Übersetzt du noch oder verstehst du schon?
wüssten, was YOUTUBE damit meint. Einige zugegebenermaßen extreme Interpretationen, die vom Absender bestimmt nicht gewünscht waren, lauteten beispielsweise:
Mache deinen Brotkasten selbst
Sei dein eigener Brotkasten
Entdecke dich selbst
Füttere dich selbst
Aber weder Selbstfindung noch Brotkästen waren gemeint. Vielmehr heißt der Spruch so viel wie „Sende dich selbst“ bzw. „Strahle dich selbst aus“ (engl. „to broadcast“ = „etwas durch Rundfunk verbreiten“).
Unerwarteterweise gab es auch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antworten älterer und jüngerer Befragter. Entweder man weiß, was „to broadcast“ heißt, oder man weiß es nicht. Mutmaßungen helfen in diesem Fall nicht weiter.
„Broadcasting“ ist ein in der englischen Sprache durchaus verbreiteter Begriff. So steht zum Beispiel BBC für „British Broadcasting Corporation“ oder ABC für „American Broadcasting Company“. In der deutschen Konsumentensprache ist das– zumindest bis zum Zeitpunkt der Untersuchung – noch nicht richtig angekommen. Aber bestimmt gibt es irgendwo auf YOUTUBE auch eine Anleitung zum Brotkastenbau. Bislang landet man bei der Eingabe von „Brotkasten“ in das Suchfeld von YOUTUBE übrigens bei einer gleichnamigen deutschen Hiphop-Band.
Fairerweise muss man erwähnen, dass YOUTUBE trotz der offenkundigen Missverständnisse extrem erfolgreich ist, zumal klassische Werbung für dieses Medium gar keine Rolle spielt. GOOGLE und YOUTUBE sind, ebenso wie FACEBOOK, die klassischen Selbstläufer des sogenannten Web 2.0, die sich durch „Mundpropaganda“ – der Fachmann spricht von viralem Marketing – explosionsartig verbreitet haben.
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STIMULATE YOUR SENSES!
ODER: WIE WERBE-RECYCLING STIMULIEREN KANN
Die LOEWE AG zählt zu den letzten Überlebenden einer einst sehr erfolgreichen deutschen Unterhaltungselektronikindustrie. Stolze Namen wie TELEFUNKEN, GRUNDIG, NORDMENDE und viele andere sind in der Zwischenzeit untergegangen oder existieren nur noch als Namenslizenzgeber. LOEWE hingegen sitzt immer noch in Kronach in Oberfranken und beschäftigt dort ungefähr eintausend Menschen, auch wenn sich das Werk schon seit 1962 nicht mehr in Familienbesitz befindet. Derzeit hält die japanische SHARP-Cooperation ca. 28 Prozent, das Management ca. fünfzehn Prozent der AG, und der Rest befindet sich im Streubesitz. Schon im Jahr 2003 warb der Hersteller teurer Fernsehgeräte in vielen deutschen Medien mit dem Spruch „Stimulate your senses“ .
Die falschen Übersetzungsversuche vieler Konsumenten waren wirklich zum Schmunzeln und reichten von gefährlichen Wendungen wie:
Die Sensen stimulieren
bis hin zu nicht ganz stubenreinen Aufforderungen à la:
Befriedige dich selbst
Etwa ein Drittel (34 Prozent) glaubte zu wissen, was gemeint ist, aber nur ein Viertel (25 Prozent) wusste wirklich, was LOEWE damit ausdrücken wollte, nämlich:
Rege deine Sinne an
Das Erstaunliche ist aber, dass LOEWE sich schnell von diesem Spruch verabschiedete (und zum deutschen Spruch „AUFSEHEN. ERREGEND.“ wechselte), während WRIGLEY’S genau diesen englischen Spruch aufgriff und ihn nun zur Werbung für ein neues hauchdünnes Kaugummi in Deutschland benutzt.
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DESIGN DESIRE
ODER: DIE SEHNSUCHT NACH VERSTEHEN ODER VERSTAND?
Die deutsche Marke BRAUN war einmal bekannt für wegweisendes Design. Der sogenannte „Schneewittchensarg“, eine klar gestaltete Plattenspieler-Radio-Kombination mit Klarsichtdeckel, kam 1959 auf den Markt und inspirierte sogar noch die Apple-Designer dreißig Jahre später. Jetzt gibt es keine BRAUN-Unterhaltungselektronik mehr, sondern nur noch Rasierer, elektrische Zahnbürsten und Ähnliches. DieMarke ist auch nicht mehr deutsch, sondern gehört inzwischen zum amerikanischen Procter & Gamble-Konzern (P&C).
Der Begriff „Design“ kann durchaus als eingedeutschter Anglizismus bezeichnet werden, der den meisten Deutschen bekannt sein dürfte. Umso erstaunlicher, dass bei der 2009 durchgeführten Befragung nur knapp ein Viertel (24 Prozent) den Spruch „Design Desire“ annähernd korrekt übersetzen konnte.
Dabei war anfangs gar nicht eindeutig, was nun als „korrekt“ oder im „Sinne des Absenders“ einzustufen war. Denn wie bei allen Sprüchen, die Gegenstand der Untersuchung waren, fragten die Initiatoren der Studie zunächst beim verantwortlichen Unternehmen an, was dieses als die ideale Übersetzung ansah. Die Auskunft erstaunte in diesem Fall
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