Unsanft entschlafen
damit, mir bei der
Niederschrift meines Tagebuchs behilflich zu sein.«
»Dazu fällt mir leider nichts
ein«, versicherte ich ihr und ging in Hurlingfords Büro.
Er saß hinter dem Schreibtisch
mit der lederbezogenen Platte und sah, abgesehen von der Tatsache, daß er heute
einen anderen Anzug aus der Saville Row trug, fast unverändert aus. Vielleicht war das rötliche
Braun seiner Gesichtshaut etwas blasser als gewöhnlich, und ich registrierte
mit einer gewissen Befriedigung das saubere Pflaster, das seinen Nasenrücken
zierte, sowie die Schwellung darunter.
»Sie vertreten also Miss
Soong«, begann er verbiestert. »Ich hatte mich schon gewundert, wo sie gestern nacht , nachdem ich sie rausgeschmissen hatte,
hingegangen sein mochte. An Sie habe ich nicht einmal im Traum gedacht, Boyd,
denn ich hätte nicht für möglich gehalten, daß Marie einen derart schlechten
Geschmack entwickelt. Nicht einmal unter diesen Umständen.«
»Miss Soong hat noch Anspruch
auf eine Abfindungssumme«, sagte ich, »die ich gern kassieren würde.«
Er lachte hart. »Soll sie mich
doch verklagen.«
Ich setzte mich auf den
nächstbesten Sessel und steckte mir eine Zigarette an. »Das wird gar nicht
nötig sein«, erwiderte ich beiläufig. »Es genügt vollkommen, wenn ich Ihrer
frigiden Empfangsdame erkläre, warum Miss Soong nicht mehr hier arbeitet.«
Es dauerte nur fünf Sekunden,
bis er den Knopf auf seinem Schreibtisch drückte, und weitere fünf Sekunden,
bis die intelligent aussehende Blondine eintrat.
»Miss Laine «,
sagte Hurlingford knapp, »lassen Sie bitte sofort
einen Scheck über dreihundert Dollar für Marie Soong ausstellen. Mr. Boyd wird
ihn nachher mitnehmen. Bevor Sie den Scheck aushändigen, lassen Sie sich den
Empfang aber quittieren.«
»Jawohl, Sir«, nickte Miss Laine . »Ist das alles?«
»Vielleicht brauche ich Sie heute abend noch«, erwiderte er. »Ich möchte meine Ideen
für die neue Zeitschrift zusammenstellen, vor allem diese Irene- Mandell -Story. Sie muß unbedingt für die erste Nummer
fertig werden.«
»Jawohl, Sir«, sagte sie
ernsthaft und verließ das Büro mit neugewonnenem Selbstvertrauen, das sich in
den kontrollierten Bewegungen ihrer Hüften unter dem engen Rock ausdrückte.
Ich musterte Hurlingford mit
höflichem Interesse. »Die Irene- Mandell -Story? «
»Sehr richtig.« Er grinste.
»Sind Sie interessiert?«
»Nach dem, was ich so gehört
habe, ist eher die Eva- Mandell -Story ein Knüller«,
grinste ich zurück. »Man könnte da gleich mit dem sensationellen Hintergrund
einer Sex-Party im Hause eines Millionärs auf Long Island anfangen, die ihren
Höhepunkt in einer Art Triebverbrechen findet, das den Leuten für Wochen
Gesprächsstoff liefern würde. Als zweite Folge käme dann der atemberaubende
Bericht, wie sich der Millionär mit einem bekannten Gangsterboss über die
Beseitigung der Leiche einigt.«
»Sie hätten Schriftsteller
werden sollen, Boyd«, sagte er ruhig. »Ihre Phantasie ist wirklich
bewundernswert.«
»Demnächst will ich sie auch
einmal an Leutnant Bixby ausprobieren«, sagte ich. »Er gehört nämlich zu den
Menschen ohne jede Phantasie und könnte mir vielleicht sogar glauben.«
»An Ihrer Stelle würde ich den
Leutnant nicht zu hart bedrängen«, sagte er leise. » Gestern
abend habe ich ihm nämlich erklärt, daß ich Sie mit der Aufklärung von
Irene Mandells Verschwinden lediglich beauftragt
hätte, weil mich die Story für meine neue Zeitschrift interessiert. Ich konnte
auch nicht umhin, ihm zu sagen, wie Sie mich nach dem Mord an Jenny Shaw mit
der Drohung zu erpressen versucht haben, der Polizei gegenüber zu behaupten,
ich hätte andere Gründe gehabt, Sie zu engagieren, und die ganze Zeitschrift
existiere nur in meiner Phantasie. Bixby war völlig meiner Meinung, daß ich
Ihnen zu Recht die Zahlung der zehntausend Dollar verweigert habe, die Sie für
die Schilderung der schlichten Wahrheit von mir verlangten, ebenso wie er ganz
richtig fand, daß ich Sie daraufhin am Schlafittchen gepackt und
rausgeschmissen habe.«
»Wird das nicht ein bißchen
kostspielig, wenn Sie die neue Zeitschrift nur ins Leben rufen, um die
Geschichte zu untermauern, die Sie dem Leutnant aufgetischt haben?« fragte ich.
»Jede neue Publikation ist ein
Glücksspiel«, erwiderte er beinahe heiter. »An diese Art Risiko bin ich
gewöhnt.«
»Allerdings haben Sie wirklich
größere Probleme«, stimmte ich ihm zu. »Nehmen wir bloß mal an, ich hätte mit
meiner
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