Valhalla: Thriller (German Edition)
und fing an, wie eine Heißhungrige zu futtern. Es war ein einfaches Gericht – Kartoffelecken, Hacksteak und Spiegelei, eingetaucht in eine undefinierbare braune Sauce –, aber es schmeckte und vertrieb die Kälte aus ihren Gliedern. Hannah langte ebenfalls kräftig zu, verzichtete ihrem Baby zuliebe auf das obligatorische Bier und trank stattdessen lieber Wasser. Seit ihrer Schwangerschaft aß sie locker das Doppelte, nahm dabei aber kaum zu. Ob das normal war? Nun, sie würde später noch Gelegenheit haben, sich darüber Gedanken zu machen. Zuerst mal standen wichtigere Dinge auf dem Programm.
Sie wischte ihren Mund ab, zog eine ausgedruckte E-Mail aus der Innentasche ihrer Jacke und räusperte sich. »Seid mal bitte einen Moment still, Leute, ich habe euch etwas zu sagen.«
Alle blickten sie neugierig an.
»Zuerst mal möchte ich euch ein allerherzlichstes Dankeschön aussprechen, dass ihr alle den weiten Weg auf euch genommen habt, um John und mir bei dieser schwierigen Unternehmung beizustehen. Außer Ilka kenne ich jeden hier am Tisch und ich glaube, mit Fug und Recht behaupten zu können, dass ihr meine ältesten und treuesten Freunde seid. Mit jedem von euch verbinden mich besondere Erinnerungen, und auch wenn dieses Projekt scheitern sollte – was ich nicht hoffe –, so bedeutet es mir doch sehr viel, euch alle wiedersehen zu dürfen.« Sie spürte, wie sie vor Rührung einen trockenen Hals bekam, und trank erst mal einen Schluck; dann fuhr sie fort: »Wie ihr wisst, habe ich persönliche Gründe, diesen abgelegenen und lebensfeindlichen Teil der Erde zu besuchen. Sosehr ich mir wünsche, euch künftig an meiner Seite zu wissen, sosehr kann ich verstehen, wenn jemand einen Rückzieher machen möchte. Ihr seid jetzt hier und wisst, in was für einer lebensfeindlichen Umgebung wir uns befinden. Sollten bei dem einen oder anderen also Zweifel am Sinn und Erfolg dieses Unternehmens aufkommen, so bitte ich euch, offen und ehrlich mit mir darüber zu sprechen. Wichtig ist, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben und dass sich jeder auf den anderen verlassen kann. Unser Team ist nur so gut wie das schwächste Glied in der Kette. Und wie ihr sehen könnt, ist es eine verdammt kurze Kette. So viel dazu. Wir werden auf unserer Fahrt noch Gelegenheit haben, ausführlicher über alles zu reden. Ich möchte jetzt die Gelegenheit nutzen und euch einen Brief vorlesen, der heute Morgen per E-Mail zu mir hereingeflattert ist. Er stammt von Norman Stromberg und ist mehr oder weniger an euch alle gerichtet. Er schreibt:
Liebe Hannah, lieber John. Ich grüße euch aus dem vorweihnachtlichen Washington. Während meine Familie und ich fleißig damit beschäftigt sind, letzte Geschenke zu besorgen, Einkäufe zu tätigen und alles für das bevorstehende Fest vorzubereiten, wandern meine Gedanken zu euch, in den weit entfernten hohen Norden. Mittlerweile dürfte auch der Rest des Teams bei euch eingetroffen sein. Ich kann nur hoffen, dass ihr schon Zeit hattet, euch näher kennenzulernen und über euer Vorhaben zu sprechen. Ihr wisst, was ich davon halte. Es ist leichtsinnig und gefährlich, aber ich kenne Hannah inzwischen lange genug, um zu wissen, dass sie von ihrem Plan nicht abrücken wird. Ich habe das gewünschte Equipment nach Longyearbyen liefern und für euch am Flughafen hinterlegen lassen. Was das Geld betrifft, so braucht ihr euch keine Sorgen zu machen: Ich werde für alle entstehenden Kosten aufkommen. Zeitgleich werde ich natürlich weiterhin versuchen, eine diplomatische Lösung anzustreben, aber die Mühlen laufen unendlich langsam, und die Chancen, den Konflikt rechtzeitig zu lösen, werden von Tag zu Tag kleiner. So bleibt mir also nur noch, euch alles Gute und Liebe zu wünschen und zu hoffen, dass ihr mit dem, was immer ihr vorhabt, erfolgreich sein werdet.
Mit den besten Grüßen, Norman Stromberg.
PS : Tut mir einen Gefallen und kommt gesund und munter wieder zurück.
PPS : Und findet diese Stadt für mich ;-)«
Hannah lehnte sich zurück.
»Ich wusste gar nicht, dass Stromberg so eine sentimentale Ader hat«, sagte John grinsend. »Oder ist das die einsetzende Altersmilde?«
»Verstehe ich das richtig, will er uns aus der Nummer wieder rausquatschen?«, fragte Ilka.
»Das braucht er gar nicht«, sagte Hannah. »Er hat immer klargestellt, dass er den Plan für gefährlich und leichtsinnig hält. Umso höher rechne ich es ihm an, dass er trotzdem hinter uns steht, egal, wie
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