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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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förmlich, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht. In den vergangenen zwanzig Wochen habe ich zwar viel über Ellen nachgedacht, aber mit ihrer Exit-Strategie habe ich mich bislang nicht auseinandergesetzt. Ich meine, ich kann nicht einmal große Tampons verwenden. Und ein Baby, selbst ein Goldschatz wie Ellen, ist doch um ein Vielfaches größer als ein Tampon.
    »Sind Sie wegen der Ultraschalluntersuchung hier? «, erkundigt sich die Frau ungezwungen.

    »Äh … ja.«
    »Ah. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Mal vor zehn Jahren.«
    »Ach, das ist gar nicht Ihr erstes Baby?« Ich hatte mich mit dem Gedanken getröstet, dass es sich um ihre erste Schwangerschaft handelt, die ja bekanntlich die schmerzhafteste ist.
    »Nein, nein, das ist bereits Nummer vier. Aber ich muss sagen, beim ersten war es mit Abstand am Schlimmsten.«
    Ich versuche zu schlucken, aber es fühlt sich so an, als würde in meinem Hals ein Klumpen harter Zement feststecken.
    »Hoffentlich haben Sie wie ich eine hohe Schmerzgrenze«, fährt sie fort, ohne zu ahnen, welche Ängste sie in mir geschürt hat. Sie winkt mir zum Abschied zu. »Wiedersehen, und viel Glück.« Das »Sie werden es brauchen« spart sie sich, aber ich höre es trotzdem. Dann setzt sie ihren qualvollen Weg zu den Schwingtüren am anderen Ende des Korridors fort, wobei sie noch einmal stehen bleibt, um sich vor Schmerz zu krümmen.
    Mein Handy vibriert, und ich gehe ran, ohne auf das Display zu sehen. Ich brauche Ablenkung.
    »Hallo?«
    »Morgen, Scarlett!« Es ist Bryan. »Ich wollte nur mal hören, wie es dir geht und dir alles Gute wünschen.«
    »Alles bestens so weit. Ich warte gerade auf die Ultraschalluntersuchung. Ich war schon etwas eher da.«
    »Warum überrascht mich das nicht?«
    »Wie läuft es denn bei euch so?«, erkundige ich mich, damit er weiterredet und mich die Dehnbarkeit der Zeit und die Enge meines Geburtskanals eine Weile vergessen lässt.
    »Also …« Er klingt, als wüsste er nicht recht, wo er anfangen soll. »Hier schlafen alle noch, und das, obwohl ich
eine riesige Glocke gekauft habe, die ich jeden Morgen ab acht läuten lasse.«
    »Red auch?«, frage ich unwillkürlich.
    »Der verschläft sowieso jeden Tag, was ich ehrlich gesagt reichlich dreist finde. Immerhin ist er nicht nur der Drehbuchautor, sondern auch Regisseur, ausführender Produzent und nicht zuletzt Hauptdarsteller.«
    »Er liegt also noch im Bett?« Enttäuschung ist ein Gefühl, das ich eher selten empfinde, weil ich es mir nicht erlaube, allzu viel von meinen Mitmenschen zu erwarten, aber jetzt bin ich enttäuscht.
    »Ich habe ihn heute jedenfalls noch nicht gesehen«, sagt Bryan. »Aber das ist beileibe nicht das Schlimmste.«
    »Was dann?«
    »Maureen und Hugo.« Ich höre, wie er eine von Schuppenflechte befallene Hautstelle kratzt.
    »Hör auf zu kratzen«, ermahne ich ihn wie so oft. »Was haben die beiden denn ausgefressen?«
    »Also erst haben sie ständig um Declans Aufmerksamkeit gebuhlt und sich deswegen in die Haare gekriegt …«
    »Und dann?«
    »Naja, es gab einen kleinen Zwischenfall, bei dem eine gewisse Ziege eine gewisse Zahnprothese verspeist hat …« Er legt eine Kunstpause ein. Meine Eltern haben offenbar auf ihn abgefärbt. »Seither ignorieren sie einander, und ständig heißt es: ›Bryan, könntest du deiner Tante sagen, sie soll mir die Worcestershire-Sauce reichen?‹ oder ›Bryan, sag dem Agenten deines Onkels doch bitte, er soll dieses ekelhafte Zungenschnalzen bleiben lassen‹.«
    Zu Maureens Verteidigung muss gesagt werden, dass Hugo seine Sätze tatsächlich mit Zungenschnalzern spickt, wenn er müde ist. Es klingt ein bisschen wie Grillenzirpen.
    Bryan hätte die Situation vielleicht noch retten können,
wäre es nicht um Maureens künstliches Gebiss gegangen, dessen Existenz sie, obwohl sie es bereits seit fünf Jahren hat, so vehement leugnet wie ein Anhänger der Schöpfungsgeschichte die Evolutionstheorie.
    »Aber auch das ist noch nicht das Schlimmste.«
    »Das muss das Schlimmste sein«, sage ich, freue mich jedoch insgeheim wie eine Schneekönigin, dass er noch mehr Horrorstorys auf Lager hat. Meinen Berechnungen zufolge telefonieren wir schon mindestens zwei Minuten und dreizehn Sekunden.
    »Tja, wie du weißt, ist Cora nicht gut auf Red zu sprechen, und sie schreit in einer Tour ›Cut!‹, und dann schreit er, es sei seine Aufgabe, ›Cut!‹ zu sagen, und dann stürmt sie von dannen und verbarrikadiert sich in dem Haus, in

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