Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
Weltherrschaft mithilfe einer Horde domestizierter Schrattler an sich zu reißen, war an einem sonnigen Eisentag zunichte gemacht worden, als Armia Pilx wie eine Furie zuerst die Monster in ihre Einzelteile zerlegt und dann ihn selbst furchtbar verdroschen hatte, bis er panisch auf dem Hosenboden den Gletscher hinab geflohen war und nie mehr wieder gesehen wurde.
Die Abenteurerin hatte die seit Urzeiten erschöpfte Eisenmine zu einer Art Palast ausgebaut vorgefunden. Insbesondere gab es zahlreiche Räume mit Nascha-Teppichen, Blümchenpolster-Sesseln und Kaminen, unterirdische Lagerräume sowie einen kleinen Harem, der allerdings leer stand, weil der Meister weniger aufmerksam gewesen war als die Schrattler hungrig.
Nachdem sie alle Räume leidlich gesäubert hatten, ruhten die fünf vor einem lustig prasselnden Feuer aus. Neben den Druckmaschinen samt Zubehör hatte Madalak sein Bett mit Nahrungsmitteln und verschiedensten Teesorten beladen – Zauberei, dass es nicht wegen Überlastung abgestürzt war.
Bikka setzte das Glas ab. »Morgen machen wir einen Probedruck.«
»Ei woos? I mus de Maschin erstma neu justiere, wird alles krümm und scheef bei de Kälde hiä.«
Madalak seufzte. »So akkurat muss das nicht sein.«
Wanzl lief lila an. »Jo nee, i gee hoam! Mir mache es rischtisch oda gaanisch!«
»Na gut«, ergriff Om Setta die Initiative. »Wie lange dauert das Justieren?«
»Een halbe Tag oda mehr, woas i ned.«
»Dann schlage ich vor, dass Bikka zunächst eine Skizze für ein Kalenderblatt anfertigt. Als Vorlage. Sobald die Maschine bereit ist, können wir einen Probedruck machen.«
»Einverstanden«, sagte Armia und gähnte. »Aber heute nicht mehr. Komm, Madalak, ich zeige dir das Schlafzimmer.«
Der Zauberer wurde rot. »Wie bitte?«
»Willst du in diesem Sessel übernachten?«
»Nicht unbedingt.«
»Gut. Also, hier vorne ist der Schlafraum des Erbauers. Er wird sicher nichts dagegen haben, wenn du in seinem Bett schläfst. Und du bist ja Himmelbetten gewöhnt. Bikka und ich schlafen im Harem.«
Bikka glaubte, sich verhört zu haben. »Ich übernachte lieber draußen im Schnee.«
Armia ignorierte sie und redete weiter mit Madalak. »Das ist sehr bequem, und weil du schnarchst, brauchst du ein Zimmer für dich alleine. Und da vorne geht es zur Schatzkammer. Rechts daneben zweigt ein kleinerer Raum mit zwei schmalen Betten ab, den Jakeed und Wanzl als Schlafraum nehmen können. Einverstanden?«
»Jo guud, von mi aus«, brummte Wanzl.
Jakeed überlegte, woher Armia wusste, dass Madalak schnarchte. Er fragte aber lieber etwas anderes: »Und wo ist der Abort?«
»Gleich da drüben«, zeigte Armia auf einen Gang. »Es handelt sich genaugenommen um eine Quelle mit Loch. Es führt in eine ziemlich tiefe Felsspalte und hat fließendes Wasser. Sehr komfortabel.«
»Wenigstens etwas«, freute sich Bikka.
»Das Wasser ist allerdings eiskalt. Also dann«, sagte Armia, »gute Nacht.« Als hätte sie noch nie woanders gewohnt, marschierte sie Richtung Harem. Man hörte eine Tür, die geschlossen wurde, dann war es still.
Bis Madalak sagte: »Ich, hm, gehe auch zu Bett. Gute Nacht. Schlaft gut.« Etwas später war auch Wanzl verschwunden, und abgesehen vom Feuer kehrte Stille ein. Jakeed leerte sein Glas und wanderte auf Socken Richtung Abort. Es war kalt in der Felsspalte, deren Wände glatt geschliffen worden waren. Tatsächlich lief Schmelzwasser durch schmale Rinnen von der Decke durch ein Loch, über dem ein niedriger Holzsitz stand. Jakeed fragte sich, ob es hier noch Schrattler gab. Oder Ratten. Er sah in das Loch hinunter, konnte aber keine Bewegung erkennen. Wahrscheinlich hatte Armia seinerzeit alle Monster vernichtet, oder denen war es hier einfach zu kalt. Während Jakeed sein Geschäft verrichtete, betrachtete er nachdenklich ein weiteres Rinnsal, das sich in einem schmalen Becken sammelte und durch einen Überlauf in einer weiteren Ritze verschwand. Das Wasser in diesem halb natürlichen Waschbecken war eiskalt, aber frisch.
Trotz der fast bleiernen Müdigkeit – der anstrengende Tag und der Wein zeigten Wirkung – hatte Jakeed einige Dinge klar vor Augen. Es waren fünf höchst unterschiedliche Menschen, die der Zufall – oder vielleicht auch Wahrmut, lachte Jakeed lautlos – hier zusammen geführt hatte. Mit geschlossenen Augen lauschte er dem Plätschern und fragte sich, ob die Sache funktionieren würde. Seit über 700 Jahren litt Zweiland unter den zerstrittenen Kirchen. Keiner
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