und der sizilianische Dieb
nicht von der Stelle.
»Sie vergessen doch Aristoteles nicht, oder?«
Er riß den Blick von dem Gemälde und starrte sie an.
»Aristoteles? Aristoteles?« Mit sichtlicher Anstrengung kehrte er in die Realität zurück.
»Verzeihung! Aber Sie haben das Gemälde gesehen, nicht wahr? Ich habe es mir nicht eingebildet, richtig? Das ist sehr wichtig!«
»Ich habe es gesehen«, versicherte sie ihm ernst. Er nickte.
»Und Herzogin, wir zwei müssen versuchen, von Kate mehr über Francas Großvater zu erfahren!«
»Ich verspreche es.« Mrs. Pollifax faßte ihn am Arm und zog ihn vom Gemälde weg und aus dem Zimmer, dann verschloß sie leise die Tür hinter ihnen.
6
In Langley in Virginia war Carstairs mit unzähligen Konferenzen in den oberen Etagen beschäftigt gewesen, um einer Flut unerwarteter und fast gleichzeitig eintretender Auslandskrisen zu begegnen. So war er absolut nicht darauf vorbereitet, als Bishop am Dienstag in sein Büro kam und ihm mitteilte, daß Henry Guise auf Apparat drei wartete, und Carstairs sich unbedingt anhören mußte, was er zu sagen hatte.
Carstairs blickte ihn verwirrt an and fragte: »Und wer bitte ist Henry Guise?«
»Henry«, erklärte Bishop geduldig, »ist der Agent, der sich am Sonntag mit Orders, Mrs.
Pollifax in Sizilien ständig im Auge zu behalten, am Flugsteig dreiunddreißig gemeldet hat.«
»O Gott, ja«, murmelte Carstairs müde. »Sie wollen doch nicht...«
»Die Umstände scheinen ziemlich bizarr zu sein«, unterbrach ihn Bishop. »Deshalb dachte ich, Sie sollen sich seine Meldung selbst anhören.«
Carstairs drückte auf Leitung 3 und hob den Hörer ab. »Hier Carstairs. Was ist passiert, Guise?«
Am anderen Ende sagte eine verärgerte Stimme: »Was passiert ist? Gott und die Welt war hinter dieser Pollifax-Lady her. Niemand hat mir gesagt, daß sie so populär ist.«
»Populär?« wiederholte Carstairs verständnislos.
»Allerdings. Sie hat sich mit dieser Rossiter getroffen, da nach folgte ich den beiden zu einem Ort namens Erice ganz oben auf einem Berg. Dort trafen sie sich mit einem hinkenden Mann mit einem Hut, der sein Gesicht versteckte und schmuddelig gekleidet war.
Nach etwa eine halben Stunde verließen sie Erice in einem roten Fiat -und wurden zu meiner Überraschung von einem Wagen verfolgt.«
»Woher wissen Sie, daß er sie verfolgte?«
»Sie rasten mit über hundert Sachen eine kurvige Bergstraße hinunter. Da drängt sich einem der Gedanke unwillkürlich auf.
Kaum waren wir unten, hängte sich noch ein Wagen hinten an.«
Carstairs fragte geduldig: »Und woher wissen Sie, daß auch dieser zweite Wagen sie verfolgte?«
»Weil dieses Mädchen hinter dem Lenkrad - die Rossiter - so schlau war, von der Schnellstraße abzubiegen, entweder, um sie abzuhängen, oder um festzustellen, wer die Verfolger waren.
Beide Wagen bogen hinter ihr ab und glaubten sie in der Falle zu haben. Ich folgte ebenfalls. Das Mädchen erkannte die Lage, wendete abrupt, um zur Schnellstraße zurückzukehren, und streifte dabei meinen Wagen an der Seite. So heftig ist sie gegen den Kotflügel gekracht, daß er den Reifen aufriß. Die anderen folgten ihr, ich aber saß fest.«
»Sie haben sie aus den Augen verloren?« Alle Müdigkeit schwand plötzlich aus Carstairs Ton. Scharf fragte er: »Also, wer waren diese Verfolger? Konnten Sie ihre Gesichter sehen?
Können Sie sie beschreiben?«
»Ich habe nur die Männer im grünen, dem vorderen Wagen gesehen. Zwei Burschen in schwarzen Shirts, harte Typen, ziemlich jung. Sahen nicht zimperlich aus. Haben mir gar nicht gefallen.«
»Und Mrs. Pollifax...« Er beendete den Satz nicht, er fragte sich, in was Farrell sich da hineingeritten hatte, und was ihm und Mrs. Pollifax und Kate Rossiter widerfahren war, nachdem Guise sie aus den Augen verloren hatte. »Ich habe vergebens in allen Hotels in Palermo nach ihnen gefragt«, fuhr Guise fort. »In die Richtung sind sie zumindest gefahren.
Ich kann auch genug Italienisch, um die Todesanzeigen zu lesen. Da war auch nichts.«
Todesanzeigen, dachte Carstairs. So sehr ihn dieses Wort auch erschreckt hatte, löste es doch irgend etwas aus, was er vergessen hatte. Streng befahl er: »Finden Sie sie, Guise!
Einen Tip kann ich Ihnen geben, mehr haben wir nicht. Notieren Sie sich den Namen Ambrose Vica. Er ist ein reicher Sammler, der zur Zeit in seiner Villa in Sizilien lebt. Wo sie genau liegt, weiß ich nicht...«
»Bei Palermo«, unterbrach ihn Bishop.
»Richtig - bei Palermo.
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