Vampire bevorzugt
meine Schuld ihm gegenüber.
Sweetie war ihrem eigentlichen Angreifer die Rache schuldig geblieben.
Eric und ich waren quitt, wie ich fand.
Ich stand noch ein wenig in Bills Schuld.
Sam und ich waren mehr oder weniger gleichauf.
Alcide war mir etwas schuldig, so wie ich das sah. Ich war zu diesem Rudel-Quatsch erschienen und hatte versucht, die Regeln zu befolgen, um ihm zu helfen.
In der Welt, in der ich lebte, in der Welt normaler Menschen, gab es Verpflichtungen, Schuld, Konsequenzen und gute Taten. Das war es, was Leute zu einer Gemeinschaft zusammenschmiedete; vielleicht war es sogar das, was eine Gemeinschaft ausmachte. Und ich versuchte, in meiner kleinen Nische so gut wie möglich zu leben.
Seit ich mit den geheimen Clans der zweigestaltigen Geschöpfe und der Untoten in Verbindung stand, war mein Leben in der Gesellschaft der Menschen sehr viel schwieriger und komplizierter geworden.
Und interessanter.
Und manchmal... unterhaltsamer.
Während ich meinen Gedanken nachhing, hatte Alcide weitergeredet, und ich hatte das meiste verpasst. Inzwischen war ihm das auch aufgefallen, und er sagte in angespanntem Ton: »Tut mir leid, wenn ich dich langweile, Sookie.«
Ich drehte mich herum, um ihn anzusehen. Kränkung stand in seinen grünen Augen. »Du langweilst mich nicht. Ich muss nur über eine Menge nachdenken. Lass die Einladung hier, okay? Ich melde mich bei dir deswegen.« Was zog man wohl zu einem Ereignis wie dem Wettkampf der Leitwolfkandidaten an, fragte ich mich. Ob Mr Herveaux senior und der irgendwie plumpe Motorradhändler sich tatsächlich raufend auf dem Boden wälzen würden?
Jetzt blickte mich Alcide aus seinen grünen Augen verwirrt an. »Du verhältst dich wirklich seltsam, Sookie. Früher habe ich mich so wohl gefühlt in deiner Umgebung. Jetzt kommt es mir vor, als würde ich dich gar nicht kennen.«
Präzise war eines der letzten Wörter meines Kalenders mit dem »Wort des Tages« gewesen. »Das ist eine präzise Beobachtung«, sagte ich und versuchte, so sachlich wie möglich zu klingen. »Ich habe mich auch sehr wohl gefühlt mit dir, als ich dich kennen lernte. Und dann habe ich alles Mögliche herausgefunden. Wie das über Debbie, das über die Werwolf-Politik und wie sehr sich einige zweigestaltige Geschöpfe den Vampiren andienen.«
»Keine Gemeinschaft ist perfekt«, verteidigte sich Alcide. »Und was Debbie betrifft, den Namen möchte ich nie wieder hören.«
»Okay.« Gott allein wusste, wie sehr mir selbst dieser Name zu den Ohren heraushing.
Alcide legte den cremefarbenen Briefumschlag auf den Nachttisch, ergriff meine Hand, beugte sich über sie und drückte einen Kuss auf den Handrücken.
Das war eine höchst zeremonielle Geste, und ich hätte zu gern gewusst, was sie eigentlich bedeutete. Doch als ich ihn fragen wollte, war Alcide bereits gegangen.
»Schließ die Tür hinter dir ab«, rief ich. »Dreh einfach den kleinen Knopf am Türknauf.« Wahrscheinlich tat er das auch, denn ich schlief sofort wieder ein, und niemand weckte mich, bis es Zeit war, zur Arbeit zu gehen. Allerdings fand ich eine Nachricht an der Haustür vor: »Linda T. übernimmt deine Schicht. Mach heute Abend frei. Sam« Also ging ich wieder hinein, zog meine Kellnerinnenkluft aus und eine Jeans an. Ich war darauf eingestellt gewesen zu arbeiten, und nun fühlte ich mich seltsam überflüssig.
Ich jubelte fast, als mir einfiel, dass ich ja noch eine andere Verpflichtung hatte, und ging schnurstracks in die Küche, um sie einzulösen.
Nachdem ich anderthalb Stunden in einer fremden Küche und mit nur etwa halb so vielen Utensilien wie gewöhnlich mit der Kocherei gekämpft hatte, machte ich mich auf den Weg zu Calvin nach Hotshot mit einem Gericht aus gebackener Hühnerbrust auf Reis in Sauerrahmsauce und ein paar Brötchen. Ich rief vorher nicht an, denn ich hatte vor, einfach das Essen vorbeizubringen und wieder zu gehen. Doch als ich in dem kleinen Dorf ankam, sah ich in der Straße vor Calvins gepflegtem kleinem Haus mehrere Wagen parken.
»Mist«, murmelte ich, denn ich hatte keine Lust, mich noch weiter auf die Hotshot-Gemeinde einzulassen als bisher. Die neue Wesensart meines Bruders und Calvins Werben um mich hatten mich schon viel zu weit hineingezogen.
Ein wenig genervt parkte ich den Wagen und schob meinen Arm unter den Tragegriff des Korbs voller Brötchen. Ich nahm den Topf mit dem heißen Gericht aus Hühnchen und Reis in meine Hände, biss die Zähne zusammen wegen der
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