... und dann bist du tot
ist Hagen?«, fragte er zum zweiten Mal.
»Ich sagte Ihnen doch schon, Sir, dass er gegangen ist.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
Ferguson-Kaminsky setzte sich auf einen Stuhl ans Bett. »Hören Sie mir bitte zu, Mr. Schwartz, denn ich habe Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.«
Schwartz schaute ihn zuerst mit einem irren Blick an und kniff dann die Augen zusammen. »Sie wollen mir Metall einsetzen.«
»Ja, ich möchte Ihnen einen Schrittmacher einsetzen ... Erinnern Sie sich, dass ich Ihnen von dem anderen Patienten erzählte, der von einer Gila gebissen wurde? Ich sagte Ihnen, dass es bei ihm zu spät sei, um ihn zu retten.«
»Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an all Ihre Lügen.«
»Es sind keine Lügen. Er ist gestorben, Mr. Schwartz.
Der andere Mann ist gestorben, weil für ihn jede Hilfe zu spät kam, und auch Sie werden sterben, wenn Sie sich nicht helfen lassen.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Was kann ich tun, damit Sie mir glauben, Mr. Schwartz? Möchten Sie den anderen Mann sehen? Werden Sie mir dann glauben?«
Schwartz kniff seine Augen, in denen sich Verachtung und Argwohn spiegelten, noch fester zusammen. »Sie sind alle Lügner«, sagte er.
Ferguson-Kaminsky stand auf. »Ich belüge sie nicht, Mr. Schwartz. Ich wünschte, es wäre so.« Er ging zur Tür, die zum Nachbarzimmer führte, und schloss sie auf. »Kommen Sie herein«, forderte er den Pfleger auf.
Die Tür wurde geöffnet.
Schwartz starrte auf die Tür.
Da stand ein Pfleger in einem grünen Kittel. Hinter ihm war noch etwas zu sehen. Eine Bahre, die mit einem weißen Laken bedeckt war.
»Doktor?« Der Pfleger wartete.
»Bringen Sie ihn bitte herein.«
Die Bahre glitt herein.
»Danke.« Der Pfleger schloss die Tür hinter sich.
»Was ist das?« Schwartz’ Stimme klang verächtlich, aber Ferguson-Kaminsky konnte seine Angst fast spüren.
»Ich würde Ihnen das lieber ersparen«, sagte er freundlich.
»Was?« Schwartz’ pfeifender Atem war zu hören. »Diese Farce?«
Ferguson-Kaminsky ging näher an die Bahre heran und hob das Laken von Chris Webbers fahlem, friedlichem, totem Gesicht.
Schwartz sank wieder aufs Bett. »Das kann wer weiß wer
sein.« Er schnappte wie ein Fisch nach Luft. »In Krankenhäusern sterben ständig Menschen.«
»Schauen Sie sich seine rechte Hand einmal an.« Der Arzt ging näher an Schwartz’ Bett heran, beugte sich hinunter und drückte auf einen Knopf, um das Kopfteil hochzustellen.
»Was tun Sie da?« Schwartz keuchte vor Panik.
»Ich will Ihnen nur erleichtern, etwas zu sehen«, sagte Ferguson-Kaminsky. »Sie wissen, wie der Biss einer Eidechse aussieht. Diese gerillten Zähne hinterlassen ein ziemliches Chaos, nicht wahr?«
»Nein.« Schwartz drehte seinen Kopf weg.
»Ich will Ihnen beweisen, dass ich nicht lüge.«
»Bringen Sie ihn weg.«
»Werfen Sie nur schnell einen Blick auf ihn.« Ferguson-Kaminsky ging zurück zur Bahre, zog das Tuch von Webbers rechter Körperhälfte und hob seine Hand hoch. Die Wunden waren nun vom Blut gesäubert und genäht. Leblos. »Soll ich ihn näher zu Ihnen heranrollen?«
»Nein!«
Schwartz presste seine Augen zusammen. Die kalte Angst packte ihn. Er bekam keine Luft mehr. Sein Herz pochte wie wild in seiner Brust. Bisher hatte er nur einmal eine menschliche Leiche gesehen, und er hatte es nie vergessen. Mutter, die wächsern und kalt gewesen war. Mutter mit ihrem hübsch gelockten Haar und ihren für immer geschlossenen Augen.
»Werfen Sie nun einen Blick auf ihn«, bat Ferguson-Kaminsky noch einmal. »Öffnen Sie die Augen und werfen Sie einen Blick auf ihn. Fassen Sie ihn an, wenn Sie wollen. Dann werden Sie wissen, dass ich Sie nicht anlüge. Für diesen Mann kam jede Hilfe zu spät.«
»Nein!«
Frederick Schwartz verlor die Besinnung.
Joe ging wieder allein in Morrisseys Privatzimmer auf und ab. Von Zeit zu Zeit führten ihn seine Schritte zu seinem Spiegelbild in dem großen Wandspiegel über dem kalten Kamin. Er sah abgespannter und älter aus als vor einer Woche. Sein schmales Gesicht mit der spitzen Nase sah hagerer aus, und das dunkle Haar war vielleicht ein wenig grauer geworden, aber besonders sein grimmiger, erstarrter Mund, zeigte, was er durchgemacht hatte. Kein Wunder, dass Jess ihn jedes Mal so ungläubig ansah, wenn er ihr versicherte, dass er mit den Schwierigkeiten schon fertig werden würde.
Als sich die Tür öffnete, drehte er sich um.
»Nichts zu machen«, sagte Ferguson schnell, als er sein Gesicht sah.
Chris Webber
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