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Unter der Haut (German Edition)

Unter der Haut (German Edition)

Titel: Unter der Haut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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haben, von dem Sie wissen, dass es wirklich ganz allein Ihr Gefühl ist, dann lassen Sie es mich wissen!«
    Ich weiß nicht, worauf wir uns schließlich geeinigt haben.
    Goodbye-ee … don’t cry-ee,
    Wipe the tears, wipe the tears
    from your eye-ee.
    Oder, um es anders zu formulieren:
    We’ll meet again
    Don’t know where,
    Don’t know when …
    »Wissen Sie, was ich nach dem Krieg machen werde? Ich verrate es Ihnen. Ich fahre sofort und ganz allein in ein anderes Land, und dort bleibe ich so lange, bis ich weiß, was ich fühle. Ich meine, was
ich
denke … Das heißt, wenn ich nicht vorher eine Bruchlandung mache.«
    Dorothy Schwartz sagte am nächsten Tag: »Was hast du denn mit diesem Kerl von der Royal Air Force im Meikles gemacht?«
    Bilde dir ja nicht ein, dass du in der Provinz irgendetwas geheim halten kannst.
    »Jimmy hat mich aus dem Camp angerufen. Ich soll dir sagen, dass du deine Zeit verschwendest, er ist völlig unpolitisch.«
    Da hat er ja Glück – rutschte es mir fast heraus. Als ich mit – keine Ahnung mehr, wie er hieß – zusammen gewesen war, war mir mein politischer Aktivismus in Salisbury aufgeblasen, kindisch und ziemlich verrückt vorgekommen. Kaum war ich wieder mit einer von den Getreuen zusammen, kamen mir meine drei Stunden ernster Unterhaltung emotional, ja sogar hysterisch und absurd vor.
    »Er glaubt, dass er eine Bruchlandung macht. Sein Vater ist im letzten Krieg abgestürzt.«
    »Verständlich«, gab Dorothy ihr Urteil ab. »Tja, das Leben ist wunderbar, wenn man nicht schwach wird.«
    In der Zwischenzeit hatte sich, wie in
Sturmzeichen
beschrieben, eine kommunistische Partei gegründet. Seit der Arbeit an
Sturmzeichen
habe ich so einen Vorgang noch zweimal beobachten können. Wichtig ist vor allem der Hecht im Karpfenteich, wobei der Hecht die archetypische Gestalt des politischen Fanatikers ist. In diesem Fall trug er den Namen Frank Cooper und war ein Cockney, allerdings aus dem Norden Londons, und er ist mir noch mehrmals unter anderem Namen begegnet. Die Hauptmerkmale der Hechte sind: Charisma, eine unerklärliche Eigenschaft; eine heimliche, übergroße und in einem bis dahin wahrscheinlich ungeahnten Ausmaß vorhandene Freude an der eigenen Fähigkeit, Menschen zu beherrschen; Skrupellosigkeit; Verachtung für die Menschen, die sich dermaßen leicht manipulieren lassen. Einmal – in London – war diese Gestalt verrückt, wirklich ziemlich verrückt und umgeben von ausgesprochen angesehenen Leuten, unter ihnen einige, die politisch durchaus erfahren waren. Was mich dabei am meisten verblüffte, war die Tatsache, dass anscheinend keiner von ihnen merkte, dass dieser Mensch verrückt war. Es ist in der Politik leichter als anderswo, verrückt zu sein, ohne aufzufallen. In meinem Roman
Die Terroristin
gibt es eine Hauptfigur, Alice, die reichlich verrückt ist. Vielen Menschen ist gar nicht aufgefallen, dass sie verrückt ist. Was für ein nettes Mädchen, sagen sie. Das kommt daher, dass diese Alice in einen politischen Kontext gestellt ist. Würde sie im Rahmen eines ganz normalen Lebens beschrieben, wäre für jeden sofort sichtbar, dass sie verrückt ist. In politischen (und religiösen) Bewegungen und Gruppen, die sich als inspiriert und revolutionär verstehen, gibt es jede Menge Platz für Wahnsinnige. Frank Cooper war nicht verrückt. Er war das Produkt der bitterarmen dreißiger Jahre in Großbritannien, und sein Hass auf die Mittel- und Oberschicht fand im Kommunismus seinen angemessenen Ausdruck.
    Er war Unteroffizier bei der Royal Air Force und hatte etwas mit der Versorgung zu tun. Bei einem der Treffen verkündete er, dass es jetzt genug sei mit unserem Geplänkel und den Nichtigkeiten, mit denen wir uns beschäftigten – jetzt müssten wir Ernst machen und eine kommunistische Partei gründen.
    Innerhalb dieser lockeren und sich häufig verändernden linken Clique gab es einen – allerdings nie genau definierten – harten Kern. Dazu zählten hauptsächlich Frank Cooper, Gottfried Lessing, Nathan Zelter, Dorothy Schwartz und ein weiterer Angehöriger der Royal Air Force, ein Sergeant namens Ken Graham. Gottfried Lessing und Nathan Zelter sagten sofort, dass es keine »konkrete Basis« für eine kommunistische Partei gebe. Wo sei das schwarze Proletariat bei diesem Treffen oder überhaupt in Südrhodesien? Ken pflichtete den beiden bei. Frank Cooper grinste höhnisch und sagte, er bestehe auf einer Abstimmung. Die Atmosphäre war so

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