Unter dem Schutz des Highlanders
Erziehung. So erzogen sie Sorcha, und so würden sie versuchen, James zu erziehen. Nein, es wird meine traurige Aufgabe sein, diesem Kind beizubringen, dass ein Lächeln manchmal eine Lüge verdeckt oder, was noch schlimmer ist, einen Dolch, der auf dein Herz zielt. Vielleicht wird Bowen dabei helfen.«
Bethia fühlte, wie sich Erics Finger kurz in ihrem Haar verkrampften, und sah ihn neugierig an. Es war möglicherweise eine günstige Gelegenheit, ihm zu sagen, dass er damit aufhören sollte, es zu streicheln, aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Die Art, wie seine langen Finger durch ihr Haar fuhren, es liebkosten, damit spielten, es manchmal sogar an sein Gesicht hoben, um daran zu riechen oder es zu küssen, war seltsamerweise ebenso tröstlich wie anregend. Sie wollte nicht, so gestand sie sich kläglich ein, dass er damit aufhörte. Es hatte etwas Liederliches, wenn sie einem Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte, erlaubte, sie auf fast verführerische Weise zu berühren, doch – sie seufzte – er war ein so wunderbarer Mann. Was konnte Schlimmes daran sein, sofern sie es nicht zu weit gehen ließ?
»Wer ist Bowen?« Eric fragte in der Hoffnung, dass er nur mäßig interessiert klang und seiner Stimme nichts von der überraschenden Eifersuchtswoge, die ihn überkommen hatte, anzumerken war. Er verstand nicht recht, warum es ihn so beunruhigte, wenn sie den Namen eines anderen Mannes auf eine Weise aussprach, die verdächtig nach Zuneigung klang.
»Einer der Krieger auf Dunnbea. Er und Peter waren Söldner, die mein Vater vor fast zehn Jahren anwarb, als wir heftig unter Überfällen vonseiten der Engländer und eines alten Feindes litten. Sie blieben, als die schlimmsten Kämpfe vorbei waren, denn sie hatten bei vielen Gelegenheiten ihren Wert bewiesen. Beide Männer waren mit mir sehr geduldig, denn ich hängte mich oft wie ein treuherziger junger Hund an ihre Fersen. Ebenso machte es mein Cousin Wallace, der ein uneheliches Kind meines Onkels und nur zwei Jahre älter ist als ich. Bowen und Peter haben Wallace und mir eine Menge beigebracht. Wir vier standen uns sehr nah, doch als mein Vater erkannte, dass er keine weiteren Nachkommen mehr haben würde, hat er Wallace zu seinem Erben ernannt und ich konnte danach nicht mehr oft mit dem Jungen spielen. Er war zu sehr damit beschäftigt, zu einem Ritter und Laird ausgebildet zu werden.«
»So wie Ihr zu einer Edeldame erzogen wurdet, was zum Besten geraten ist.«
Bethia verzog ein wenig das Gesicht, ihr wurde bewusst, dass sie sich an Sir Eric lehnte und schläfrig und behaglich in seinem Arm lag, beschloss aber, sich angesichts ihrer Erschöpfung keine Gedanken über diesen Ausrutscher zu machen. »Ich fürchte, ich habe dabei nicht sonderlich gut abgeschnitten. Vielleicht war ich zu lange in Gesellschaft dieser Männer, vielleicht hatte ich zu lange die Erlaubnis, frei herumzutollen wie ein Junge, oder es lag daran, dass Sorcha so anmutig war, so schnell all die Künste einer Lady erlernte und deshalb niemand die Notwendigkeit sah, mich zu ständigen Fehlern und ständigem Versagen zu zwingen.«
Eric war sich sicher, dass Sorcha ihre guten Seiten hatte, doch er glaubte, ersticken zu müssen, sollte er noch mehr über ihre wundersame Perfektion hören. Er wusste nicht genau, warum ihn die Ablehnung, deren Bild Bethia so vergnügt zeichnete, derart verärgerte, aber er erlaubte sich dieses Gefühl. Vielleicht verspürte er ja solch ein schnelles, starkes Band zwischen ihnen, weil er ebenfalls Ablehnung erfahren hatte. Die Liebe und die Annahme durch die Murrays hatten den Schlag ganz sicher abgemildert, aber der Schmerz, den eine solche Geringschätzung durch die eigene Familie verursacht, konnte niemals ganz ausgelöscht werden. Er fragte sich, ob Bethia tatsächlich blind gegenüber der elenden Behandlung, die sie erfahren hatte, war oder ob sie sich einfach bemühte, es zu übergehen, weil es wehtat.
Oder noch schlimmer: Vielleicht glaubte sie, es zu verdienen. Bethia mochte aufrichtig meinen, dass ihre Zwillingsschwester so viel vollkommener gewesen sei als sie selbst. Solch ein Mangel an Selbstvertrauen, über Jahre gehegt und gepflegt, konnte es allerdings sehr erschweren, sie zu verführen, und Eric wusste, dass er sein Bestes geben wollte, um genau dies zu tun. Sein Verlangen nach ihr war stark und wurde immer stärker. Er war sich nur nicht mehr sicher, wie er es anstellen sollte. Schmeicheleien würde sie gewiss
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