Verbotene Nähe
wusste nicht, wo der Schuh war.
Die Uniformierten schwärmten in den Hof aus.
Kate blickte zu Teague.
Teague stand mit hängenden Armen und geöffneten Händen da und sah sie an. Aus seiner geschwollenen Lippe quoll Blut. Eine Prellung verschloss ihm das Auge, und sie konnte ihn über den Hof hinweg keuchen hören.
Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie so etwas Schönes gesehen.
Er ging auf sie zu.
Sie ging auf ihn zu.
Sie trafen sich in der Mitte.
Und Teague sagte: »Warum bist du nicht davongelaufen? Warum bist du zurückgekommen? Du bist keine Selbstverteidigungsspezialistin. Bist du denn auch verrückt?«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an und hasste ihn ebenso sehr, wie sie ihn liebte. »Gern geschehen, du Schuft.«
Sie drehte sich um und erstattete den Polizeibeamten Bericht.
19
An jenem Abend holte Kate in Teagues warmer, hell erleuchteter Küche ein Eis aus dem Kühlschrank und gab es ihm. »Nimm. Davon geht die Schwellung zurück.«
Mit der Sorgfalt des leidenden Mannes steckte er es in den Mund. Sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Höllenqual und Erlösung. »Tut gut. Viel besser.« Er saß vollkommen aufrecht am Tisch. Der Verband um die gebrochenen Rippen linderte die Schmerzen beim Atmen. »Wer hat dir das beigebracht?«
»Meine Mom.« Kate lief zwischen dem Kühlschrank mit seinen vielfältigen, wiederverwendbaren Eisbeuteln, dem Mixer mit den Milchshakes und Smoothies und dem Spülbecken, wo sie Obst schälte, hin und her. Die Säure brannte auf ihren verletzten Händen - eine Krankenschwester hatte im Hospital Kates aufgerissene Handflächen vom Schmutz gereinigt, während Kate auf Teague gewartet hatte, der geröntgt und behandelt wurde.
»Und woher weiß es deine Mutter?«
»Weil sie eine Mutter ist.« Wie konnte sie nur etwas so Gefühlloses sagen. Kate stopfte ungestüm den Abfall in den Müllbehälter. Auch er hatte eine Mutter, nur hatte die ihm kein Eis gegeben, wenn er sich wehgetan hatte.
Aber Teague hatte sie über seinen familiären Hintergrund belogen. Er hatte sie belogen, und nun zweifelte sie an seinen Wahrheiten. »Dad und ich haben früher Catch gespielt, und anfangs habe ich oft eins auf die Nase bekommen. Ich bin besser geworden.«
»Ich sehe es. Deine Nase sieht toll aus.« Teague versuchte zu lächeln, versuchte, versöhnlich zu sein. Das Blut quoll aus seiner aufgerissenen Lippe.
Tja nun, Kates Fußsohlen waren vom Laufen auf Beton, Kiesel und Abfall wund, und an ihrem linken, großen Zeh klaffte ein tiefer Schnitt, der mit Wasserstoffperoxyd, Schmetterlingspflaster und einer Tetanusspritze behandelt worden war.
Die Schmerzen hoben ihre Stimmung nicht. »Nicht lächeln«, befahl sie gefühllos. »Lächeln lässt dich nicht besser aussehen.«
»Was ist los?« Er legte das Eis weg, nahm ihre Hand und küsste die aufgeschürften Stellen. »Du bist verärgert.«
»Wer wäre nicht verärgert, wenn der Freund zusammengeschlagen wird?« Sie zog ihre Hand zurück. »Dein Auge sieht höllisch aus.« Allerdings. Dicht unter der Augenbraue war es genäht, und der Arzt hatte gesagt, er habe Glück gehabt, dass der Knochen der Augenhöhle nicht gebrochen sei. »Ich hol dir noch einen Eisbeutel.«
»Ich mach das schon.« Er stand auf, aber er stellte sich ihr nicht in den Weg. »Du ärgerst dich über mich.«
Sie zögerte. Was machte es schon für einen Unterschied?
Sie wollte nicht, dass er sie berührte. Sie konnte es ihm genauso gut sagen. »Ich bin nicht verärgert. Ich bin wütend auf dich.«
Er wusste, dass sie wütend war. Sie konnte es an seinem Gesichtausdruck erkennen. Na gut. Der Mann, der nicht gemerkt hätte, dass er es vermasselt hatte, wäre dämlich gewesen, und Teague Ramos war alles andere als dämlich.
Sie knetete den blauen Kältebeutel, bis der Inhalt geschmeidig war, wickelte ihn in ein Geschirrtuch und reichte ihn ihm.
»Es tut mir leid wegen deiner Schuhe«, sagte er. »Ich kaufe dir neue.«
Sie hatte sich getäuscht. Er war dämlich. »Für die hab ich in New York vierhundert Dollar bezahlt.«
Eben hatte er mitgenommen ausgesehen. Jetzt sah er krank aus. »Ich habe nie verstanden, wie Frauen es schaffen, für ein albernes Paar Schuhe so viel...«
Sie musste ihn bremsen, bevor sie ihm ein zweites blaues Auge verpasste. »Wie bitte? Ich kann dich nicht verstehen. Du nuschelst.«
»Ich sagte , es tut mir leid, dass ich mich über deine Karriere ausgelassen habe.« Er sank wieder auf den Stuhl und legte behutsam den Eisbeutel auf.
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