und der sizilianische Dieb
Gesichts drapiert hatte. Er trug eine schwarze Seidenhose, eine samtene Hausjacke, ein gemustertes Halstuch und - aber sie bemühte sich, nicht darauf zu blicken - warme Schafpelzhausschuhe.
»Mein Sekretär sagte soeben, Sie wüßten etwas über meinen Gast, Mister Farrell, der offenbar spurlos verschwunden ist?«
Sein Englisch war perfekt. »Ja. Er möchte Ihnen Bescheid geben, daß er leider Ihren Wagen in Erice stehenlassen mußte.«
»Erice!« Vica zog die Brauen hoch. Ausdruckslos fragte er: »Gibt es vielleicht einen Grund, weshalb mein Gast mir das nicht persönlich sagen konnte? Und darf ich fragen, wieso Sie das wissen, wenn doch eigentlich er mir das mitteilen sollte? Wer sind Sie, und wo ist er?«
Er bot ihr keinen Platz an, und Mrs. Pollifax war nicht daran interessiert, ihren Besuch unter diesen Umständen auszudehnen.
Sie sagte knapp: »Er betrat vor drei Tagen im Dunkeln ein bestimmtes Haus - er sagte, Sie würden verstehen, was er meint - und mußte feststellen, daß sich dort zwei Männer befanden, die auf ihn schossen. Es gelang ihm, zu entkommen, doch wurde er verfolgt. Da er sich in diesem Land nicht auskennt, verirrte er sich nach Erice, wo er sich zwei Tage verstecken mußte. Wo er sich jetzt befindet, möchte er lieber für sich behalten. Er hat das Gefühl, daß das Ganze, wie er es nannte, ein abgekartetes Spiel war.«
»Entschuldigen Sie«, sagte Vica, »was ist ein abgekartetes Spiel?«
Sie dachte, er weiß es ganz genau, und erkundigte sich lächelnd, ob ihm das Wort ›Fal e‹
geläufiger sei. Vica musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Da Sie offenbar Farrells Vertrauen genießen, wissen Sie vielleicht auch, ob das bedeutet, daß der Auftrag, mit dem ich ihn betreute, nicht von Erfolg gekrönt war?«
Sie hielt es für klüger, nicht zu erwähnen, daß Farrell einiges aus dem Safe hatte mitnehmen können, das sie jedoch noch nicht enträtselt hatten. »Man ließ ihm keine Zeit. Er mußte sein Unternehmen abbrechen.«
»Wie ärgerlich«, murmelte Vica. »Trotzdem«, er zuckte die Schultern, »da der Auftrag nicht durchgeführt wurde, kann es keine Anschuldigungen, keine Komplikationen und keinen Verdacht geben. Amüsant, ich bin kein Stück weitergekommen!« Er seufzte. »Zu schade, daß er nicht wenigstens irgend etwas mitnehmen konnte - ja, wirklich sehr schade!«
»Mister Vica«, sagte sie eisig, »auf Ihren Gast, Mister Farrell, wurde geschossen und er wurde verletzt. Das scheint Sie offenbar absolut nicht zu berühren. Er arbeitete doch für Sie, oder nicht?«
»Ja. Aber wie ärgerlich, daß er mir nicht so weit traut, es mir selbst zu erzählen... Natürlich, unter diesen Umständen...« Er blickte nachdenklich vor sich hin, dann seufzte er wieder.
»Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Bitte richten Sie Mister Farrell aus, er möge sich mit mir in Verbindung setzen, sobald er wiederhergestellt ist.« Er zog eine Braue hoch.
»Sie wollen schon gehen?«
»Ich bin es leid zu stehen!«
»Ah - ich verstehe. Aber es ist noch sehr früh«, sagte er, »und Sie haben mich beim Frühstück gestört, das kalt wird. Sie haben mir Ihren Namen nicht genannt.«
Sie lächelte ihn an. »Nein.« Sie ging und überließ Mr. Vica seinem Frühstück.
»Und?« fragte Kate, als sie in den Wagen stieg.
»Ich sah einen Cezanne, einen herrlichen Modigliani, einen Matisse und einen Braque, und ich habe Ambrose Vica kennengelernt.«
»Großartig! Und?«
»Er bemühte sich, mich nicht zu fragen, wo Farrell jetzt ist, also glaube ich, können wir damit rechnen, daß wir beschattet werden. Er findet es ›ärgerlich‹ , daß ihm Farrell nicht so weit traut, daß er zu ihm zurückgekommen ist. Und er tat, als kenne er den Ausdruck abgekartetes Spiel‹ nicht.«
Kate nickte. »Durchtriebener Bursche. Wie sieht er aus?«
»Nach ein wenig mehr als einem kleinen Gauner, aber nicht nach einem richtigen Gangster.
Er ist aalglatt, ohne Zweifel auch skrupellos und außerordentlich reich.«
»Klingt nach einem Erzschurken«, sagte Kate, während sie wegfuhren. »Wenn dieser Mister Raphael, bei dem Farrell für ihn einbrechen sollte, sein Feind ist, sollten wir ihn auch unter die Lupe nehmen, was meinen Sie? Natürlich weiß nur Farrell, wo dieser Raphael wohnt, aber...« Sie unterbrach sich und fragte abrupt: »Was glauben Sie, wie groß ist der Schlamassel, in dem Farrell steckt? Sagen wir auf einer Skala von eins bis zehn?«
Mrs. Pollifax überlegte. Bedächtig sagte sie:
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