Vampirsaga 02 - Honigblut
Vampire ihrer Zeit zuzuordnen. Karthago, beschloss sie wegen seiner Ähnlichkeit zu Hasdrubal, bevor sie ihn weiter betrachtete. Er war unbestreitbar attraktiv. Mit einer schönen, aristokratischen Nase, die im wahren Leben sicherlich bereits einmal gebrochen gewesen war, mit hohen Wangenknochen und vollen Lippen, für die Frauen töten oder Unmengen an Geld ausgeben würden. Statt auf Sofias Bemerkung einzugehen, musterte er sie ebenso eindringlich, wie sie ihn betrachtet hatte. Ließ seinen durchdringenden und herablassenden Blick von ihrem Busen zu ihrer Halsschlagader gleiten und zu ihrem Gesicht.
„Kommst du freiwillig mit oder magst du es eher gewaltsam?“ Seine schöne, melodische Stimme passte ebenso wenig zu seiner Frage, wie das betörende Lächeln, welches auf seinem Gesicht erschien und nahezu jede Frau ob seines anmaßenden Auftretens besänftigt hätte.
Wie kann ihm so ein Fehler unterlaufen?, fragte sich Sofia und horchte in sich hinein. Da war nichts. Absolut nichts, was auf Sterblichkeit hindeuten konnte.
„Vielleicht sollte ich mich kurz vorstellen?“, schlug sie deswegen vor, um den Vampir nicht in eine noch peinlichere Situation zu bringen.
Doch der schnaubte nur abfällig. „Es interessiert mich nicht, wie du heißt – oder wie irgendeine Frau heißt!“
Mr. Überheblich hat es einfach nicht anders verdient, beschloss sie. „Und trotzdem gehst du mit ihnen ins Bett und trinkst ihr Blut.“
Der Vampir reagierte nicht darauf, dass Sofia sich in ihrem Satz nicht mit einbezog, sondern argumentierte – beinahe als amüsierte sie ihn tatsächlich: „Ich habe Bedürfnisse, und ich muss essen.“
Komisch … das habe ich schon einmal gehört. Die Vampirin dachte an Xylos zurück und ihr Gespräch in London. Inzwischen war sie sich beinahe sicher, dass der Vampircallboy sie damals nur hatte foppen und provozieren wollen.
„Menschen. Sind. Kein. Vieh.“ Sie betonte jedes Wort überdeutlich.
„Doch!“, konterte der alte Vampir. Seine Augen wurden klar und leer, gaben nichts mehr wieder, als Sofias eigenes Spiegelbild.
Wieder musste sie an Hasdrubal denken, einen Vampir, der bereits alles gesehen und erlebt hatte und sich nur noch an Regeln und Gesetze hielt, weil er es schon seit Jahrhunderten machte.
„Verwandelt ihr euch mit den Jahrhunderten in Psychopathen, oder bist du schon vorher einer gewesen?“
Der Vampir trat drohend einen Schritt auf sie zu. Er mochte mit ihr argumentieren und auf ihre Zustimmung hoffen, aber er würde sich nicht beleidigen lassen. „Vorlaut und schön!“ Wieder schweifte sein Blick über ihren Körper. „Eine gefährliche Mischung!“
Plötzlich stutzte er. Sein Gesichtsausdruck zeigte Verwunderung. „Ein weiblicher Vampir?“ Sein anmaßender Blick wurde bedrohlich und triumphierend.
„Sofia!“, stellte sie sich vor, um keine weiteren Missverständnisse aufkommen zu lassen. Die Königin mochte andere weibliche Vampire verbieten, aber Sofia war geduldet.
„Ah, Sofia! Die Menschenfreundin!“ Der Spott in seinen Worten war überdeutlich.
Sofia schenkte ihm ein Lächeln. Sie wusste, dass er sie soeben in eine andere Kategorie eingeordnet hatte. In eine neue, ernstzunehmende. „Ich bin selber ein Mensch gewesen. Wie könnte ich hassen, was ich einst war? Wie es ausbeuten und benutzen?“ Jennifer Schreiner Honigblut
Die jüngere Version Hasdrubals leckte sich über die Lippen, befeuchtete sie und unwillkürlich folgte Sofias Blick der Bewegung seiner Zungenspitze, bevor sie begriff, dass sie der offensichtlichsten männlichen Manipulation aufgesessen war. Verfluchte Bastarde, allesamt!
Ihr Gegenüber lachte ein sehr zufriedenes Lachen. „Jetzt sind wir Vampire. Haben uns evolutionär – welch neumodisches Wort – über die Menschen erhoben und benutzen sie, um am Leben zu bleiben. Es ist nur ein natürlicher Prozess, dass wir überlegen sind und uns die Menschen untertan machen. So hat es Gott schon in der Bibel gewollt.“ Er zitierte: „Macht euch die Erde untertan.“
„Ich wette, die Bibel zitierst du auch nur, wenn dir die Argumente ausgehen, oder?“
Immerhin war er so ehrlich, um ein „Ja!“ zu murmeln, bevor er sich demonstrativ an ihre Seite stellte. So, dass er nach unten sehen konnte, wo sich zahlreiche hübsche Frauen auf der Tanzfläche tummelten. Jennifer Schreiner Honigblut
KAPITEL 4
Ein makelloser Körper schien eine der finsteren Ecken des Clubs
Weitere Kostenlose Bücher