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Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Titel: Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.M. Nightingale
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wusste selbst nicht, warum. Sie konnte Marius einfach nichts abschlagen. Müde und erschöpft sank sie in die weichen, flaumigen Kissen und spürte noch, wie Marius sie sorgfältig zudeckte. Er war so fürsorglich, so freundlich und verständnisvoll, dass es Kyra gar nicht erst einfiel, ihm feindlich gesonnen zu sein. Er hatte sie beschützt, sie getröstet und in Sicherheit gebracht. All die Zeit hatte sie ein völlig falsches Bild von ihm gehabt. Jeder versuchte ihr einzureden, wie gefährlich und wahnsinnig Marius war, doch hatte sie nicht eben selbst miterlebt, dass das genaue Gegenteil der Fall war? Man hatte sie belogen. Marius war kein Monster, er war ein Engel. Kyra dachte daran, wie er sie geschützt hatte, als Daniel und Seth sie hatten töten wollen und jäh kullerten ihr Tränen über die Wangen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass die beiden sie wirklich umbringen wollten, nach all dem, was sie zusammen durchgestanden hatten, nach dem Kampf mit dem Wendigo, nachdem sie so viel Zeit miteinander verbracht und endlich gegenseitiges Vertrauen aufgebaut hatten. Noch immer fühlte sie eine heiße Welle der Zuneigung für die beiden, spürte Daniel in sich, doch das machte den Verlust nur noch schlimmer. Kyra war, als würde ihr Herz zerspringen. Der Schmerz und die Enttäuschung waren unerträglich und sie konnte nicht aufhören zu weinen. Unterschwellig spürte sie, wie Marius sanft ihren Rücken streichelte und nicht von ihrer Seite wich, bis sie endlich eingeschlafen war.
         Kaum merkte Marius, dass sein Schützling tief und fest schlief, stand er auf, warf einen letzten Blick auf Kyra und schritt dann hinaus auf den Balkon. Unter ihm brach das Meer große Wellen und schäumte Gischt gegen die Grundmauern des Gebäudes. Am fernen Horizont leuchteten bereits die ersten hellen rosa Streifen und tauchten die darunter liegende Stadt in ein unwirkliches, goldenes Licht. Kein menschliches Auge hätte den Schatten erfasst, der in einer Ecke des Balkons stand und sich nicht rührte. Marius lächelte, sah jedoch weiterhin geradeaus.
         „Was denkst du, Samael?“, fragte er. „Ist sie soweit?“
         Samael löste sich aus dem Schatten, nahm seine Kapuze ab und trat neben seinen Herrn.
         „Nein“, antwortete Samael ehrlich. „Noch ist es zu früh.“
         „Das denke ich auch“, meinte Marius. „Aber wir können nicht mehr allzu lange warten. Der Krieg hat begonnen.“
         Eine Weile standen sie nebeneinander und beobachteten die rasch aufgehende Sonne. Dann sprach Samael mit seiner tiefen Stimme.
         „Die beiden Jäger, welche sie begleiteten ... Mein Herr, sie wissen von dem Siegel. Ich bin sicher, dass sie nichts unversucht lassen werden, um es zu bergen.“
         Marius' zufriedener Gesichtsausdruck verschwand augenblicklich.
         „Das sind schlechte Nachrichten“, sagte er ernst. „Du weißt, wir können es uns nicht leisten, dass Außenstehende davon erfahren. Deine Aufgabe ist noch nicht beendet, Samael. Finde diese beiden Jäger und töte sie, danach kümmerst du dich um die verbliebenen Ordenskonsuln. Ich werde bis dahin unseren Gast auf die bevorstehenden Zeiten vorbereiten. Geh!“
         Samael verneigte sich, dann setzte er seine Kapuze wieder auf und sprang leichtfüßig von der Brüstung des Balkons. Einen Augenblick später war er verschwunden.
     
         Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel, doch dieses eine Mal kümmerten sich weder Joe noch Michael um diese Tatsache. Ihre Aufgabe war zu dringend, zu wichtig, als dass sie es sich leisten konnten, nur bei Nacht zu reisen. Ihr Flugzeug landete um vier Uhr nachmittags auf dem Flughafen in Milwaukee und nicht wenige Passagiere waren froh darum. Die beiden seltsam blassen Männer waren ihnen unheimlich. Michael und Joe hatten gewissenhaft versucht, die verstohlenen Blicke zu ignorieren und ruhig Blut zu bewahren, doch als sie durch die große Halle aus dem Flughafen gingen, war Joe sichtlich schlecht gelaunt und setzte sich grantig eine Sonnenbrille auf die Nase.
         „Wie ein Tier im Zoo“, zischte er wütend. „Das nervt. Daran gewöhne ich mich nie!“
         Michael erwiderte nichts darauf. Er wusste, wenn Joe in miesepetriger Stimmung war, tat man besser daran, die Klappe zu halten. Zusammen nahmen sie sich ein Taxi und fuhren etwa eine halbe Stunde quer durch die Stadt, bis sie in der Ferne den Lake Michigan glitzern sehen konnten. Von da an

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