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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihm.«
    »Und die Frau?« fragte Lynley.
    »Schädelbruch. Die hintere Zerebralarterie wurde durchbohrt.«
    Was das genau heiße, wollte Hanken wissen.
    »Epiduralhämatom. Innere Blutung, Druck aufs Gehirn. Sie ist in weniger als einer Stunde gestorben.«
    »Bei ihr hat es länger gedauert als bei dem Jungen?«
    »Richtig. Aber nach dem Schlag dürfte sie bewußtlos gewesen sein.«
    »Könnten wir es mit zwei Mördern zu tun haben?« fragte Hanken.
    »Könnten wir, ja«, bestätigte Dr. Myles.
    »Defensivverletzungen bei dem Jungen?« fragte Lynley.
    Nichts Offensichtliches, antwortete Dr. Myles. Sie steckte ihre flachen Schuhe in eine Sporttasche und zog energisch den Reißverschluß zu, ehe sie sich wieder Lynley und Hanken zuwandte.
    Hanken bat um eine Bestätigung der Todeszeiten. Dr. Myles verengte die Augen und erkundigte sich, was für Zeiten sein eigener Pathologe ihm genannt habe. Sechsunddreißig bis achtundvierzig Stunden vor Auffindung der Leichen, erklärte Hanken.
    »Da würde ich nicht widersprechen.« Sie schulterte ihre Sporttasche, nickte ihnen kurz zu und ging.
    Jetzt, im Wagen, überdachte Lynley noch einmal, was sie wußten: Der Junge hatte keinerlei Ausrüstung oder Proviant mit auf den Zeltplatz gebracht; am Tatort waren anonyme Drohbriefe gefunden worden; die junge Frau war nahezu eine Stunde lang bewußtlos gewesen; die Mordwaffen waren völlig unterschiedlicher Art.
    Lynley war noch bei diesem letzten Gedanken, als Hanken nach links abbog und in nördlicher Richtung weiterfuhr, einem Dorf namens Tideswell entgegen. Dieser Weg führte sie schließlich wieder zum Wye und in ein Tal mit dem Namen Miller’s Dale, unter dessen steilen Felshängen und Wäldern das Dorf längst in Schatten getaucht war. Gleich hinter dem letzten Haus zweigte eine schmale, von Hecken begrenzte Straße nach Nordwesten ab, in die Hanken einbog. Rasch erklommen sie die Anhöhe über Tal und Wäldern und fuhren Minuten später an einer weiten Fläche von Heide und Ginster entlang, die sich sanft gewellt bis zum Horizont zu dehnen schien.
    »Calder Moor«, bemerkte Hanken. »Das größte Moor im White-Peak-Gebiet. Es reicht von hier bis nach Castleton.« Er fuhr ungefähr eine Minute schweigend weiter, dann lenkte er den Wagen in eine Parkbucht und hielt an. »Wenn sie zu ihrer Wanderung zum Dark Peak gefahren wäre, hätten wir die Bergrettung einsetzen müssen, um nach ihr zu suchen. Da hätte keine nette alte Frau beim Morgenspaziergang mit ihrem Hund die Leichen für uns gefunden. Aber dieses Gebiet hier«, sagte er mit einer ausholenden Handbewegung, »ist von allen Seiten zugänglich. Man hat zwar ein Riesengelände vor sich, wenn man da jemanden finden will, aber wenigstens ist es begehbar. Es ist zwar nicht gerade ein Sonntagsspaziergang und gelegentlich auch nicht ungefährlich, aber auf jeden Fall leichter zu bewältigen als die Sumpfmoore oben am Kinder Scout. Da hätten wir die beiden vielleicht nie gefunden.«
    »Ist das die Stelle, wo Nicola Maiden zu ihrer Wanderung aufgebrochen ist?« fragte Lynley. Soweit er es vom Auto aus sehen konnte, gab es hier keinen Fußweg. Die junge Frau hätte sich durch dichtes Ginster- und Heidelbeergestrüpp kämpfen müssen.
    Hanken kurbelte sein Fenster herunter und spuckte den Kaugummi aus. Er griff an Lynley vorbei zum Handschuhfach und öffnete es, um sich einen weiteren Kaugummi herauszuholen. »Sie ist von der anderen Seite aus losgegangen, nordwestlich von hier. Sie wollte zu Nine Sisters Henge, das ist näher an der Westgrenze des Moors. Da drüben gibt es auch mehr zu sehen, Tumuli und Höhlen und dergleichen. Nine Sisters Henge ist der Glanzpunkt.«
    »Sie stammen aus dieser Gegend?« fragte Lynley.
    Hanken antwortete nicht gleich. Er machte ein Gesicht, als überlegte er, ob er überhaupt darauf antworten sollte. Schließlich entschied er sich und sagte: »Ja, aus Wirksworth«, und damit schien das Thema für ihn erledigt.
    »Es muß ein gutes Gefühl sein, dort zu leben, wo die eigene Geschichte ihre Wurzeln hat. Ich wünschte, ich hätte auch dieses Glück.«
    »Kommt ganz auf die Geschichte an«, sagte Hanken und legte abrupt den Gang ein. »Wollen Sie sich den Tatort mal ansehen?«
    Lynley wußte aus Erfahrung, daß seine Reaktion auf dieses Angebot die Entwicklung seiner Beziehung zu Hanken entscheidend beeinflussen würde. Tatsache war, daß er den Ort, wo die Morde verübt worden waren, tatsächlich gern mit eigenen Augen sehen wollte. Ganz gleich, an

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