Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
Elfen noch den guten Menschen und sie sprachen auch mit ihnen. Viele Abende sah ich die Dorfleute zum Wohnbaum der Elfen gehen und ihr Leid klagen. Die Elfen und Königin Adina versuchten, so gut es ging, sie zu trösten und ihnen Mut zuzusprechen.
Erneut zog eine frostklirrende Nacht herauf und ein eisiger Wind fegte über das Land. Der Himmel war tintenblau und sah aus wie ein prächtiges Zelt, geschmückt mit Tausenden von meinen Sternenkindern, die wie Diamanten blinkten. Es war so bitterkalt, dass ich meine dicke Wollmütze aus der Kiste hervorkramte und sie mir über beide Ohren zog. Kaum hatte ich mich wieder hingesetzt, bemerkte ich dunkle, schleichende Schatten, die sich geduckt der Lichtung näherten. Ich schnappte mir das Fernglas und schaute genauer hin. Im Schein ihrer brennenden Taschenlampen sah ich drei zwielichtige Gestalten. Ihre Gesichter konnte ich nicht erkennen. Sie waren von Kopf bis Fuß vermummt. Mich beschlich ein ungutes Gefühl. Was hatten die Kerle vor? Der Sache musste ich auf den Grund gehen.
Vater Mond paffte ein paar Rauchkringel in die Luft und trank einen Schluck süßen Met. Seine Kehle war vom vielen Sprechen ganz trocken geworden. „Erzähl weiter“ riefen die Mondkinder ungeduldig. Gebannt schauten sie auf die Lippen von Vater Mond, um ja kein Wort zu verpassen.
Schaudernd fuhr er fort: Ich beugte mich noch ein Stück weiter hinunter, um die herumgeisternden Schatten näher zu betrachten. Dann sah ich, dass ihre Jackentaschen ausgebeult waren. Sie mussten darunter etwas verborgen haben. Aber was nur? Dann hörte ich, wie einer der Männer mit heiserer Stimme flüsterte: „Schaut mal, das ist ja ein gigantischer Baum. So ein Glücksfall. Den nehmen wir mit und verkaufen ihn für gutes Geld auf dem Markt.“ Ich geriet in Panik. Ich sah, wie sie unter ihren Jacken Äxte und Sägen hervorholten, und sich sogleich ans Abholzen machen wollten.
Vater Mond sog so kräftig an seiner Pfeife, dass er sich am Rauch verschluckte und einen Hustenanfall bekam. Nach so langer Zeit konnte er sich immer noch nicht beherrschen. Wütend sprang er auf, fuhrwerkte mit den Armen durch die Luft und brüllte „so ein Wahnsinn, so eine Ungeheuerlichkeit, den Wohnbaum der Waldelfen abzuholzen.“
Nach diesem Zornesausbruch setzte er sich traurig wieder in seinen Sessel, schnäuzte in sein Sternentaschentuch und fuhr fort:
Was sie noch schwatzten, konnte ich leider aus der Höhe nicht deutlich genug verstehen. Ich beugte mich noch tiefer nach unten und stürzte dabei fast aus dem Mondfenster. Mit beiden Händen klammerte ich mich am Fensterrahmen fest, um ja nichts zu verpassen. Während ich so am Fenster hing, hörte ich den Größeren der Diebe raunen: „Wir müssen umkehren, wir können das Holz nicht schleppen, dazu brauchen wir eine Karre. Morgen Nacht holen wir uns den Baum. Aber Vorsicht, wir müssen Acht geben, dass uns die Leute aus dem hiesigen Dorf nicht erwischen.“
Mir verschlug es den Atem. Versteht ihr, die fremden Holzdiebe hatten keine Ahnung, dass der Baum bewohnt war. Sie hatten ja noch nie Elfen oder Zwerge gesehen, denn wie ich euch schon sagte, es waren Diebe, und Elfen zeigten sich nur guten Menschen.
Mucksmäuschenstill saßen die Mondkinder auf ihren Stühlchen und lauschten hingerissen der Erzählung. „Wie ging es denn weiter, was passierte?“ riefen sie wissbegierig. Lange war es still, ehe Mondvater antwortete. Das Ärgste kommt ja noch und berichtete weiter:
Die riesige, uralte Eiche stand seit Urzeiten auf der Lichtung. Ihr Stamm war hohl. In jedem Ast hatten sich die Elfen häuslich niedergelassen. Viele Eichhörnchen bevölkerten den Baum. Vögel nisteten in ihrer Baumkrone. Unter Büschen und Sträuchern, die nicht weit entfernt von der Eiche wuchsen, hatten Dachse, Maulwürfe, ganze Hasenfamilien und Füchse ihre Höhlen eingerichtet, sie mit Laub und Moos warm ausgepolstert, damit sie vor jedem Wetter Schutz boten. Für alle war die alte, uralte Eiche ein Zuhause. Und das wollten die Diebe vernichten? Das konnte ich nicht zulassen.
Die nächste Nacht brach an. Es war wohl eine der kältesten Nächte in diesem Winter. Der Nordwind pfiff schauerlich und blies den Schnee bis in die Bauten der Tiere. Ihr Wispern drang bis zu mir hinauf.
„Hörst du den Sturm“, murmelte Daggi, der Dachs zu Firefox, dem Fuchs. „Die Maulwürfe und Mäuse kommen doch bei dieser Kälte um. Komm, wir rufen sie und laden sie ein, bei uns unterzukriechen.“ Beide robbten
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