Und plotzlich ist es Gluck
servieren wie Judith das Haupt des Holofernes. Niemals. Nur über meine Leiche.
Panik befällt mich. »Ich muss sie anrufen. Heute noch. Jetzt gleich. Sie darf die Hochzeit nicht verschieben. Ellen kommt erst im Oktober zur Welt. Wir könnten die Hochzeit in den August legen – im August ist die Welt wunderschön. « Das klingt jetzt so einfach, aber ich weiß nur zu gut, was für ein traumatisches Erlebnis die Planung einer Marzoni-Hochzeit sein kann. Sie verlangt einem alles ab, bis man am Ende nur noch ein Schatten seiner selbst ist, mit zerrauften Haaren und abgeknabberten Fingernägeln …
»… sollst dich doch ausruhen«, sagt Filly. »Ich melde mich bei ihr. Aber nicht heute; heute ist sie auf dieser Vorstandssitzung in London.«
»Aber heute ist Samstag.« Ich klinge schon wie Duncan, unser Buchhalter.
»Sie hat einfach einen Rundruf gestartet und den Termin verschoben.«
»Du meine Güte.« Die anderen Vorstandsmitglieder waren bestimmt begeistert.
»Du sagst es. Ein paar der hohen Herren waren extra aus Sizilien angereist und mussten deswegen die Nacht in London verbringen.«
»Keine Ahnung, warum sie darauf bestanden hat, mich in die Klinik zu begleiten. Das wäre überhaupt nicht nötig gewesen.«
»Sie hat sich eben Sorgen um dich gemacht. Wir alle haben uns Sorgen gemacht.«
»Ich rufe sie trotzdem an und hinterlasse ihr eine Nachricht. Wir müssen dringend Nägel mit Köpfen machen.
Wenn ich mir diesen Auftrag nicht unter den Nagel reiße, werde ich garantiert nicht befördert.«
»Und ob du befördert wirst. Du bist die am besten geeignete Kandidatin.« Ich danke dem Herrn für Filly und ihren antiquierten Sinn für Gerechtigkeit.
»Und was ist mit Gladys Montgomery?«
Filly, loyal wie ein Labrador, winkt ab. »Ach, die hat doch keine Chance.«
»Aber sie schläft mit Simon Kavanagh«, zische ich. »Laut Elliot ist sie eine Kanone im Bett, und du weißt, dass Simon ein notorischer Ehebrecher ist.«
»Elliot hatte was mit Gladys?« Ich kann nicht fassen, dass ihr das neu ist.
»Das ist Jahre her. Er hatte drei Tage nicht geschlafen. Es war unsere erste Marzoni-Hochzeit, und er hatte auf nüchternen Magen zwei Gläser Wein getrunken, dabei verträgt er ohnehin nichts, wie du weißt.«
»Meine Fresse, diese Gladys kennt echt keine Gnade, oder?«
Da muss ich ihr Recht geben. In meiner Vorstellung hat sie sich über Elliot hergemacht wie eine Anakonda über ein neugeborenes Lämmchen. Elliot war hinterher das reinste Häufchen Elend gewesen, von Reue und Selbstverachtung gequält.
»Die neue Stelle ist jetzt übrigens intern ausgeschrieben«, berichtet Filly. Bei ihren Worten schnürt es mir die Luft ab.
»Oh, Gott. Seit wann?«
»Seit gestern.«
»Und warum erzählst du mir das erst jetzt?«
»Weil du gestern Wichtigeres im Kopf hattest.«
Ich stehe auf und umklammere das Treppengeländer. »Okay«, keuche ich, »ich komme am Montag ins Büro.«
»Das geht nicht.«
»Ich muss. Ich muss diese Stelle kriegen, mir eine Wohnung und eine Geburtshelferin suchen, Sofias Hochzeit organisieren und meinen Fünfjahresplan umschreiben. Schon wieder.«
»Na, wenn das alles ist, kannst du ja einen halben Tag vorbeischauen«, flachst Filly.
»Machst du dich über mich lustig?«
»Ein bisschen. Hör mal, was hältst du vom Motto ›Eine rauschende Ballnacht‹ für Sofias Hochzeit?«
»Hm. Hast du schon mit ihr darüber geredet?«
»Ja, sie wirkte recht angetan von der Idee.«
Erleichterung durchströmt mich, als wäre irgendwo in mir ein Damm gebrochen. Sofias Hochzeit ist unter Kontrolle. »Weiß sie schon, wo sie heiraten will?«
»Sie will ein Schloss, mit einem Wassergraben und einer Zugbrücke, und wenn’s geht mit einem Feuer speienden Drachen. Sie sagt, sie wird nur einmal heiraten, und deshalb soll es eine richtige Märchenhochzeit werden.«
»Okay, dann bekommt sie auch eine.« Das wird die märchenhafteste Märchenhochzeit aller Zeiten, so kitschig wie ein Walt-Disney-Film.
»Ich rufe Milly und Billy an und frage, ob wir ihr Schloss buchen können«, sage ich und fische mein Handy aus der Morgenmanteltasche. Lady Margaret und Lord William Wright-Armstrong, kurz Milly und Billy, sind die Besitzer von Clemantine Castle, ein Schloss, das alles hat, was auf Sofias Wunschliste steht. Ich habe dort schon zahlreiche Hochzeiten organisiert. Ich spüre etwas in mir aufsteigen, das ganz entfernt an Optimismus erinnert. Dann fällt mir Simon Kavanagh ein.
»Du weißt, wie Simon
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