Vampire's Kiss
blieb stehen und warf einen Blick um uns herum, um mich zu vergewissern, dass niemand in Hörweite war. »Bitte. Du musst mir versprechen, mich in deine Geheimnisse einzuweihen. Ich weiß, du bist mehr der stille, starke Typ, der die Dinge am liebsten für sich behält, aber im Ernst, Em, du kannst mir vertrauen. Es kränkt mich, dass du je daran gezweifelt hast.«
»Okay, ich werde dir in Zukunft alles erzählen.«
Ich schnitt eine übertriebene Grimasse. »Himmel, doch nicht alles!«
Über ihr herzförmiges Gesicht huschte ein Lächeln. Sie sah so hübsch aus, wenn sie lächelte. »Wahrscheinlich bin ich solche Sachen wie Freundschaft einfach noch nicht gewohnt.«
»Da bist du nicht die Einzige.« Ich hakte sie unter, und ich war nicht sicher, was mich mehr erstaunte – die Neuigkeit, dass sie mit Yas ging, oder die Tatsache, dass ich Arm in Arm mit einer Freundin durch die Gegend schlenderte. »Wow«, sagte ich kopfschüttelnd. »Du und Yas – ich fasse es nicht!«
Sie blieb stehen, und eine leise Sorge verscheuchte ihr Lächeln. »Sag aber nichts zu ihm. Ich weiß nicht … ich bin nicht sicher, ob er mich mag.«
»Ach, Em.« Ich musste über ihre Naivität lachen. »Er ist ein Kerl. Klar mag er dich.« Damit zog ich sie weiter.
Ihre Stirnfalten verrieten mir, dass sie mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden war, aber etwas Besseres konnte ich ihr nicht anbieten. Wir schlenderten langsam zum Speisesaal und hechelten alte Gespräche durch, deuteten seine Bemerkungen aus, entwarfen Strategien – all das. Ich gab mir die größte Mühe, obwohl ich nicht gerade ein Genie in Herzensdingen war.
Aber irgendwo in meinem Hinterkopf nagte der Gedanke, dass ich eigentlich auch für meine Angelegenheiten dringend ein paar gute Ratschläge benötigte. Nur – das hier war Emmas Moment. Sie befand sich auf Wolke sieben, und ich wollte sie da nicht runterholen, indem ich die Rede auf irgendwelche Vampire aus grauer Vorzeit brachte.
Dabei hätte ich sie gern wegen Alcántara ins Vertrauen gezogen – dass er mich ständig bevorzugte, dass ich nicht recht wusste, was die Rose zu bedeuten hatte, dass ich mich vor dem Augenblick fürchtete, da wir die Insel verlassen und ich mit ihm allein sein würde, und dass ich mich fragte, ob ich mich in seiner Gegenwart tatsächlich immer wohler fühlte oder ob das nur eine gefährliche Illusion war. Aber wie konnte ich auch nur eines dieser Themen anschneiden, wenn sie unentwegt mit leuchtenden Augen von Yasuo schwärmte? Also beschloss ich, das Gespräch über meine Probleme erst mal zu vertagen.
Wir betraten den Speisesaal, und Emma steuerte automatisch auf Yasuo zu. Zufällig saß der am gleichen Tisch wie Ronan und Amanda.
Klasse.
Ich stellte mich erst mal an der Essensausgabe an und überlegte, wie schnell ich meine Mahlzeit hinunterschlingen und dann die Fliege machen konnte.
Jemand trat dicht hinter mich. »Gidday«, wisperte es in meinem Ohr.
Josh.
Ich warf einen Blick über die Schulter. »Du strengst dich ja mächtig an, seit Lilou von der Bildfläche verschwunden ist.«
Ich hatte gehofft, mein ironischer Tonfall würde den Worten den Stachel nehmen, aber – wow – irgendwie wirkte er gekränkt.
»Ich habe mich immer angestrengt. Aber was nützt das, wenn du die Eisprinzessin gibst?«
Eisprinzessin. Das war echt nicht meine Absicht gewesen, auch wenn ich manchmal etwas schroff klang. Vielleicht hatte ich ja deshalb Probleme mit meinem Liebesleben.
Ich stellte mein Tablett ab, um mich ihm voll zu widmen und meinen ganzen Charme spielen zu lassen. »Ich verstehe. Du konntest nichts dafür, dass Lilou an dir dranklebte wie ein siamesischer Zwilling. Die Mädels reißen sich nun mal um dich.«
Er grinste mich an. »Genau. So bin ich nun mal – immer für die Ladys da.« Er breitete die Arme aus und warf mir einen aufmunternden Blick zu. »Du kannst mich auf die Probe stellen.«
Josh war ein Kerl. Und er flirtete. Ein wenig zumindest. Mit mir.
Ich überlegte, ob er vielleicht für mich in Frage kam. Dann schüttelte ich den Kopf. Es wurde Zeit, dass ich mich in den Griff bekam. Alcántara war ziemlich vergrätzt gewesen, als er erfuhr, dass Josh mich gegen die Guidons und seine Kumpels verteidigt hatte, und ich wollte auf gar keinen Fall, dass irgendwelche Jungs meinetwegen in die Schusslinie von Vampiren gerieten. Selbst wenn ich ihn nicht ganz ohne gefunden hätte – ich meine, er hatte schon was mit seinem Medizin-Vorstudium, dem Gammel-Look und diesem
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