Unsere feuerrote Hexe
wie gebannt zu, auch ich geselle mich zu ihnen, denn Heather erfindet um die eigentliche Geschichte auch noch etwas drumherum und schmückt sie somit weiter aus.
S o kommt es, dass wir noch eine Stunde länger als geplant am Flughafen bleiben.
Um die Kinder von dem Abschied abzulenken, schlage ich vor, am nächsten Tag einen Ausflug zu machen.
„Hedda soll auch mit“, bestimmt Ben sofort und greift direkt nach ihrer Hand.
„Eigentlich könnte sich Heather morgen frei nehmen“, erkläre ich meinem Sohn, doch als die ersten Tränchen in seinen Augen glitzern, sehe ich hastig zu unserer Nanny. „Es sei denn, Sie hätten Lust dazu.“
„Klar, ich bin dabei“, lächelt sie und Ben hüpft vor Freude auf und ab.
„Wir könnten mit einem Schiff rheinaufwärts fahren. Kennen Sie das Rheintal?“
„Nein, aber das hört sich gut an“, nickt Heather begeistert.
„Okay, dann ist das also abgemacht.“
‚ Mit Jessica wäre das niemals drin gewesen’ , denke ich am nächsten Tag, als wir in Koblenz den Ausflugsdampfer besteigen. Sie hätte nur abfällig die Nase gerümpft und das als ‚Oma-Ausflug’ abgetan. Doch Nele hat eine Vorliebe für Prinzessinnen und alte Burgen und Schlösser, und so hoffe ich, dass ihr die Fahrt auf dem Rhein gefallen wird.
Heather hat ihren Rucksack mitgenommen und etwas zu Essen vorbereitet. Außerdem hat sie die Kinder ausgiebig mit Sonnencreme eingeschmiert bevor wir losgefahren sind , was zumindest bei Ben für ein Mordsgeschrei gesorgt hat. Doch seine Hedda blieb da unerbittlich.
Wir finden einen schönen Platz an Deck, mittlerweile ist es Ende Mai und das Wetter ist angenehm mild und sonnig. Ich staune über Heathers Outfit, sie trägt ein dunkelgrünes, leichtes Sommerkleid mit einer kleinen, dazu passenden Strickjacke. Ich hab sie noch nie in Kleidern oder Röcken gesehen, abgesehen von diesem komischen Schottenrock, den sie sehr zu lieben scheint. Dieses Kleid hier ist lang und geht ihr bis zu den Knöcheln , ihre wilden Locken hat sie mit einem Band etwas gezähmt. Doch die langen roten Haare fallen auch den anderen Passagieren natürlich ins Auge, zumal die Sonne sie feuerrot erscheinen lässt.
Wir sind ein bisschen gefahren, da bemerke ich, wie eine ältere Dame Heather ausgiebig mustert. Ich frage mich, ob Heather die Blicke auch bemerkt, doch sie erzählt Ben gerade etwas von Rittern und Burgen und gestikuliert dabei lebhaft mit ihren Händen.
„Darf ich Sie mal was fragen?“, spricht mich die Dame dann an.
„Nur zu“, ermuntere ich sie und bin schon neugierig darauf, was jetzt wohl kommen wird.
„Wie kommt es, dass keines Ihrer Kinder die wunderschöne Haarfarbe Ihrer Frau hat?“, fragt sie mich lächelnd.
„Oh“, ich lache etwas auf. „Das ist ganz einfach: Die Dame ist nicht meine Frau, sondern das Kindermädchen.“
„Ach so“, die ältere Dame fällt in mein Lachen mit ein, etwas blitzt in ihren Augen. „Man könnte denken, sie wären eine Familie, entschuldigen Sie bitte meinen Fehler.“
„Kein Problem“, sage ich freundlich.
Als ich mich zu Heather umdrehe, sieht sie mich an. Sie scheint etwas von der kurzen Unterhaltung mitbekommen zu haben und der Ausdruck in ihren Augen lässt mein Herz für ein paar Sekunden schneller schlagen. Sie lächelt mich auf eine sehr merkwürdige Art an, dann senkt sie wieder den Blick und beantwortet eine Frage von Nele.
Als wir zum Mittelrhein gelangen, bekommt auch Heather große Augen. „Es ist wunderschön hier“, sagt sie begeistert.
„Ja“, nicke ich ihr zu und erkläre ihr etwas zu der Burg, die wir gerade passieren. „Sie heißt Burg Lahnstein.“
Heather hält es nicht mehr auf ihrem Sitz, sie springt auf und geht an die Reling.
„Hedda festhalten“, sagt Ben besorgt, doch Heather registriert ihn gar nicht wirklich. Sie schaut fasziniert zur Burg hoch und es scheint so, als wäre sie in einer anderen Welt.
Ich kann den Blick nicht von ihr abwenden, starre wie gebannt zu ihr hin. Der Wind spielt mit ihren langen roten Locken und lässt den dünnen Stoff ihres Kleides sich um ihren Körper schmiegen.
Ich ziehe meine Kamera schnell hervor und mache ein Foto von Heather, mit der Burg im Hintergrund.
Es ist ein wunderschönes Bild, wie sie dort steht. Der Ausdruck in ihrem Gesicht wirkt fast schon entrückt, man könnte beinahe meinen, man wäre in ein anderes Jahrhundert hineinkatapultiert worden und sie gehöre zu dieser Burg.
‚Hallo? Was sind denn das für kitschige
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