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Unwiderstehliches Verlangen

Titel: Unwiderstehliches Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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hatte sich in verhältnismäßig kurzer Zeit daran gewöhnt, daß William überall Ordnung schaffte. Jedes benutzte Gerät stellte er hinterher wieder weg — vielleicht nicht so, wie sie es gern gehabt hätte, aber jedenfalls war es wieder eingeräumt. Heute abend hatte er nichts weggeräumt. Auf der Anrichte waren deutliche Spuren zu sehen, daß er sich etwas gekocht hatte. Aber das schmutzige Geschirr lag noch im Spülbecken, und er hatte es nicht einmal eingeweicht wie sonst. Sie machte den Kühlschrank auf, und statt der üblichen Ordnung herrschte auch hier ein mittleres Chaos. Es sah aus, als hätte ein Zweijähriger darin ein Ostereiersuchen veranstaltet.
    Die Unordnung im Kühlschrank deprimierte sie tief. Warum eigentlich? Es bewies doch, daß William sich über ihre Verabredung mit einem anderen Mann gegrämt hatte. Warum freute sie das nicht? Warum stimmte sie das so traurig? »Jackie«, sagte sie laut, »du bist hoffnungslos. Du hast gerade einen vollkommenen Mann kennengelemt, der dich gern hat, und jetzt bist du niedergeschlagen, weil dein Geschäftspartner in der Küche nicht aufgeräumt hat.«
    Mit hängendem Kopf schlich sie abermals durch das dunkle Haus zu ihrem Schlafzimmer. War dies nicht die beste Gelegenheit, jede Beziehung zu William abzubrechen? Morgen früh würde sie ihm erzählen, daß sie einen wunderbaren Abend mit einem wunderbaren Mann verbracht hätte. Und daß sie ihre Zukunft mit diesem wunderbaren Mann plante. Ganz unbekümmert würde sie ihm diese Geschichte auftischen. Wie hieß noch das so treffende französische Wort für Unbekümmertheit? Ach ja, insouciance. Ja, mit insouciance würde sie davon sprechen.
    Doch sowie sie im Schlafzimmer war, verlor sie die Fassung. Sie war nicht mehr die überlegene Dame, die alles mit einem Lächeln abtat. Sie warf sich aufs Bett, begrub den Kopf im Daunenkissen und brach in Tränen aus. Warum mußte ihr Leben eine so schreckliche Wendung nehmen? Warum konnte sie an nichts anderes als an William denken? Den ganzen Abend über waren ihre Gedanken um ihn gekreist. Was macht er jetzt? Was denkt er jetzt? Ununterbrochen hatte sie diesen netten Mr. Browne mit William verglichen.
    Plötzlich fühlte sie eine Männerhand auf ihrem Kopf. Das konnte nur William sein. Daß er jetzt zu ihr kam, verwunderte sie nicht im geringsten. War er nicht immer zur Stelle gewesen, wenn sie ihn brauchte? Als sie die Bruchlandung an dem Felsen gemacht hatte, war er als Retter auf getaucht. Als sie die gefährliche Schnittwunde an der Hand erlitt, hatte er ihr den Arm abgebunden. Und auch schon lange vorher — wenn ihr Mann und sie Geld brauchten, hatte William es erkannt und ihnen durch anonyme Spenden geholfen.
    »Irgendwas ist schiefgegangen. Willst du mir sagen, was?«
    Sie wühlte den Kopf noch tiefer ins Kissen. Nein, sie wollte ihm nichts sagen. Sie wußte ja selber nicht, wo ihr Problem lag.
    William zog sie hoch und nahm sie in die Arme. Es erschien ihr ganz selbstverständlich. Er legte sich zu ihr ins Bett, streckte die langen Beine aus und bettete ihren Kopf an seine breite Schulter.
    »Hier, trink!« sagte er und hielt ihr einen Kognakschwenker an den Mund. Sie trank ihn in mehreren Schlucken aus. Dann stellte er das Glas auf den Nachttisch. »Und jetzt sag mir, warum du weinst!«
    »Das kann ich dir nicht sagen«, jammerte sie.
    »Wenn du es mir nicht sagen kannst, wem denn sonst?«
    Damit hatte er leider recht. Mit Terri konnte sie darüber nicht sprechen. Die durfte ja nicht erfahren, was sie für William empfand. William mußte ihr Geheimnis bleiben. William war ihr Freund, war es immer gewesen.
    »Wie ist deine Verabredung... verlaufen?« fragte er sie stockend.
    Jackies Kopf lag auf seiner Brust, und sie hörte sein Herz klopfen. Jetzt war es an der Zeit, ihm eingehend zu schildern, wie es heute abend gewesen war. Jetzt mußte sie ihn — und sich selbst — vor dem Wahn bewahren, sie könnten je ein Paar werden. Und so sagte sie: »Er ist der Richtige, genau der richtige Mann für mich.« Nur leider verriet ihre Stimme, was sie wirklich empfand. Daß er nämlich nicht der richtige Mann für sie war, sondern eher ein abschreckender Typ. Und wieder fing sie an zu weinen.
    »O William«, sagte sie und schmiegte sich an seine Brust. Ihre Tränen flossen auf sein Hemd. »Ich sehe jetzt ganz klar, was ich zu tun habe. Ich muß einen Mann wie Edward Browne heiraten. Er ist für mich wie geschaffen. Er hat das richtige Alter und die richtige Herkunft. Er

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