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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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hatten sich schwere Gewitterwolken über dem Meer zusammengeballt. Kein Regentropfen fiel, aber der Himmel war dunkel und drohend. Es war so abrupt kühler geworden, dass Emma rasch vom Balkon wieder ins Zimmer trat. Obwohl es beinahe Zeit zum Abendessen war, streckte sie sich noch ein wenig auf dem Bett aus. Sie fühlte sich erschöpft.
    Sie hatte in der vergangenen Nacht kaum geschlafen und den größten Teil des Tages schwer gearbeitet. Sie war viel zu müde, um über ihr Gespräch mit Syd nachzudenken oder sich durch Crowleys Reini-gungstruppen zum Speisezimmer durchzukämpfen; und außerdem war sie nicht hungrig. Sie wollte nur die Augen schließen.
    Emma schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie tastete auf dem Nachttisch nach ihrer Brille, ehe ihr bewusst wurde, dass sie diese gar nicht abgenommen hatte. Sie war noch immer im Bademantel. Mit einem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es fast Mitternacht war. Gähnend sah sie sich im Zimmer um, wobei sie sich fragte, wovon sie aufgewacht war. Hatte es gedonnert? Sie ging auf den Balkon und sah, dass das Gewitter immer noch ausstand, obwohl es stürmte und draußen über der See Blitze aufleuchteten. Emma graute bei dem Gedanken, wie die Gartenräume in der Burg am nächsten Tag aussehen würden. Dann drehte sie sich um, weil jemand an ihre Tür geklopft hatte.
    Sie zuckte zusammen und kam wieder ins Zimmer zurück. Sie hätte ihr Licht nicht anlassen sollen. Wahrscheinlich war es Mattie, die sehen wollte, ob sie noch etwas wünsche. Mit bedauerndem Lächeln öffnete sie die Tür.
    Im Flur war niemand. Emma blinzelte in die Dunkelheit jenseits des Lichtscheins, der aus ihrem Zimmer drang, aber sie konnte niemanden ausmachen. Verwirrt schloss sie die Tür.
    Wieder hörte sie es klopfen. Es schien aus ihrem Ankleidezimmer zu kommen. Eine Gänsehaut überlief sie, doch dann nahm sie rasch Crowleys Taschenlampe in die Hand. Sie war solide und ziemlich schwer. Leise schlich sie sich zum Ankleidezimmer, riss die Tür auf und sprang, mit der Taschenlampe ausholend, zurück.
    Nichts. Emma steckte den Kopf in den Raum, doch dann schrie sie erschreckt auf, als es dicht neben ihr wieder klopfte. Es schien aus ihrem Kleiderschrank zu kommen. Vorsichtig öffnete sie die Schranktür.
    »Derek?«, rief sie leise. »Sind Sie das?«
    Eine gedämpfte Stimme kam durch die Rückwand des Schrankes. »Wer sonst? Ich bin froh, dass ich wenigstens an der richtigen Adresse bin. Könnten Sie mich wohl reinlassen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Emma. »Sie befinden sich hinter einem Kleiderschrank, der bestimmt ein paar Zentner wiegt.«
    Ein enttäuschtes Stöhnen hinter der Wand war die Antwort.

    »Moment mal«, sagte Emma, »lassen Sie mich mal sehen.« Ohne weiter nachzudenken, warf sie alle Kleider auf den Boden, dann knipste sie die Taschenlampe an und prüfte die Rückwand des Schrankes. »Ich sehe keine Scharniere, aber in der Mitte der Rückwand läuft eine Reihe von Holz-pflöcken von oben nach unten. Vielleicht kann man sie …« Sie kletterte in den Schrank und zog am obersten Pflock. Er ließ sich herausziehen, genau wie alle anderen. Sie kletterte wieder aus dem Schrank und rief leise: »Jetzt versuchen Sie, ob Sie die rechte Hälfte der Rückwand zur Seite schieben können.«
    Die Holztafel knackte und quietschte etwas, doch dann fing sie an, sich langsam zu bewegen, wobei eine Seite sich über die andere schob. Kühle, muffige Luft drang aus der Dunkelheit ins Zimmer, dann tauchte Derek auf, in der Hand eine Taschenlampe, das Gesicht staubig und das Haar voller Spinnwe-ben.
    Emma zog den Bademantel fester um sich und versuchte, keine Bewegung zu zeigen. Als Derek sie sah, entschuldigte er sich wiederholt, so als ob sein Leben davon abhinge.
    »Emma, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid es mir tut, dass ich Ihnen nicht gesagt habe, was ich hier mache. Ich hätte schon früher vorbeikommen sollen, und ich wollte es auch, aber ich war die letzten paar Tage so eingespannt, dass ich völlig die Zeit vergessen habe. Ich weiß, dass es eine miserable Entschuldigung ist, und deshalb kann ich nur hoffen, dass Sie mir verzeihen, und versprechen, dass es nie wieder vorkommen wird.« Er unterbrach sich, um Luft zu holen, dann nieste er drei-mal, wischte sich die Nase an seinem schmutzigen Ärmel ab, nieste abermals, sah sie flehend an und fügte hinzu: »Was sagen Sie dazu?«
    Emma war etwas beunruhigt, als sie feststellte, wie froh Dereks Entschuldigung sie machte, die offenbar aus

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