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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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zum Wesentlichen zu kommen, Detective. Ihr Spielchen ist so durchschaubar wie langweilig. Also, warum stellen Sie mir nicht einfach Ihre Fragen und lassen mich dann weiterarbeiten?« Nancy lächelte zum ersten Mal, allerdings ohne jede Herzlichkeit.
    Stride lächelte zurück. »Spielchen?«
    »O ja, Spielchen. Sie wollen sehen, wer von uns der bessere Psychologe ist. Aber denken Sie daran, ich lebe davon. Reden wir doch einfach Klartext, Detective. Neben allen detektivischen Schlüssen, die Sie gezogen zu haben glauben, haben Sie mich auch schon auf körperlicher Ebene begutachtet. Dabei sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht attraktiv genug bin, um einen großen Verlust für die heterosexuelle Gemeinschaft darzustellen. Dennoch ist Ihnen aufgefallen, dass ich einen durchtrainierten Körper habe, und aus meiner resoluten Art haben Sie geschlossen, dass ich, falls Sie mich je rumkriegen sollten, im Bett wahrscheinlich gar nicht so übel bin. All das hat dazu geführt, dass Sie sich vorstellen, wie ich Sex mit anderen Frauen habe, und das wiederum führt ganz logisch zu der Frage, ob ich auch mit den jungen Mädchen hier rum mache. Sie hoffen, dass ich Ihnen irgendwelche dunklen Geheimnisse verrate, wenn Sie sich ein bisschen flapsig geben und mich an meiner empfindlichsten Stelle treffen.«
    »Erstaunlich«, sagte Stride. »Und jetzt sagen Sie mir noch, wer die World Series gewinnt.«
    Nancy gestattete sich ein weiteres gezwungenes Lächeln. »Ich habe doch Recht, oder nicht?«
    »Na ja, da Sie es selbst ansprechen: Machen Sie mit den jungen Mädchen rum?«
    »Ich habe grundsätzlich keinen intimen Kontakt mit Minderjährigen, Detective.« Nancy sprach langsam und betonte jedes einzelne Wort.
    »Gute Antwort. Sie passt zwar nicht zu meiner Frage, aber es ist eine gute Antwort. Schöne Fotos haben Sie da an der Tür. Offenbar machen Sie häufig Ausflüge mit den Schülerinnen.«
    »Ich bezeichne das als feministische Lern- und Einkehrlager‹.«
    »Kommen auch Minderjährige mit in diese Lager?«
    »Selbstverständlich. Mit Erlaubnis der Eltern.«
    »War Rachel auch einmal in einem solchen Lager?«
    »Nein«, erwiderte Nancy.
    »Und Kerry McGrath?«
    »Kerry kannte ich gar nicht. Wollen Sie etwa andeuten, ich könnte etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun haben?«
    Stride schüttelte den Kopf. »Keineswegs. Ich suche nur nach möglichen Verbindungen.«
    »Und da dachten Sie sich: Fangen wir doch mal bei einer lesbischen Aktivistin an.«
    »Ich bin überrascht, wie gut Sie im Gedankenlesen sind. Haben Sie eines der beiden Mädchen beraten?«
    »Ich berate hier niemanden, Detective.«
    »Nun, nachdem Sie mir bereits deutlich gesagt haben, dass Sie nicht für die Massagetherapie zuständig sind … was machen Sie dann eigentlich hier, wenn Sie auch nicht als Beraterin arbeiten?«
    »Ich bin Mentorin. Oder auch einfach nur Freundin. Da ist keine offizielle berufliche Beziehung im Spiel.«
    »Das ist eigenartig, finden Sie nicht?«, bemerkte Stride. »Wo Sie doch einen Master und einen Doktor in Psychologie haben, an der University of Minnesota lehren und so viele Bücher mit ›-ologie‹ und ›-ismus‹ im Titel auf dem Tisch liegen haben.«
    »Das ist überhaupt nicht eigenartig, Detective. In mancher Hinsicht kann man sogar behaupten, dass Sie für meine Tätigkeit hier verantwortlich sind.«
    »Ich? Wieso?«
    Nancy beugte sich vor, faltete die Hände auf dem Schreibtisch und durchbohrte ihn mit dem Blick ihrer riesigen braunen Augen. »Die Tatsache, dass Sie Kerry McGrath nicht gefunden haben, hat viele Schülerinnen schwer traumatisiert.«
    Stride zuckte zusammen. »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Ich werde es Ihnen erklären. Nachdem das Mädchen letzten August verschwunden ist, gab es hier an der Schule schwerwiegende Probleme mit den jungen Frauen. Viele haben den Unterricht geschwänzt, sind plötzlich grundlos in Tränen ausgebrochen oder haben autoaggressives Verhalten an den Tag gelegt. Ich habe daraufhin meine Dienste als ehrenamtliche Beraterin angeboten – nicht im offiziellen Sinn, sondern einfach als Person, die sich in sie hineinversetzen kann und mit der sie über ihre Ängste sprechen können. Die Schulverwaltung hat mich mit offenen Armen aufgenommen und nicht einmal Ärger wegen meiner politischen Einstellung oder meiner sexuellen Orientierung gemacht. Daran können Sie sehen, wie verzweifelt die waren. Und ich habe festgestellt, dass mir die Arbeit mit den Mädchen Spaß macht. Also

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