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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Pferd, die anderen zu Fuß. Dem Sarg folgte der neue König, totenblaß und wie von der Last seines schweren dunklen Mantels niedergedrückt. Es gab weder eine Militärparade, noch spielte Musik. In der ernsten Stille der überfüllten Straßen war jeder Schritt der Männer und der Pferde deutlich zu vernehmen. Und aus der ganzen Szenerie, die in das gedämpfte Licht der dunstigen Januarluft getaucht war, stach als einziger Farbtupfer das königliche Banner hervor, das den Sarg bedeckte, und darauf die Krone, die auf eigenartige Weise wie ein Bühnenrequisit wirkte.
    Harriets Kehle war wie zugeschnürt. Die Frau zu ihrer Linken zog ein Taschentuch hervor. Zu ihrer Rechten stand Peter reglos, wie zu Eis erstarrt. Sie senkte ihren Blick auf die Brüstung. Seine Hand lag ruhig da, aber Harriet bemerkte weiße Halbkreise an den Fingerspitzen, aus denen der Druck das Blut verdrängte. Behutsam, als ob schon die kleinste Bewegung die Spannung zerstören könnte, näherte sie ihre Hand der seinen, bis ihr kleiner Finger an seinem lag.
    In diesem Moment bewegte sich der Trauerzug an ihnen vorbei, und die Menge schloß sich wie wirbelndes Herbstlaub hinter ihm zusammen und wurde mit ihm fortgetragen. Was sie von anderen Menschenmengen unterschied, war ihr vollkommenes Schweigen. Sie bewegte sich lediglich mit dem Geräusch von Wellen, die sich an einem Kiesstrand brechen.
    «Sie sind schon ein bemerkenswertes Volk», erklärte eine tiefe Stimme hinter ihnen. «Sie lassen es zu, daß sich eine nach dem Zufallsprinzip zusammengekommene Menge unter der Aufsicht von nur ein paar unbewaffneten Polizisten versammelt. Dann holen Sie Ihren neuen König und alle männlichen Thronfolger heraus, geben ihnen zu allem Überfluß noch die Krone von England mit, präsentieren alle zusammen auf dem Silbertablett und lassen sie schön langsam zwei Meilen weit über die offenen Straßen der Hauptstadt ziehen. Wer sagt eigentlich, daß ich nicht einen bolschewistischen Groll in meinem Herzen hege und eine Handgranate in der Tasche trage?»
    «Es ist nur ein Dorfbegräbnis», sagte Peter. «Niemand würde im Traum daran denken, irgend etwas anzustellen. So etwas macht man einfach nicht. Bei einer öffentlichen Zeremonie werden die entsprechenden Vorkehrungen getroffen, aber nicht, wenn wir unter uns sind.»
    «Es ist verblüffend», erwiderte Gaston Chapparelle.
    «Sie halten sich für ein praktisch veranlagtes Volk, und dabei wird Ihr Empire lediglich von einem Namen und einem Traum zusammengehalten. Sie belächeln Ihre eigenen Traditionen und gehen gleichzeitig davon aus, daß der Rest der Welt sie respektiert. Und das Erstaunliche daran ist, daß sie tatsächlich respektiert werden.»
    «Vielleicht wird es nicht mehr von langer Dauer sein», ent
    gegnete Peter Wimsey.
    «Es wird so lange von Dauer sein, wie Sie es sich nicht ein
    fallen lassen, theoretisch zu werden. Sie sind wie der Tausendfüßler, der ohne Schwierigkeiten krabbeln konnte, bis er versuchte zu ergründen, in welcher Reihenfolge er seine Füße genau setzt. Lassen Sie uns ruhig alle Fragen stellen, die uns einfallen, aber hüten Sie sich davor, sie beantworten zu wollen. Wenn Sie sich erst einmal die Art Regierung angeschafft haben, die niemand mehr zu kritisieren wagt, sind Tür und Tor geöffnet für gepanzerte Limousinen, bis an die Zähne bewaffnete Leibwächter und die eiserne Faust der bis zur Hysterie gesteigerten Disziplin. Ich bin beeindruckt. Bei allem Hang zum Zynismus bin ich doch beeindruckt.»
    Sie stiegen langsam die Treppe im Gebäude hinunter und dankten auf dem Weg noch einmal dem Regierungsvertreter, der für die Plätze auf dem Dach gesorgt hatte. Auf dem unteren Treppenabsatz begrüßten sie überrascht die Harwells, die den alten Mr. Warren im Gefolge hatten. Der Austausch einiger allgemeiner Höflichkeiten mündete in den Vorschlag, sich gemeinsam auf einen Drink zum Audley Square zu begeben. Als Rosamund recht zögerlich auf diese Aussicht reagierte, sah Chaparelle seine Chance gekommen.
    «Hervorragend!» rief er mit solcher Bestimmtheit aus, daß eine Ablehnung nun fast unmöglich war. «Wie amüsant, zwei meiner Modelle zusammen zu sehen. Die eine läßt die andere in völlig neuem Licht erscheinen.»
    «Ich fürchte», sagte Rosamund, «es wird für meinen Vater zuviel werden.»
    «Aber keineswegs, meine Liebe, keineswegs», widersprach Mr. Warren, «warum denn? Sagen Sie, Lady Peter, malt Monsieur Chapparelle also auch Sie?»
    Harriet begann zu

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