Unter Trümmern
Angriff. Den ersten Schlag konnte Koch abwehren, doch als er einen Ausfallschritt zur Seite machte, durchzuckte der altbekannte stechende Schmerz sein linkes Bein. Das lähmte ihn für einen Moment so, dass der andere drei Treffer in Folge landen konnte, einen davon in seinen Magen, was Koch die Luft nahm, einen weiteren an seiner Augenbraue.
„Stech ihn ab!“, hörte Koch die gepresste Stimme, doch gleich darauf waren Stimmen von der Straße her zu hören. Sofort erlosch die Lampe.
„Halt ihm das Maul zu!“, zischte einer der beiden Männer, trat vor Koch und drückte ihn gegen die Wand und eine Hand auf den Mund. Mit der anderen umklammerte er Kochs Hals und drückte zu.
Koch wand sich hin und her, aber sein Gegner war stark und er durch die Schläge so angegriffen, dass er nicht dagegen ankam. Ihm wurde schwindelig. Auf gut Glück riss er sein Knie hoch und landete einen Volltreffer. Sein Gegner schrie auf und sackte auf der Stelle zusammen.
Es erfolgte ein überraschter Ausruf aus der Toreinfahrt. Der zweite Mann selbst war so überrascht, dass er die entscheidenden Sekunden brauchte, die Koch Gelegenheit gaben, in Richtung Ausfahrt zu hinken. Dort standen zwei Männer, deren Schemen er jetzt gegen das Licht von der Straße sehr gut erkennen konnte. Unschlüssig standen sie mitten in der Einfahrt. Koch, der noch kurzatmig war und dessen linker Oberschenkel höllisch schmerzte, stieß sie zur Seite, humpelte weiter auf die Straße.
„Idiot!“, hörte er hinter sich. Er achtete nicht darauf. Er biss die Zähne zusammen und sah sich im Gehen um. Wo konnte er hin? Weglaufen konnte er nicht, mit dem lädierten Bein hatte er keine Chance gegen die beiden Männer.
Schon hörte er Schritte aus der Toreinfahrt. Er bog in die nächste Querstraße ein, in eine kleine, abfallende Gasse. Schmale Häuser standen rechts und links, die meisten unzerstört. Auf der anderen Straßenseite erkannte er ein Tor, das ihm bis zur Brust reichte.
Von der Hauptstraße drang der Hall schwerer Schritte bis zu ihm.
„Du da lang, ich da. Er darf nicht entkommen!“
Koch humpelte über die Straße und griff nach dem oberen Ende des Tores, um sich daran hochzuziehen. Die Schritte kamen näher. Mit einer letzten Kraftanstrengung zog Koch sich hoch, rollte sich über den First des Tores und ließ sich auf der anderen Seite einfach herunterfallen. Er kam mit seinem verletzten Bein auf. Nur mit Mühe konnte er einen Schmerzensschrei unterdrücken.
„Wo kann er hin sein? Verfluchter Mist!“, hörte Koch einen seiner Verfolger direkt vor dem Tor fluchen. Er verharrte steif und versuchte so flach wie möglich zu atmen. Mit beiden Händen massierte er sein verletztes Bein. Endlich entfernten sich die Schritte. Trotzdem blieb er weiter bewegungslos auf dem Boden sitzen. Vielleicht war das auch eine Falle und nur einer der beiden war gegangen, während der andere wartete, dass er aus seinem Versteck herauskam. Langsam wurde Koch ruhiger und er versuchte zu erkennen, wo er war. Nur schwer durchdrangen seine Augen die Dunkelheit. Etwa fünf Meter von ihm entfernt war ein Haus, rechts daneben stand ein kleiner Schuppen. Die Fenster waren dunkel. Niemand schien sein Eindringen bemerkt zu haben.
Ein wenig beruhigt, lehnte Koch seinen Rücken gegen die Wand. Langsam ließ der Schmerz in seinem Oberschenkel nach. Er streckte das Bein und begann die verletzte Stelle vorsichtig zu massieren. Als er Linderung verspürte, tastete er sein Gesicht ab. An der Stirn, oberhalb seiner linken Augenbraue, fühlte er eine Beule und Blut. Aus seiner Tasche nahm er ein Stofftuch und wischte sich über die Stelle.
Plötzlich waren draußen wieder die schweren Schritte zu hören. Einer seiner Verfolger kam zurück, blieb stehen, ging ein paar Schritte weiter, als ob er sich jedes Haus genau auf mögliche Fluchtmöglichkeiten ansehen würde. Irgendwann entfernten sich die Schritte.
Die Anstrengung machte sich bemerkbar und Koch musste gegen die stärker aufkommende Müdigkeit ankämpfen. Lange schaffte er das nicht. Schon bald kippte sein Kopf zur Seite. Wirre Träume rissen ihn kurz aus dem Schlaf, nur damit er gleich wieder einnickte.
Bis ein Stoß an seinem Bein ihn erschrocken hochfahren ließ. Hektisch sah er sich um. Nichts. Nur, dass die Morgendämmerung eingesetzt hatte und er das graue Haus nun erkennen konnte. Plötzlich sprang eine Katze hinter einer Blechschüssel hervor und rannte unter den Resten eines Pferdefuhrwerks hindurch zu dem Schuppen,
Weitere Kostenlose Bücher