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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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kann mir bildlich vorstellen, wie er nach wenigen Minuten vor Fiona eingeknickt ist und eine Beichte abgelegt hat mit allen Details, beispielsweise was wir anhatten und wo genau wir standen, bevor sich unsere Wege trennten. Was mich nur wundert, ist Fionas plötzliches Mitgefühl. Eigentlich hasst sie mich. Man kann nicht gerade behaupten, dass wir uns besonders nahe stehen. Vermutlich stehe ich Sir Colin näher, und der hält mich für eine andere.
    »Das braucht dir nicht leid zu tun«, erwidere ich. »Du weißt ja, wie das ist. Solche Dinge passieren.«
    »Ja, aber das ist doch ein Jammer. Wie kann er nur? Schließlich hast du all die Jahre immer nur zurückgesteckt, für ihn und seine Scheißkarriere. Das ist furchtbar, Fran.«
    Fiona klingt aufrichtig empört. Wenn sie sich noch weiter hineinsteigert, werde ich gleich sie trösten müssen.
    »Wirklich, voll das Klischee«, fährt Fiona fort. »Sie arbeitet für eine Modefirma, sie ist zehn Jahre jünger als er ...«
    Sie ist erst neunundzwanzig? Himmel, diese Dinge will ich eigentlich gar nicht wissen.
    »... Ehrlich, ich hätte Richard mehr Niveau zugetraut. Ich hätte nie gedacht, dass er der Typ ist, der in eine dumme, lächerliche Midlifecrisis stürzt. Ich schäme mich für ihn.«
    Verflucht. Redet sie etwa tatsächlich von ihrem Bruder, der Wasser in Wein verwandelt und an guten Tagen Tote wieder auferweckt? Höre ich da tatsächlich Kritik?
    »Nun, die Sache ist etwas komplizierter«, sage ich.
    Nehme ich Richard etwa in Schutz?
    »Fran, du brauchst mir nichts zu erzählen. Ich kenne meinen Bruder. Ich kenne ihn so gut wie sonst keiner.«
    Das könnte ein versteckter Seitenhieb gewesen sein, aber ich gehe stillschweigend darüber hinweg.
    »Wie geht es dir?«, fragt Fiona.
    »Ach, weißt du, ich versuche hier vor den Kindern den Anschein von Normalität aufrechtzuerhalten.«
    »Die arme Molly«, sagt Fiona. »Sie ist noch so jung ...«
    Und was ist mit Thomas?
    »... Was wirst du ihr sagen?«
    Offensichtlich interessiert Thomas nicht.
    »Vorerst nichts. Jedenfalls nicht, bevor ich mit Richard geredet habe, damit wir eine gemeinsame Lösung finden. Dann können wir uns immer noch Gedanken darüber machen.«
    »Warum sprichst du dir deinen Kummer nicht von der Seele?«, fragt Fiona sanft. »Vielleicht hilft es ja.«
    Mit Fiona reden? Da würde ich eher meine Mutter ins Vertrauen ziehen, und das will was heißen.
    »Fiona, tut mir leid, aber ich muss jetzt Schluss machen. Da ist jemand an der Tür.«
    »Du hast doch ein schnurloses Telefon, oder?«
    Verdammt.
    »Ja, aber es sind die Leute, die heute Abend gegen, äh ... den neuen Waschsalon protestieren.«
    »Um diese Uhrzeit? Was für ein neuer Waschsalon?«
    Ja, was für ein neuer Waschsalon?
    »Nun ja ... auf dem Broadway soll demnächst ein Waschsalon eröffnen. Aber die Anwohner sind der Meinung, dass ein Waschsalon hier in der Gegend nichts zu suchen hat. Weil das kein gutes Bild abgibt. Die sind ziemlich aufgebracht. Ich gehe jetzt besser mal an die Tür, um zu sehen, was die wollen, bevor die mir noch eins ihrer Plakate ins Fenster schmeißen.«
    »Oje, soll ich dich in ein paar Minuten wieder anrufen?«
    »Nein, nicht nötig, ich melde mich bei dir. Das kann aber bis morgen dauern. Also, bis dann, tschüss!«
    Ich lege auf, bevor sie noch etwas sagen kann.
    Ich kann nicht glauben, dass ich lache. Und ich kann Fiona nicht glauben. Als ich noch zur Familie gehörte, war ich für sie Luft. Und jetzt, wo ich außen vor bin, will sie plötzlich meine Freundin sein? Ich bin zu müde, um mir darauf einen Reim zu bilden.
    Geh ins Bett, Fran.
    Ich bin schon halb die Treppe oben, auf halbem Weg zu süßer und hoffentlich traumloser Bewusstlosigkeit, als das Telefon erneut klingelt.
    Fiona? Um zu erfahren, ob die militante Anti-Waschsalonliga wieder abgerückt ist? Ich habe keinen Bock mehr auf die Dame.
    Ich weiß, was ich mache.
    Cherie Blair hat mich inspiriert.
    Vor Jahren habe ich mal den Filmkommentar zu einem Teenie-Horrorstreifen gesprochen. Das erscheint mir hier passend. Ich gehe wieder nach unten und nehme den Hörer ab. »Hallo. Sie sind mit der Potterton Klinik verbunden«, intoniere ich mit unmenschlicher Grabesstimme. »Wenn Sie wegen unserer Besuchszeiten anrufen, drücken Sie bitte die Eins. Wenn Sie sich bei uns bewerben wollen, drücken Sie bitte die Zwei. Und vergessen Sie nicht, Sie müssen nicht verrückt sein, um hier zu arbeiten, aber es hil–«
    »Fran, lass das«, unterbricht mich

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