... und dann bist du tot
was ihnen aber nicht gelang. Und sie antwortete immer gleich, obwohl sie eigentlieh gar nicht mehr richtig wusste, wie sie sich fühlte. Die ganze Sache war einfach zu unglaublich, um sie begreifen zu können. Wie sollte sie damit fertig werden? Als sie krank geworden war, hatte sie schreckliche Angst gehabt, ihr Herz könne aufhören zu schlagen. Das Wissen, dass es eine, wenn auch geringe Gefahr gab, es könne tatsächlich kurz davor stehen zu explodieren, war alles in allem zu viel, um darüber nachzudenken.
Lally rief Joe aus Key West an, doch als sie seine Stimme am Telefon hörte, empfand sie nur wenig Trost.
»Denk nicht daran«, hatte er zu ihr gesagt. »Wenn du daran denkst, wirst du verrückt. Fahr nach Miami, nimm die Maschine und komme zu mir, und dann werden wir uns darum kümmern.«
»Warum kann ich nicht hier in ein Krankenhaus gehen?«, hatte sie gefragt, und ihre Stimme war so schwach gewesen, dass sie sie kaum wieder erkannt hatte. »Warum können sie den Schrittmacher nicht hier herausnehmen?«
»Sie sind nicht dafür ausgerüstet, Lally. Du musst nach Chicago kommen. Hier ist schon alles für dich vorbereitet.«
»Ich habe Angst, Joe.«
»Ich weiß.«
»Du nicht?«
»Jetzt nicht mehr.« Seine Stimme klang entschlossen. »Jetzt, da wir dich gefunden haben, habe ich keine Angst mehr. Bald wird es dir wieder gut gehen.«
»Und was ist mit Miami?« Das war ihr letzter Hoffnungsschimmer. »Es gibt große Krankenhäuser hier. Könnte der Schrittmacher nicht hier herausgenommen werden?«
»Nein, Schwesterherz, das geht nicht. Es sind spezielle Geräte erforderlich, die wir hier haben.« Joe verstummte, und Lally spürte, dass er kurz davor stand, die Fassung zu verlieren. Plötzlich hatte Lally großes Mitleid mit ihm.
»Ich liebe dich, Joe«, sagte sie.
»Ich liebe dich auch, Lally.«
Lally spürte nun die gleiche Zuneigung zu diesen beiden ängstlichen, liebevollen Männern, die sich unglaublich bemühten, normal zu erscheinen, während sie um der Sicherheit willen abwechselnd am Steuer saßen, da sie beide hundemüde waren. Während Hugo den Wagen lenkte, saß Chris auf dem Rücksitz neben ihr und hielt ihre Hand. Er sprach zwar wenig, aber die Berührung seiner Hand sagte mehr als Worte. Wenn Chris wieder am Steuer saß und Hugo ihre Hand hielt, war es genauso, obwohl Lally das Gefühl hatte, dass ihn die ganze Sache noch mehr mitnahm als Chris oder sie. Wenn Hugo sie anschaute, erkannte sie jetzt deutlicher als je zuvor die Liebe in seinem Blick. Sie hatte immer gewusst, welche Gefühle er ihr entgegenbrachte, obwohl keiner von ihnen je darüber gesprochen hatte, und vielleicht würden sie es nun nie mehr tun.
Sie betrachtete Chris’ Nacken, während er den Wagen lenkte, und sah auch, dass er sie ständig im Rückspiegel beobachtete. An seinen Gefühlen für sie bestand jetzt kein Zweifel mehr. Dieser Mann, den sie kaum kannte, hatte alles stehen und liegen lassen, hatte seine Frau in einem Krankenhaus zurückgelassen und sogar seine eigene Tochter im Stich gelassen, um sie in ganz Sud-Florida zu suchen, weil sie in Gefahr war. Dieser Gedanke hätte sie sicher glücklich gemacht, wenn ihre Angst nicht so groß gewesen wäre. Aber es war schwer, mit offenen Augen vom Glück zu träumen und sich gleichzeitig schmerzlich bewusst zu sein, dass diese beiden Männer, die sie liebten, behutsam und verhalten sprachen, als fürchteten sie, ein lauter Ton könne das Ding in ihrer Brust derartig erschüttern, dass dadurch die Explosion ausgelöst werden würde.
Das Ding. So hatte sie darüber gedacht, als sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, aber andererseits schien es auch ein seltsamer, aber wohlwollender Fremdkörper zu sein, ein lebensrettendes Ding und kein Mörder.
Sie erreichten den Flughafen in Miami vor Sonnenaufgang. Am Check-in-Schalter der United Airlines fand Chris eine Nachricht vor, dass er Duval unverzüglich in Chicago anru-fen solle.
»Was ist los?«
»Kann Lally uns hören?«, fragte Joe.
»Nein.«
»Sie können nicht fliegen.«
»Was?«
»Sie wollen Lally nicht fliegen lassen.«
»Das müssen sie.«
»Keine Chance.« Joe war knapper angebunden als je zuvor. »Es hat einen weiteren Todesfall in Orlando gegeben. In der Lokalpresse ist ein kurzer Artikel erschienen, obwohl die ganze Sache von den Medien fern gehalten werden sollte. Aber das FBI hat die Presse informiert, und die Typen da unten wissen, dass Sie Lally nach Chicago bringen wollen, und sie sehen
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