und der Herr der Loewen
würde den Mut aufbringen, ihn zu bitten, sie allein zu lassen. Er durchblätterte zwar Papiere, aber es war offensichtlich, daß er zuhörte und das machte sie irgendwie nervös. Als endlich Cyrus' Stimme zu hören war, rief sie glücklich: »Cyrus!«
»Liebes! Welch eine Erleichterung, von dir zu hören! Hast du inzwischen erfahren, welche Sorgen Sammat hat?«
»Nicht so schlimm«, sagte sie leichthin. »Wie geht es dir?«
Er lachte. »Hat ganz den Anschein, daß auch Mrs. Lupacik Seifenopern mag. Wir führen manchmal sehr interessante Gespräche.« Er machte eine Pause. Dann sagte er: »Ich vermute, daß du nicht allein bist.«
Sie seufzte erleichtert. »Wie üblich hast du es bemerkt. Nein, leider nicht.«
»Wie geht es Kadi?«
»Nun«, antwortete sie vorsichtig. »Sie muß noch eine Zeitlang im Krankenhaus bleiben.«
Cyrus' Stimme änderte sich. »Kadi! Was ist passiert?«
»Eine tiefe Schnittwunde. Aber sie darf schon wieder auf ein paar Stunden aufstehen.«
»Ich nehme an, daß es kein Unfall war? Wer hat es getan?«
»Keine Spuren«, antwortete sie ernst. »Es ist im Palastgarten passiert, in der Dunkelheit.«
Mit sanfter Rüge sagte er: »Such das nächste Mal ein Telefon, wo niemand mithört, verdammt. Ich kann mir nur vorstellen, was du nicht sagst! Ich hoffe, hinter dir ist niemand her?«
»Ich habe einige sehr interessante Leute kennengelernt und es geht mir gut, Cyrus. Nur noch fünf Tage, bis du den Gips abbekommst, richtig?«
»Hat der Arzt mir zumindest versprochen«, brummte er. »Ich komme zu euch, sobald ich nur kann.«
»Gut, Cyrus...« Sie unterbrach sich, weil sie bemerkte, daß Joseph sie beobachtete.
»Ja?«
Sie erinnerte sich an Kadis Worte und sagte leise: »Kám kwik kwik, bo«, und legte auf.
Mrs. Pollifax hatte jedoch noch etwas zu erledigen. Sie ging ins Krankenzimmer, um sich zu vergewissern, daß Kadi die Nacht dort verbringen würde und fand Rakia vor, die sie liebevoll bemutterte.
»Sie war zu lange auf den Beinen«, rügte die Krankenschwester.
Mrs. Pollifax hielt es für wahrscheinlicher, daß nicht der Ausflug mit Dr. Merrick zur Farm sie so ermüdet hatte, sondern der mit Sammat und Joseph zum Tresorraum, und die Aufregung dort wegen des offensichtlichen Einbruchs. Doch nach einem Blick auf Kadi schwieg sie.
»Okay, okay, ich gebe zu, daß es guttut, im Bett zu liegen«, gab Kadi lächelnd zu. Als sie sah, daß Dr. Kasonde den Mittelgang zwischen den Betten auf sie zukam, fragte sie: »Aber warum darf ich nicht in mein Zimmer hinauf und mich dort in mein Bett legen?«
Dr. Kasonde nickte Mrs. Pollifax zu, ehe er sich an Kadi wandte: »Sie sind zu sehr wie ein Vogel, Sie könnten davonfliegen. Sie brauchen Ruhe, Mwana! Hier können wir ein Auge auf Sie haben. - Sie sind Mrs. Pollifax?« Er drehte sich zu ihr um.
Als sie ihn unauffällig betrachtete, wurde ihr bewußt, daß er der erste rundliche Ubangibaner war, den sie bishe r gesehen hatte. Er hatte ein volles schwarzes Gesicht, das fröhliche Freundlichkeit ausstrahlte, feste Pausbacken und einen gedrungenen Körper unter einem weißen Kittel.
»Ja, die bin ich.« Sie gab ihm die Hand. »Wie geht es Miss Hopkirk wirklich, Dr. Kasonde?«
»Im Grunde sehr gut«, versicherte er ihr mit einem Lächeln. »Aber man darf nicht vergessen...« Sein Englisch war so ausgeprägt wie Dr. Merricks, so daß sie sich fragte, ob er seine Ausbildung in England genossen hatte. »... daß sie einen starken Schock erlitten hat und ihr Arm mit achtzehn Stichen zusammengeflickt werden mußte. Sie war sehr ungezogen! Sie wußte, daß sie nach der Busfahrt zur Einweihung des Baggers direkt ins Krankenzimmer zurückzukommen hatte. Ihr Körper benötigt Ruhe zum Heilen. Wir möchten doch nicht, daß sich eine Infektion einstellt.«
»Aber wie lange?« jammerte Kadi in ihrem Bett.
Er lächelte sie an. »Wir werden morgen weitersehen. Fühlen Sie sich eingesperrt? Ich werde Ihnen etwas zu lesen bringen: Bücher und ein paar Journale. Anci«, drehte er sich nun zu der Frau im nächsten Bett um. »Was würden Sie sagen, wenn Sie morgen früh heimdürften?«
Die ältere Frau strahlte übers ganze Gesicht.
Mrs. Pollifax folgte Dr. Kasonde zum Stationszimmer. »Dr. Kasonde, Häuptling Sammat ist sehr beschäftigt und hat keine Zeit, mich zu begleiten. Ich würde morgen vormittag gern den Medizinmann Scharma besuchen, weiß jedoch nicht, wo er wohnt. Ist es möglich, mit dem Fahrrad zu ihm zu gelangen? Hat er sein Domizil in
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