Und plotzlich ist es Gluck
kalten Boden sinken, schließe die Augen und schmiege die Stirn an die Wand. Ich denke an das Baby, das ich verloren habe. Denke daran, wie er (ich bin überzeugt, dass es ein Junge war) mir am Flughafen in blutigen Klümpchen über die Schenkel gelaufen ist. Ich hatte eine Abtreibung geplant, doch jetzt, da er weg ist, schmerzt mich der Verlust wie ein Messerstich. Ich denke auch an das andere Baby, das der Arzt eine Kämpfernatur genannt hat. Ellen. Ich sitze im Dunkeln auf dem Boden, die Hände auf dem Bauch, und flüstere ihren Namen wie ein Gebet.
Es ist Bryan, der schließlich nach mir sieht. Ich kauere noch immer auf dem Boden, als er die Tür öffnet, und er kniet sich neben mich und ergreift eine meiner Hände.
»Es wird alles gut«, murmelt er.
»Ich weiß nicht einmal, wer der Vater ist.«
»Das kann man doch mit einem Test feststellen lassen …«
»Ich werde eine alleinerziehende Mutter sein.«
»Ja, aber denk doch nur mal an all die Vorteile, die man
als alleinerziehende Mutter genießt – Kindergeldzuschlag, Mietzuschuss, Butter-Gutscheine und so weiter und so fort.« Bryan grinst mich aufmunternd an, doch ich bin noch nicht bereit, mich aufmuntern zu lassen.
Ich schnaube. »Als Single-Mutter kriegt man keine Gratisbutter. «
»Aber klar doch. Und man bezahlt keine Miete. Das hört man doch immer, dass alleinerziehende Mütter mietfrei wohnen. «
Jetzt muss ich auch grinsen. »Warum habe ich mich eigentlich nicht schon vor Jahren schwängern lassen?«, sage ich. Das Grinsen fühlt sich gut an. Es fühlt sich echt an.
»Los, komm.« Bryan rappelt sich auf und zieht mich hoch. »Wie geht es dir? «
Ich überlege. »Ich habe Hunger«, stelle ich überrascht fest.
»Okey-dokey!« Er ist der einzige Mann, den ich kenne, der das sagt. Er ruft aber auch gerne »Hoppala«.
»Was möchtest du essen?«
»Ein Steak.« Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. »Ein richtig großes Steak, das rechts und links über den Tellerrand hinausragt. Innen rosarot und außen mit einer schönen braunen Kruste.«
»Aber du isst doch gar kein Fleisch«, wirft Bryan verwirrt ein.
»Ich weiß.« Ich nage an meiner Unterlippe und zwinge mich, an ein Kälbchen zu denken, ein süßes kleines Kälbchen mit glänzendem schwarzen Fell, einer Glocke um den Hals und einer zuckenden, feuchten rosaroten Nase.
»Okay, dann nehme ich einen Burger. Einen richtig fetten Hamburger mit Käse. Und einen Schokoladenmilchshake. « Ich kann kaum noch reden, weil mir bei der Vorstellung förmlich der Speichel aus dem Mund tropft. Ich
schlucke. Bryan mustert mich, als hätte er eine Wildfremde vor sich.
»In diesen Burgern ist doch kaum Fleisch drin«, greine ich.
»Leg dich ins Bett, ich bringe dir gleich etwas, ja?« Er betritt die Küche.
Ich lasse mich auf einen Hocker vor der Küchentür plumpsen, um mich etwas auszuruhen, ehe ich den Weg nach oben antrete, und beobachte ihn.
Zum Glück haben wir kein Gramm Fleisch im Haus.
»Du kannst doch unmöglich um diese Zeit Hunger haben«, kreischt Maureen, als Bryan den Kühlschrank öffnet und feststellt, dass darin gähnende Leere herrscht. Kein Wunder, Phyllis ist noch nicht zurückgekommen. Ich sehe Maureen, die auf ihrem Lieblingssessel thront, eine Hand matt an die Stirn gelegt, mit der anderen hält sie sich noch immer das Riechsalz unter die Nase, als wäre das die einzige Möglichkeit, Gevatter Tod noch einmal von der Schippe zu springen.
Bryan hat eine schrumpelige Chilischote, zwei gesprenkelte Eier, eine welke Frühlingszwiebel und den an den Rändern bereits vergilbten Rest eines Stücks Cheddar-Käse erbeutet.
»Scarlett braucht etwas zu essen«, sagt er.
»Und ich brauche einen Drink. Ich glaube, ich stehe unter Schock.« Maureen hievt sich aus dem Sessel, geht zum Kühlschrank und entnimmt ihm eine Flasche Weißwein.
»Ich werde ihr ein Omelett machen. Scarlett mag Omeletts. «
»Ich will nichts davon abhaben.« Maureen hat sich die Flasche zwischen die Knie geklemmt und müht sich vergeblich mit dem Korken ab.
Bryan nimmt ihr die Flasche aus der Hand, zieht den
Korken heraus, schenkt ihr ein Glas Wein ein und reicht es ihr.
»Wo ist Declan?«, erkundigt er sich.
Maureen gönnt sich einen kräftigen Schluck, ehe sie antwortet. »Ausgegangen. Mit Hugo«, faucht sie verächtlich. »Nie ist er da, wenn ich ihn brauche. «
Bryan ahnt, dass sie den Tränen nah ist, und wechselt rasch das Thema, ehe es brenzlig werden kann.
»So, das bringe ich dann gleich zu
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