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Unheilvolle Minuten (German Edition)

Unheilvolle Minuten (German Edition)

Titel: Unheilvolle Minuten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Cormier
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ins Bad ging. Er ließ es klingeln, blieb bewegungslos stehen, hoffte, dass es immer weiterklingeln würde, ohne dass jemand abnahm. Aber das war natürlich unmöglich. Wenn das Telefon klingelt, nimmt jemand ab.
    »Buddy, für dich«, rief Addy.
    Er nahm das Gespräch im Wohnzimmer entgegen, außerhalb der Hörweite von Addy in ihrem Zimmer und von seiner Mutter, die im Hobbyraum die Haushaltsausgaben durchging.
    »He, Buddy, was ist denn los?«, fragte Harry. Diese verschlagene, einschmeichelnde Stimme.
    »Nichts«, sagte Buddy. Vielleicht hatte er ihn ja doch nicht mit Jane zusammen gesehen.
    »Ich hab dich heute im Einkaufszentrum gesehen. Schade, dass sich keine Gelegenheit für ein Gespräch ergeben hat …« Die Stimme klang jetzt beiläufig, fast zu beiläufig. Aber wenigstens ohne falschen Akzent.
    »Warst du das? Ich hab mir schon gedacht, dass du’s bist, war mir aber nicht sicher …«
    »Oh ja, ich war’s, Buddy, aber du warst so in Eile. Oder du wolltest in diesem Augenblick nicht mit mir reden …«
    »Nun ja, ich hatte es tatsächlich etwas eilig …« Und damit beendete er den Satz, pustete Luft durch den Mund.
    »Du hattest ein Mädchen dabei, Buddy. Hast du Geheimnisse vor Harry? Sagst Harry nichts davon, dass du eine Freundin hast?«
    »Sie ist nicht meine Freundin«, sagte Buddy. »Nur ein Mädchen, das ich kenne. Ab und zu essen wir eine Pizza zusammen. Und einmal waren wir im Kino, glaub ich.«
    »Du glaubst , du warst mit ihr im Kino? Bist du dir da nicht sicher, Buddy? Hast du ein so schlechtes Gedächtnis? Ich meine, bist du mit dem Mädchen ins Kino gegangen, oder bist du nicht mit ihr ins Kino gegangen?«
    »Ja, stimmt, wir waren im Kino. Ich meine, es war keine richtige Verabredung …«
    Wie komme ich aus dieser dämlichen Unterhaltung nur wieder heraus?
    »Wer ist dieses Mädchen, Buddy? Jemand aus der Schule? Kenn ich sie?«
    »Nein, du kennst sie bestimmt nicht.«
    »Warum soll ich sie nicht kennen? Ich meine, ich kenne einen Haufen Leute, Buddy, und du kennst nicht alle meine Bekannten, oder? Woher willst du also wissen, dass ich sie nicht kenne?«
    Lieber Gott, dachte Buddy. Der Schweiß sammelte sich in seinen Achselhöhlen, an seinen Handflächen, zwischen den Beinen – überall.
    »Also, sie ist neu hier in der Stadt. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass du sie nicht kennst. Ich meine, sie kennt noch nicht viele Leute, und sie geht nicht auf die Wickburg Regional …«
    »Auf welche Schule geht sie denn?«
    Buddys Hand war vom Schweiß so glitschig, dass ihm fast der Hörer entglitten wäre.
    »Ich weiß nicht.«
    »Das weißt du nicht? Da blick ich nicht mehr durch. Du gehst mit diesem Mädchen aus, stimmt’s? Du isst Pizza mit ihr, stimmt’s? Du gehst mit ihr ins Kino, aber du weißt nicht, auf welche Schule sie geht?«
    »Sie spricht nicht gern darüber. Über die Schule, meine ich. Sie hat mit dem Schulwechsel Schwierigkeiten und zieht es vor, nicht darüber zu reden.«
    Buddy schwirrte der Kopf von all den Lügen und Erfindungen. Er musste so blitzschnell schalten, dass ihm ganz schwindlig wurde.
    »Armes Ding«, sagte Harry, und Buddy versuchte herauszuhören, ob Harrys Mitgefühl echt oder gekünstelt war. »Weißt du was, Buddy? Ich hab sie nur flüchtig gesehen. Du hast mir die Sicht verstellt, Himmel noch mal. Aber sie kam mir bekannt vor. Ich weiß nicht. Seither überleg ich dauernd, woher ich sie kenne. Sie hat irgendwas … Ich hab sie schon mal wo gesehen …«
    »Ach ja?« Konnte Harry hören, wie hohl seine Stimme klang?
    »Ja, das ist so eine Sache. Du kennst das ja – wenn einem ein Name auf der Zunge liegt, aber er fällt einem nicht ein. So ähnlich ist das jetzt …«
    »Klar, ich weiß, was du meinst.« Spielte Harry mit ihm, wollte ihn auf den Arm nehmen?
    »Hör mal, wie heißt sie eigentlich? Vielleicht löst das meine Gedächtnisprobleme …«
    »Wie sie heißt?«
    »Ja, du weißt schon. Der Name, der auf ihrer Geburtsurkunde steht. Den sie in der Schule auf ihren Klassenarbeiten angibt und mit dem sie Briefe unterschreibt.«
    Er weiß natürlich Bescheid. Er hat es die ganze Zeit schon gewusst.
    Mit einem Mal wurde er kühn. Da er ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte, sagte er: »Rate mal, Harry.«
    »Was soll ich raten?«
    »Ihren Namen. Du bist doch gut in solchen Spielen. Also los, rate.«
    Soll er ihren Namen sagen, wenn er ihn weiß. Ich sage ihn nicht.
    »Dann gib mir aber einen Hinweis.«
    »Was denn für einen?«
    »Zum

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