt (nur eine Nennung, die aber nicht verschwiegen werden sollte)
Wer Geld liebt
Das Leben des Geldes
    Aber auch in der schriftlich vorgelegten Form wussten nur 21 Prozent von über eintausend Befragten tatsächlich, was gemeint war, nämlich:
Wo das Geld lebt
    Das war wohlgemerkt vor der großen internationalen Bankenkrise, an der die amerikanische Citibank Group nicht ganz unbeteiligt war. Sonst hätte man wahrscheinlich weniger „auf das Eigenleben von Geld“ hingewiesen, das sich im Zweifelsfall auch schon mal in Luft auflösen kann.
    ♦ ♦ ♦
    ONE GROUP. MULTI UTILITIES.
    ODER: MIT ENERGIE NACH BABYLON

    Der Spruch „One Group. Multi Utilities“ des deutschen Energieversorgers RWE schoss bei der Untersuchung im Jahre 2003 den Vogel ab. Nur etwa acht Prozent der Befragten wussten, was damit gemeint war. Eine zusätzliche Stichprobenbefragung bei Mitarbeitern von RWE vor deren Konzernzentrale – wo dieser Spruch sogar als Außenwerbung zu lesen war – kam zu einem ähnlich niederschmetternden Ergebnis. Häufig wurde als Übersetzungsversuch genannt:
Ohne Gruppe. Multi-Kulti.
Eine Gruppe. Multi-Kulti.
Viele Werkzeuge für eine Gruppe.
Eine Gruppe. Viele Stämme.
    Gemeint war übrigens:
Eine Gruppe. Viele Versorgungsarten.
    Kurz nach dem Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse änderte RWE den Firmenspruch in „Alles aus einer Hand“ , verbunden mit einem Logo, das die Silhouette einer Hand zeigte. Aber auch dieser Claim hielt nicht lange durch.

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