Unsere feuerrote Hexe
Heather scheint eine Wundertüte zu sein – ihre Familie offenbar auch.
„Ja, wirklich.“
„Sehen Ihre Schwestern Ihnen ähnlich? Haben Sie alle rote Haare?“, bohre ich neugierig nach. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Heather mich nicht hochnimmt.
„Ja .“
„Und Ihre Kinder und Tanten und so weiter auch?“
„Nein, nicht alle“, Heather runzelt die Stirn. „Die Kleine Amy hat pechschwarze Haare.“
„Oh, da wird der Vater ja wohl ganz besonders stolz darauf sein.“
„Na ja, was heißt ‚stolz’“, Heather zuckt mit den Schultern. „Er selbst ist blond, Maureen hat rote Haare. Sagen wir mal: Er war eher überrascht…“
„Das glaub ich sofort“, mir bleibt fast die Spucke weg bei ihren Erzählungen. „Ist er nicht misstrauisch geworden?“
„Nö, warum?“, Heather schaut mich jetzt verdutzt an.
„Heather!“, knurre ich genervt. „Wenn Ihre Schwester rote Haare hat und er blonde – könnte man da nicht eventuell auf komische Gedanken kommen?“
„Komische Gedanken?“, kichert Heather.
„Sie wissen ganz genau, was ich meine“, ich verdrehe die Augen und sie räuspert sich schnell.
„Nein, nein. Das kann schon hinkommen. In der Familie von Maureens Mann kommen sehr viele Schwarzhaarige vor“, beeilt sie sich zu sagen. „Alexander, ich weiß, dass das alles sehr unwahrscheinlich klingt, also das mit den ganzen Mädchen, aber es stimmt. Vielleicht ist meine Familie auch ein wenig… außergewöhnlich“, fügt sie sanft hinzu.
Ich schaue sie an, blicke direkt in diese merkwürdigen Augen. „Darauf wette ich“, sage ich dann heiser.
Heather hält meinem Blick stand, wir sehen uns einfach nur an. Doch was heißt ‚einfach’? Es ist eine ganz eigenartige Stimmung, ich kann das nicht in Worte fassen, aber ich fühle mich wieder in ihrem Bann.
„Es war sehr schön heute“, lächelte sie dann und unterbricht den Augenkontakt.
„Das war es.“
„Ich sollte nach oben gehen“, Heather steht auf und geht noch einmal zum Feuer hin. Sie streckt die Hände in Richtung der Flammen und scheint ganz in Gedanken zu sein.
Ich erhebe mich ebenfalls. „Dann schlafen Sie gut“, sage ich leise.
„Sie auch“, jetzt sieht sie mich wieder an, ich mache noch einen Schritt auf sie zu, überlege kurz, ob ich ihr einen Kuss auf die Wange geben soll und beuge mich etwas zu ihr hin.
Heather schaut mich nur an, rührt sich nicht von der Stelle. Doch meine Blicke wandern wie magisch angezogen zu ihren vollen Lippen.
‚Wie es sich wohl anfühlt, sie zu küssen? Also richtig zu küssen…’
„Gute Nacht, Alexander“, sagt sie plötzlich und das Lächeln, das sie mir schenkt, bringt meinen Herzschlag durcheinander , dann geht sie hinein ins Haus.
Ich muss mich regelrecht zwingen, mein Beherrschung wieder zu erlangen.
„Gute Nacht, Heather“, flüstere ich heiser hinterher.
9
Ich bleibe noch eine Weile auf der Terrasse sitzen und lasse den Tag – und vor allem den Abend - Revue passieren. Was war das plötzlich für eine merkwürdige Stimmung eben zwischen mir und Heather?
Hab e ich wirklich daran gedacht, sie zu küssen? Also richtig zu küssen?
Ich schüttele den Kopf über mich selbst, wie komme ich bloß auf solche Gedanken? Wahrscheinlich hätte sie mir eine gescheuert – oder?
‚Blödsinn, ich hätte sie nie geküsst’, bestätige ich mir dann selbst. Und darüber nachzudenken bedeutet gar nichts – rein gar nichts!
Ich schaue noch etwas fern, doch so richtig kann ich mich nicht konzentrieren, und so gehe auch ich sehr früh schlafen. Sobald ich die Augen schließe, sehe ich Heather vor mir und höre ihre Stimme, ihr Lachen. Ich lächele in mich hinein, das ist das Letzte was ich noch bewusst wahrnehme, bevor ich wegdöse.
„Na, wie fühlt man sich so als Strohwitwer?“, grinst Werner mich an, als er an diesem Morgen in mein Büro kommt.
„Gut, danke.“
„Und? Hast du schon Pläne, wie du die Zeit am besten ausnutzt?“, er wackelt anzüglich mit den Augenbrauen.
„Nein, du wirst es nicht glauben, ich habe noch keine Pläne. Und ich bin jetzt auch nicht so notgeil, dass ich sofort losrennen und die Nächste flachlegen müsste“, knurre ich ihn an. Normalerweise drücke ich mich nicht so aus, aber Werners Art nervt mich heute Morgen einfach und dies ist die Sprache, die er am besten versteht.
„Ist ja gut“, er schaut etwas verwirrt. „War dein Wochenende so mies? Oder warum hast du so eine Laune?“
„Mein Wochenende war überhaupt nicht
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