Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
Anna blickte nach hinten, die Hände in die Mähne des Pferdes gekrallt. Er holte auf. Und er war nicht allein. Sie hielt die Luft an. War das möglich? Auf dem Rücken des riesigen Wolfs saß eine junge Frau, eine Fackel in der Hand. Das leuchtende Flackern verlieh ihren feuerroten langen Locken einen übernatürlichen Schimmer. Selbstsicher hielt sie sich auf dem mächtigen Rücken, verschmolz mit der Bestie.
»Alexander, sie holen auf.«
»Halt dich fest, Anna. Sieh nach vorn!«
Unaufhörlich flogen funkelnde Feuerbälle an ihnen vorbei, doch dieses Mal ließ der Wolf sich nicht abschrecken. Anna konnte nicht anders, immer wieder drehte sie sich um und stellte entsetzt fest, dass der Abstand sich zunehmend verringerte. Er tötet aus Freude, weil er Spaß daran hat. Oder, weil Kyra es ihm befiehlt. Er würde sie nicht töten, nicht heute. Tot waren sie für die Magierin wertlos. Noch. Anna meinte, den Atem des Wolfs in ihrem Nacken zu spüren. Sie hatten keine Chance. Erin allein würde sie nicht retten können.
Mit eisernem Griff hielt Alexander sie fest. Hatte er denn keine Angst? Wie weit noch?
Wieder flog eine Feuerkugel nahe an ihrem Kopf vorbei, und abermals verfehlte sie ihr Ziel. Erin hatte die Zügel fallen lassen, entzündete einen Feuerball nach dem anderen in ihrer Hand. Naomi rührte sich nicht, hing leblos vornübergebeugt vor ihr, als das Pferd stieg. Die Fackel entglitt Erins Hand, das Feuer verlosch.
Lachend lehnte sich die Magierin nach vorn, trieb den Fenris an. Gleich hatte er sie eingeholt. Die Hinterbeine der Bestie stießen sich kraftvoll vom weichen Waldboden ab. Ein gewaltiger Satz und die scharfen Krallen rissen eine tiefe Furche in den Oberschenkel ihres Pferdes. Anna wurde durch die Luft katapultiert, landete neben Alexander im feuchten Laub. Auch seine Fackel verlosch zischend. Panisch versuchte sich der dunkelbraune Hengst, in die Höhe zu stemmen. Nun hatte es der Fenris nicht mehr eilig. Ein Biss in den schlanken Pferdehals und das Tier bewegte sich nicht mehr.
Kyra thronte auf dem silbergrauen Wolf, blickte mit einem spöttischen Grinsen auf sie herab. »Meint ihr tatsächlich, ihr könntet mir davonlaufen?«
War es auf einmal kälter geworden? Die Stimme der Magierin klang schneidend. Spöttisch begutachtete sie ihre Opfer. Alexander schob sich vor Anna, stellte sich dem eiskalten Blick.
Die Zeit stand still.
Eine plötzlich auftauchende Feuerkugel verfehlte ihr Ziel nur um einige Millimeter. Der Fenris duckte sich und Kyra schmiegte sich eng an den Nacken des riesigen Tieres. Das nächste glühende Geschoss schlug neben dem Wolf im Boden ein. Das Laub zischte, es rauchte. Dann ergoss sich eine Salve von feuergleißenden Bällen über die Magierin und ihren Gefährten. Irgendjemand war ihnen zu Hilfe gekommen.
Anna versteckte sich hinter Alexander, als die Augen des Wolfs blutrot aufglommen. Er heulte, öffnete sein Maul und blies ihnen eine enorme Feuerwelle entgegen. Alexander riss Anna zur Seite, zog sie mit sich hinter einen großen Findling und legte schützend den Arm um sie. Anna schloss die Augen. Nun erlebte sie ihre Feuertaufe. Der Schwefelgeruch biss in der Nase, brannte in den Lungen. Die Feuergeschosse flogen weiterhin mit lautem Fauchen über ihre Köpfe.
»Ich komme zurück, verlasst euch darauf!« Die frostklirrende Stimme übertönte das Tosen.
Plötzlich kehrte Stille ein. Das Leuchten erlosch, der Qualm verflüchtigte sich. Anna blinzelte.
»Ich glaube, es ist vorbei. Sie sind fort.« Alexander erhob sich langsam und hielt ihr die Hand entgegen. Sie schlug ein, ließ sich von ihm hochziehen, doch ihre Beine versagten nun endgültig den Dienst. Kurzerhand hob Alexander sie hoch und setzte sie behutsam auf ein bereitstehendes Pferd. Ein anderes, wie Anna verwundert feststellte. Ihres lag mit einer klaffenden Halswunde tot auf dem Boden. Annas Augen brannten, sie schüttelte entsetzt den Kopf und wandte sich ab.
Ein großer, schlanker Mann mit langen rotblonden Haaren hielt die Zügel des Rappen, auf dem sie saß. Von ihm schien keine Gefahr zu drohen. Freund, nicht Feind. Er musste es gewesen sein, der den Fenris vertrieben hatte. Und Kyra. Doch wer er auch war, im Augenblick war ihr das egal. Sie konnte nicht mehr stehen, nicht mehr laufen und vor allem nicht mehr denken.
»Das war verdammt knapp, Noah.« Erin ließ ihren Blick über Anna gleiten. »Alles in Ordnung?«
Sie nickte müde. Ihre Augen wollten einfach nicht offenbleiben. Langsam
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