Unglaubliche Reise des Smithy Ide
würde, aber unser Walter überraschte uns alle, indem er sich um eine Stelle bei der Chicago Times-Herald bewarb und angenommen wurde.«
»Toll«, sagte ich.
»Journalist. Wir hätten es wissen können. Und Bücher warteten darauf, geschrieben zu werden. Wundervolle Romane, irgendwo. Das wussten wir. Wir hatten es eigentlich immer gewusst. Unterdessen war meine Wenigkeit, Philip Wolsey, zwar kein so brillanter Schüler, aber dafür ein gefräßiger Leser wie noch heute, und ich bestand 1949 die Abschlussprüfung an St. Thomas Priory.«
»Sie drücken sich toll aus«, sagte ich. Ein kurzes, blödes, wahrhaftiges Kompliment. Philip lächelte.
»Manchmal, wenn man einen Lastwagen fährt, spricht man als Lastwagenfahrer. Manchmal spricht man als man selbst.«
»Das stimmt«, sagte ich, aber hier konnte ich ihm nicht ganz folgen.
»Ich sollte auch nach Chicago. Ich hätte zu gern Jura studiert wie Vaters Bruder Andrew in Des Moines – der Bob Staghardt, den Tornado-Vergewaltiger, verteidigt hat, und zwar erfolgreich -, aber da brach der Korea-Konflikt aus, und nachdem ich mich noch einmal an meine Verpflichtung gegen die Nation hatte erinnern lassen, zog auch ich in den Krieg. Nur, dass meiner auch stattfand.«
Das kapierte ich voll und ganz.
»Ich war auch im Krieg. Meiner fand überall statt.«
»Am Abend, bevor Vater mich in Des Moines in den Zug nach Fort Bragg in North Carolina setzte, kam Walter nach Hause, und es gab ein herrliches Abendessen. Steak und Mais. Frischen Tomatensalat. Melone. Mrs. Gautier war unsere Köchin und Haushälterin. Mutter war an Tuberkulose gestorben, als ich ein Baby war. Aber Mrs. Gautier war eine großartige und einfallsreiche Köchin. Katholisch zwar, aber sie wusste, dass wir sie schätzten.«
»Das ist traurig, das mit Ihrer Mom.«
»Ja, schon, aber ich habe sie nicht gekannt. Es kommt ja auf das Kennen an, nicht wahr?«
»Das stimmt.«
»Nach dem Essen unterhielt Walter uns mit elektrisierenden Geschichten über seine Arbeit für die ›große Zeitung‹, wie er sie nannte. Er war Assistent in der Stadtredaktion und schrieb gelegentlich auch Sport- und Polizeiberichte.
»Hat er die Cubbies spielen sehen?«
»DiMaggio gegen die White Sox.«
»Und Williams?«
»Den auch.«
»Wow.« Mein Pop liebte DiMaggio. Man durfte kein böses Wort über DiMaggio sagen, aber Teddy Williams liebte er noch mehr. Ich wusste nicht, warum ich in diesem Moment daran dachte, aber ich wundere mich immer, dass mein Pop nie zu unserer Norma hinüberging und sie auf den Arm nahm und auf unsere Veranda trug, um Radio zu hören.
»Und so ging ich nach Korea und zu den Thermopylen und tat meine Pflicht für die Allgemeinheit.« Philip zündete sich eine neue Zigarette an.
»Das ist die Mojave«, sagte er und deutete nach links. »Da hinten. Die Mutter aller Wüsten.«
»Man glaubt gar nicht, dass in der Wüste so viel wächst«, sagte ich. »Blumen und alles Mögliche.«
»Regen. Regen ist das Zauberwort. Der Oktober ist’ne regnerische Zeit.«
»Ich bin am 29. August in Rhode Island losgefahren.«
Philip überlegte und sagte dann: »Tja, jetzt haben wir den 16. Oktober. Dann sind Sie seit neunundvierzig Tagen unterwegs.«
Ich nickte und schaute hinaus über die Mojave. Im Oktober war sie einfach nicht die Wüste, die ich mir vorgestellt hatte. Blumen.
»Im Oktober 1951 wurde ich in die Staaten zurückgeflogen und in Petersburg, Virginia, stationiert. In Fort Lee. Quartiermeisterschule, aber eigentlich ein Ort, wo diejenigen, die schon gekämpft hatten, auf ihre Entlassung aus der Army warteten. In Virginia hörte ich zum ersten Mal von dem Ereignis in Chicago.«
Phil zündete sich eine Zigarette an, zog zwei Mal kurz daran, hielt den Rauch in der Lunge und drückte die Zigarette aus.
»Was war das für ein Ereignis in Chicago?«, fragte ich.
»Gleich sind wir in Kingman, Arizona«, sagte er und zeigte geradeaus nach vorn. »Jetzt fahren wir, immer noch auf der 40, quer durch ein ordentliches Stück unserer Mojave bis Yucca, und im Handumdrehen überqueren wir den Colorado und sind in Kalifornien.«
»California, here I come«, sang ich leise, und wir glucksten beide behaglich wie zwei Leute, die einander schon lange kennen. So empfand ich es auch.
»Walter blieb nicht lange Redakteur. Seine kompakte Prosa machte ziemlichen Eindruck auf seine Vorgesetzten bei der Times-Herald, und natürlich war nicht zu übersehen, dass dieser farbige junge Mann Zugang zu Bereichen der Stadt und
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