Unheimliche Begegnungen (German Edition)
wohin wurde er getragen? Noch klangen ihm die warnenden Worte Vanessas in den Ohren, besonders die Drei: Tal des Schreckens. Er wunderte sich, bei dieser Wirbelfahrt überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können.
***
War das wirklich Vanessas Stimme gewesen? Wenn ja, hätte sie dann nicht eher nach seiner Hilfe gerufen, als ihn zu warnen? Fast jede Situation warf erneut Fragen auf. Während er darüber nachdachte, um seine Gedanken abzulenken und damit die Furcht vor dem kommenden Ungewissen zu nehmen, landete er unverhofft sanft auf einer Fläche.
Unbewusst blickte er zum Himmel. Er sah abermals die schwebende Insel. Er entdeckte, in dieser klaren Nacht, auch wieder den hellen Stern neben ihr. Sein forschender Blick in die Runde verriet ihm anhand von Symbolen, dass er auf einem Friedhof sein musste. Die Aufhäufungen mit den Kreuzen waren nicht zu übersehen. Jedoch schwebten einige durchsichtige Särge in der Luft, umgeben von einem bläulichen Schein.
Eine unheimliche Atmosphäre breitete sich aus, die noch dämonischer wirkte, als er eine geheimnisvolle Melodie vernahm. Die Instrumente hörten sich an, als würden Finger auf mit unterschiedlichen Wassermengen gefüllten Weingläsern gerieben und dazu von einer Panflöte begleitet. Das Grusligste aber war das Wehgeschrei, das dazwischen in verschiedenen Tonlagen erklang. Vinc gruselte es vor diesem eigenartigen Ort.
Er sah keine Leichen in den Särgen, sondern nur einen weißen Dunst, dessen Form einer überdimensionalen Birne glich. Mitten in diesem Dunst war ein rotes Etwas, das wie ein Herz aussah. Bei genauerem Betrachten beobachtete er sogar das Pulsieren des Blutes, jedenfalls meinte er es.
Nicht weit von Vinc entfernt geschah etwas Bizarres, aber auch für ihn Bedrohliches. Aus einer Gruft stiegen bewaffnete Skelette. Ihre Ausstattung bestand aus einem Schutzschild in der linken und zum Töten eine Streitaxt in der rechten Hand.
Vinc war so von dem schwebenden Sarg und seinem Inhalt gefesselt, dass er die eigenartigen Krieger erst bemerkte, nachdem er eingekreist war. Er erkannte die eigentliche Gefahr, als er das Blinken der erhobenen Äxte erblickte. Sie standen so eng beisammen, dass er keine Lücke ausmachte, die ihm eine Flucht ermöglichte.
Bereits mit seinem Leben abgeschlossen, hörte er eine Stimme, die befahl: „Zurück! Weicht zurück!“
Zunächst sah es aus, als wollten die bizarren Wesen nicht gehorchen, denn sie kamen, der energischen Aufforderung trotzend, mit erhobenen Äxten näher an Vinc heran.
„Zurück, habe ich befohlen! Verweigert ihr meinen Befehl? Ich werde euch in das Feuer schicken!“, schrie der Unbekannte.
Seine Drohung schien zu fruchten, die Wesen wichen zurück und gingen zur Gruft, aus der sie gekommen waren.
„Du bist Ados. Ich erkenne dich an deiner Stimme. Du bist der Seelenwächter!“, rief Vinc aufgeregt und fügte hinzu: „Danke, dass du mich gerettet hast.“
„Danke mir nicht zu früh. Als ich dir einst sagte, ich würde einmal dein größter Feind sein, das gilt immer noch. Doch nicht hier, sondern an einem anderen Ort.“ Die Stimme Ados klang drohend.
„Wo wirst du mein Feind?“, wollte Vinc wissen.
„Den Ort kann ich dir nicht nennen, aber es wird sehr bald sein“, sagte er geheimnisvoll.
Vinc sah sich um und fragte: „Wo bin ich?“
„Auf dem Friedhof des Universums“, gab er bereitwillig Auskunft.
„Ich dachte im Tal des Schreckens? Ich habe doch auf der Karte auf den Totenschädel gedeutet“, sagte Vinc etwas irritiert.
„Karte?“, fragte Ados.
Vinc erzählte von der Karte, wo sie, sie fanden und dass er vermutete, dass sie aus dem sprechenden Buch gefallen sein könnte. Er berichtete Ados davon, weil er ihm durch diese Rettung vertraute, trotz der Drohung die nahe Zukunft betreffend. Er erzählte ihm auch von der Begegnung mit Alwis.
„Hm“, überlegte er und machte nochmals, „Hm.“ Dann sagte er: „Ich kenne nicht so eine Person. Allerdings könnte er den Tod verkörpert haben.“
„Den Tod?“, fragte Vinc zweifelnd. „Den gibt es doch gar nicht wirklich. Bei uns auf Erden ist er nur ein Symbol, dargestellt als ein Mann mit einem schwarzen Umhang, einer Kapuze über einen Totenschädel gezogen und mit einer Sense ausgerüstet. Direkt zum Fürchten. Dieser Alwis aber war, wenn ich so es mal nennen will, zum Knuddeln.“
Vinc hörte immer nur Ados Stimme, denn er blieb weiterhin im Verborgenen, deshalb konnte er sein verschmitztes Lächeln nicht sehen,
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