Und plotzlich ist es Gluck
ein Drückeberger ich bin.« Das ist wahr, aber ich bin froh, dass er es ausgesprochen hat und es mir nicht übelnimmt.
»Du wirst mich gleich umarmen, stimmt’s?«, frage ich, doch statt wie üblich »Untersteh dich!« zu zetern, mache ich einen Schritt auf ihn zu und drücke ihn an mich, so fest ich kann, was sich wegen Ellen inzwischen einigermaßen schwierig gestaltet.
»Und«, sagt er, als ich mich von ihm löse, »welche Klienten wirst du uns abwerben?« Er reibt sich die Hände und grinst über das ganze Gesicht wie eine Cheshire-Katze. Wenn er aufgeregt ist, neigt er zu theatralischem Verhalten.
»Gar keine!«, erwidere ich entrüstet. »Aber was kann ich dafür, wenn mich Chiara Marzoni gebeten hat, ihre Hochzeit zu organisieren, die nächsten Sommer stattfinden soll?«
»Chiara? Ist das Sofias Cousine?«
»Ihre Großcousine väterlicherseits«, sage ich. »Und sie hat sechs Schwestern, die allesamt im heiratsfähigen Alter und schon mindestens ein halbes Jahr in festen Händen sind.«
»Wow, du reißt dir die Marzonis unter den Nagel? Das wird ein Spaß.« Elliot vollführt einen kleinen Jig mit den Füßen, erstarrt jedoch sofort, als Blue – dem Tänze aller Art, insbesondere der Jig, verhasst sind – den Kopf hebt.
»Da werden garantiert die Fetzen fliegen«, prophezeit Filly, die inzwischen wieder lächeln kann.
»Ich will gar nicht, dass die Fetzen fliegen«, sage ich. »Ich habe Simon in meine Pläne eingeweiht. Ich will keine Geheimniskrämereien. Ich muss mir meine guten Verbindungen zu Extraordinary Events International erhalten.«
»Wie hat Simon reagiert?«, fragen Filly und Elliot wie aus einem Munde.
»Er war stinksauer«, räume ich ein. »Aber ihr kennt ihn ja. Er wird darüber hinwegkommen.«
Sie mustern mich mit einer Mischung aus Zweifel und Mitleid.
»Okay, es wird wohl noch eine ganze Weile dauern«, füge ich hinzu.
»Tja«, sagt Elliot schließlich. »Eigentlich ist es ja höchste Zeit. Ich weiß gar nicht, warum du dich nicht schon längst selbstständig gemacht hast.«
»Ich hatte Angst. Es war mir zu riskant.«
»Und jetzt?«, will Filly wissen.
»Jetzt?« Ich überlege. »Jetzt habe ich einen grauenhaften Heißhunger auf grüne Oliven.«
»Aber … du magst doch gar keine grünen Oliven.«
»Stimmt – deshalb ist es ja auch ein grauenhafter Heißhunger. «
»Da weiß ich das perfekte Restaurant«, ruft Elliot, der ein wandelnder Schlemmer-Atlas ist. »Es heißt The Olive Branch und wurde erst vorige Woche eröffnet, deshalb habe ich noch nicht allzu viel darüber gehört, aber …« – er legt eine Pause ein, um sicherzugehen, dass er unsere ungeteilte Aufmerksamkeit hat – »angeblich enthalten dort sämtliche Gerichte Oliven. Es gibt sogar Oliveneis.«
Bei seinen Worten läuft mir das Wasser im Mund zusammen, obwohl ich mir gar nicht vorstellen kann, wie Oliveneis überhaupt schmecken soll.
»Keine Sorge, sie haben auch Schokoladeneis«, sagt Elliot, als Filly das Gesicht verzieht, und tätschelt ihren Arm. »Los, kommt mit. Ich lade euch zum Mittagessen ein.«
»Nein, ich lade euch ein«, widerspreche ich. »Ich bin doch hier diejenige mit dem Heißhunger und der großen Neuigkeit.«
Elliot rennt trotzdem aus meinem Büro, um seine Brieftasche zu holen.
»Bist du sicher, was die Paartherapie mit John angeht?«, fragt Filly, sobald er außer Hörweite ist. »Und Red Butler … Ich meine … neulich auf Clemantine Castle … ich weiß auch nicht … da hatte ich das Gefühl, dass du und Red … nachdem er Blue gefunden hatte …«
»Ich war ein bisschen emotional«, gebe ich zu und spüre, wie ich rot anlaufe. »Aber inzwischen habe ich mich wieder beruhigt. Es ist an der Zeit, dass wir uns auf die vor uns liegende Aufgabe konzentrieren, die da lautet: Sofia Marzoni und Red Butler vor den Traualtar zu bringen. Okay?«
»Ein Kinderspiel«, sagt Filly mit der ihr eigenen positiven Einstellung, doch sie mustert mich etwas zu prüfend für meinen Geschmack. Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her und weiche ihrem Blick aus. Ich habe Red im Geiste
in eine Kiste mit der Aufschrift »Tabu!« gesperrt, in der sich nur ein einziger weiterer verbotener Gedanke befindet, nämlich der an einen gewissen Mathematiklehrer mit Grübchen in den Wangen und Haaren, die gerade lang genug waren, um als »cool« zu gelten, aber nicht so lange, dass man damit bei Schwester Eithne, der Äbtissin, Anstoß erregt hätte. Ich habe diese Kiste zugenagelt und mit Klebeband
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