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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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lastete darauf wie auf einem kleinen Iglu.
    »Du bist Kenny, hm?«
    »M-hm.«
    Plötzlich sah ich im Geiste noch mehr Kennys draußen herumlaufen.
    »Warst du allein?«
    »Ja.«
    »Gut. Ich bin Smithy.«
    Ich streckte die Hand aus. Er schüttelte sie. Seine Zähne klapperten. Er zog die Hand zurück in den Schlafsack, drehte sich auf die Seite und sah mich an. Ich schob die Satteltaschen ans Ende des Zelts und legte den Kopf darauf. Wir lauschten dem Wind.
    »Bist du irgendwie verletzt?«
    »Ich glaub nicht.«
    »Gut.«
    »Ich wohne in Creede. Ich hab die Schule geschwänzt.«
    »Du hast die Schule geschwänzt? Das ist nicht gut.«
    »Ich bin angeln gegangen.«
    Wind und Schnee rüttelten uns einen Augenblick lang heftig durch und ließen dann nach, und zum ersten Mal, seit ich vom Schnee geweckt worden war, hörte ich das Rauschen des Flusses.
    »Was gefangen?«

46
    Die Wochen nach Bethanys Verlobung mit Jeff Greene waren eine glückliche Zeit für die Ides und, das muss ich sagen, besonders für Mom. Es war so rührend, sie mit meiner Schwester am Küchentisch sitzen zu sehen; sie machte Pläne und lachte und erzählte sogar von ihrer eigenen Hochzeit, obwohl die ein bisschen anders gewesen war, weil Pop im Begriff war, in den Krieg zu ziehen, und sie nicht mal Flitterwochen hatten – aber natürlich hat eine Braut immer nur strahlende Erinnerungen. Glaube ich. Hoffe ich.
    Bethanys und Jeffs Pläne sahen ungefähr so aus:
    Trauung am 11. Juni in einer ökumenischen Zeremonie mit einem Episkopalpriester der Grace Church und Jeffs Rabbiner, den er nicht mehr gesehen hatte, seit er dreizehn war, den er aber gern hatte. Danach wollten sie für eine Woche nach Nags Head, North Carolina, an den Strand fahren, und dann würden sie in Attleboro wohnen, wo Bethany mit Jeff zusammen bei »Benny’s Home and Auto« arbeiten könnte, bis sie fänden, jetzt sei es Zeit für kleine Greenes.
    Das waren Neuigkeiten, wie ich sie gern hatte. Sie folgten einer genauen Logik. Ich meine, das war das ganz normale ABC dessen, was passieren würde, und die Chance, alles durcheinander zu bringen, war ziemlich gering. Man macht Pläne, schreibt sie auf – kein Problem. Mrs. Alivera, eine Freundin von Mom aus der Nachbarschaft, holte Moms Hochzeitskleid ab und änderte Stil und Passform so, wie Bethany es haben wollte. Also war auch das perfekt. Moms einzige Tochter würde in einem Erbstück heiraten, auch wenn es vielleicht umgeändert war. Es war eine gute Zeit. Es war eine der wirklich guten Zeiten. Mit Vorbereitungen und allem Drum und Dran.

47
    Roger schob mein Rad hinten auf seinen Pick-up, und Kenny hopste in die Mitte des Vordersitzes.
    »Wir sind gegen fünf zurück«, sagte Roger zu seiner Frau Kate.
    »Fahr vorsichtig.«
    »Mach ich.«
    Kate gab mir einen Kuss auf die Wange, und ihre kräftige Umarmung dauerte so lange wie ein kurzes Gebet. »Danke. Danke. Danke.«
    »Ich danke Ihnen, Kate. Und Roger und Kenny. Danke für alles.«
    Roger und ich stiegen in den Wagen, und dann überquerten wir den Bachelor Creek, verließen Creede und fuhren in Richtung Durango. Zwei Tage war ich bei Kenny und seinen Eltern geblieben. Sie wollten etwas Nettes für mich tun, weil ich Kenny aus dem Schneesturm geholt hatte. Es war mir ein bisschen peinlich, dass man mich belohnte, weil ich etwas getan hatte, was jeder Mensch tun sollte, aber vermutlich tat es ihnen gut, laut danke zu sagen.
    Das Unwetter hatte bis in die Nacht hinein gedauert; erst hatte es nachgelassen und dann wieder losgelegt, und am frühen Morgen waren an die siebzig Zentimeter Schnee gefallen, und die Wehen zu allen Seiten des Zelts waren eine natürliche Lärmschutzbarriere.
    Kenny schlief – er schnarchte sogar -, als ich mich aus dem Zelt arbeitete. Der Schnee war fest zusammengepresst, und ich bekam nasse Hände, weil er so viel Wasser enthielt. Es war schwerer Schnee, und ich hatte Mühe, an die Oberfläche zu kommen, aber ich schaffte es, erst mit einer Hand, dann mit der anderen, bis ich langsam eine Art Tunnelöffnung gegraben hatte. Ich richtete mich auf. Die Schneewehen reichten mir bis an die Hüften. Im ersten Moment blendete mich das reflektierte Licht, und ich musste die Augen schließen, bis dieses rote Gefühl verging. Als ich sie wieder öffnete, bot sich mir ein Anblick, der fast zu schön war, um wirklich zu sein. Ein Tal, so makellos weiß wie Watte, und der Fluss, der sich hindurchschlängelte, war blau wie Tinte. Es war warm, und ich schwitzte unter

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