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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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Grapefruitbrüste und von sorgenvollen Gedanken an morgen. Jetzt sind sie wieder da. Die Brüste, die Sorgen, die Hoffnung. Wie seltsam es ist, wieder zu fühlen wie ein Kind. Dieser Mann voller Löcher. Dieser sein Fahrrad schiebende alte Mann mit seinem Rucksack. Ich betastete mein Gesicht, den dichten Bartwuchs. Ich folgte den Konturen des Bartes über Wangen und Lippen. Vielleicht könnte ich ihn stutzen. Vielleicht könnte ich mir den Hals rasieren. Vielleicht, wenn ich die langen Haare zurückkämmte. Vielleicht ist der Hund, der da draußen im Regen heult, verletzt. Vielleicht lacht er, oder er weint. Aber das war ein ländliches Heulen da draußen im Dunkeln. Ein großer Hund, irgendwo. Gott, ich liebe diese großen, sabbernden Hunde. Warum habe ich keinen? Einen großen, sabbernden Freund, der sich für mich zerreißen würde? Er heult wieder, und ich bin überzeugt, dass es ein gutes Heulen ist und dass er nicht verletzt ist. Aber so denke ich, weit weg von den großen Drinks und der Fernbedienung.

28
    I ch wog 121 Pfund, als ich zur Musterung ging. Ein Arzt der Marineinfanterie untersuchte mich im Rekrutierungszentrum, und er war überzeugt, ich hätte mich ausgehungert, um mich vor dem Krieg zu drücken.
    »Wird nicht klappen, kleiner Mann«, schnarrte er.
    »Was wird nicht klappen?«
    »Ich schreibe einfach: 131 Pfund. Was dagegen, kleiner Mann?«
    Tja, und so ging es dann weiter: Ich absolvierte die Grundausbildung in Fort Dox und danach die Quartiermeisterschule in Fort Lee – das ist in Virginia -, und nach acht Wochen hatte ich nachgewiesen, dass ich Material ausgeben und dabei jedes Mal zehn Formulare abzeichnen konnte. Und dann schickten sie mich mit der Infanterie nach Vietnam. Ich ersetzte einen Typen, der in der fortgeschrittenen Infanterieausbildung ums Leben gekommen war. Während einer Übung war er auf den Mörserschießplatz spaziert. Ich kannte niemanden dort, und eigentlich lernte ich nur Bill Butler ziemlich gut kennen, weil er die Koje über mir hatte. Alle nannten mich »Slim«, weil ich so dünn war. Ich sagte niemandem, dass ich Smithy hieß.
    Eines Abends nach dem Essen lasen wir den Befehlsaushang. Unsere Kompanie zog in den Krieg. Es hieß, wir sollten unser Zeug »stramm auf die Reihe bringen«, was bedeutete, dass wir ordentlich packen sollten. In Fort Louis in Washington (dem Staat) packten sie uns ins Flugzeug, und ehe wir uns versahen, waren wir in Alpha Base, ungefähr fünfundzwanzig Meilen weit von Saigon und vielleicht eine Meile von einem Dorf namens Hee Ho. Das war sozusagen unser Dorf; dort verbrachte Alpha seine Zeit mit Trinken und so weiter. Und, wie ich schon sagte, es gab jede Menge Prostituierte dort. In Amerika ist es nach allem, was ich in Filmen und Zeitschriften gesehen habe, nicht schwer, eine Prostituierte zu erkennen. Sie haben eine gewisse Art, eine bestimmte Redeweise und so weiter. Die vietnamesischen Prostituierten waren wie alle anderen Frauen dort. Außerdem hatte man nicht das Gefühl, dass die anderen Frauen sie vorwurfsvoll betrachteten. In zehn Monaten meines elfmonatigen Einsatzes bekam ich keinen einzigen feindlichen Soldaten zu Gesicht – geschweige denn, dass ich auf einen geschossen hätte -, und so erinnere ich mich eigentlich nur an Hee Ho und vor allem an die drei Gelegenheiten, bei denen ich mit einer Frau zusammen war. Und natürlich an Bill Butler, der meinen Namen kannte und mir das Leben rettete.
    Bill war der schwärzeste Mensch, den ich je gesehen hatte. Seine Haut hatte die Farbe einer reifen Aubergine. Er hatte einen ganz dünnen Schnurrbart und kurzes, flach anliegendes Haar. Er war ein bisschen größer als ich, vielleicht eins achtzig, und wog muskulöse 180 oder 190 Pfund. Dafür, dass er nur ein Jahr älter war als ich, war er sehr reif, und er behauptete von sich, er sei »voll auf der Höhe«. Jeder mochte ihn. Er war cool und tough, wie manche Leute cool und tough sind, ohne es jemals beweisen zu müssen.
    »Du kapierst, was ich sagen will?«, fragte er, als er mit aufgesetzter Sonnenbrille entspannt auf seiner Pritsche lag.
    »Na klar«, sagte ich.
    »Du musst kapieren, weißt du, dass die Weiber es auch brauchen. Weißt du, die motherfuckers sagen: › Shit, Jack, ich brauch den Scheiß nicht.‹ Verstehst du? Oh, aber sie braucht den Scheiß. Sie braucht bloß nicht deinen Scheiß.«
    Bill warf den kantigen Schädel in den Nacken und lachte und lachte. Bill lachte zu gern über sich selbst und darüber, wie komisch

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