Verfallen
begrüßt mich mit professionellem Lächeln. Sein Händedruck ist fest und kühl. »Pascal Blondy, von der Kripo.«
Ich öffne den Mund, um ihm von Gruselchen zu erzählen, aber Blondy kommt mir zuvor und legt sofort los. »Kann es sein, dass mein Kollege gestern ein wenig schroff war?«
Ich nicke ansatzweise.
»Dann möchte ich mich hiermit für sein Verhalten entschuldigen. Er wird sehr von dem Fall Bernard und Patricia Bonnet beansprucht und hat mich gebeten, zu Ihnen hinauszufahren und nach dem Rechten zu sehen.«
»Danke, sehr freundlich. Weiß man denn schon mehr über dieses Ehepaar?«
Blondy verzieht gequält das Gesicht. »Eine verzwickte Sache. Es gibt eine ganze Reihe von Motiven, von denen andererseits keines ein so schweres, ja grausames Verbrechen rechtfertigt.«
»Ich erinnere mich, dass Ihr Kollege sie als normale, angesehene Leute bezeichnete.«
»Ja, aber auch angesehene Leute können Feinde haben.« Blondy steht der Atem in Wölkchen vor dem Gesicht. Demonstrativ reibt er sich die Hände und begutachtet mit in den Nacken gelegtem Kopf den Himmel. Die Botschaft ist deutlich.
»Möchten Sie vielleicht kurz hereinkommen?« Ich gehe einen Schritt beiseite. »Obwohl es hier drinnen nicht viel wärmer ist. Ich stehe mit dem Holzofen auf Kriegsfuß. Aber wenigstens ist es windgeschützt.«
Er betritt das halbdunkle Wohnzimmer und blickt sich aufmerksam um.
»Kann ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten? Ich habe allerdings nur löslichen.«
» Volontiers – ja, gerne.« Blondy folgt mir in die Küche, zieht einen der Holzstühle zurück und nimmt darauf Platz. Seinen Mantel, einen leicht wattierten, dunklen Dienstmantel mit Emblem, behält er an.
Ich spüre, dass er mich beobachtet, als ich einen Topf Leitungswasser auf den Gasherd stelle und alles zusammensuche, was ich brauche. Es macht mich ganz nervös, aber als ich mich umdrehe, beachtet er mich schon nicht mehr. Abwesend blättert er im Paru Vendu.
Ich stelle eine Zuckerdose auf den Tisch und lege Löffel dazu. »Wie sind die Leute denn gestorben? Falls Sie mir darüber Auskunft geben dürfen.«
»Es ist kein Geheimnis, es hat ausführlich in der Zeitung gestanden. Sie wurde mit großkalibrigen Geschossen aus einer Jagdbüchse erschossen, er mit einer Pistole. Je ein Schuss durch den Kopf, einer durchs Herz.« Er schweigt einen Augenblick. »Die Täter sind eiskalt vorgegangen. Der Mord an der Frau war eine regelrechte Exekution, obwohl sie neben den Schusswunden noch andere Verletzungen hatte.«
»Welcher Art?«
»Schürf- und Schnittwunden.« Er fährt mit dem Zeigefinger über seine Unterlippe. Ich empfinde die Geste als obszön. »Sie hatte eine aufgeplatzte Lippe. Vermutlich hat sie sich diese Verletzungen bei einem Fluchtversuch zugezogen, aber wir können nicht ausschließen, dass der Mörder sie misshandelt hat.«
Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, aber ich unterdrücke das Gefühl und konzentriere mich darauf, die Messlöffel mit löslichem Kaffee abzuzählen.
Blondy zieht einen Zahnstocher aus einem Päckchen und steckt ihn sich zwischen die Lippen. »Aufgehört zu rauchen«, murmelt er und streckt die Beine unter dem Tisch aus.
Ich stelle die Becher auf den Tisch und setze mich ihm gegenüber. »Sie sagten gerade, es seien verschiedene Motive denkbar. Welche denn? Oder dürfen Sie nicht darüber reden?«
»Doch, schon. Die Familie hat unter anderem Genmais angebaut, gentechnisch verändertes Getreide. Manche Leute waren alles andere als begeistert davon. Die Besitzer der angrenzenden Felder zum Beispiel.«
»Warum?
»Sie haben Angst, dass ihr Getreide mit den manipulierten Genen verseucht werden könnte. Ein Risiko, das man natürlich nie ausschließen kann. Natur bleibt Natur, man kann sie nicht mit einer Hecke oder einem Weg aufhalten. Die Samen werden vom Wind und von Tieren transportiert, der Blütenstaub kann andere Pflanzen befruchten. Unerwünschte Fortpflanzung …« Er sieht mir dabei in die Augen, der Zahnstocher wippt zwischen seinen Lippen. »Kaum zu verhindern. Davon muss man ausgehen.«
Ich habe erst kürzlich etwas darüber gelesen. Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen, werden strenger überprüft als normale Bauern. In dem Artikel stand außerdem, dass diese Form der Landwirtschaft in den USA gang und gäbe sei, ohne dass die amerikanischen Verbraucher auch nur einen Gedanken daran verschwendeten. In Europa dagegen stoße der Anbau von genmanipuliertem Getreide auf starken
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